Was lange währt, wird endlich gut: Mehr als zehn Jahre hat Uhrmachermeister und Stadtrat Bernd Zilly (74) an einem Fachbuch für Uhrmacher gearbeitet, jetzt ist es im Verlag „Druck + Medien Pforzheim“ erschienen. Die „Uhrentechnischen Lehrbriefe“ beinhalten klassische Grundlagen und Anleitungen für die Reparatur von mechanischen und elektrischen Uhren.
Es richtet sich laut Zilly als Lehrbuch sowohl an Fachschüler als auch an Laien, die Uhren sammeln und selbst Hand anlegen bei der Pflege und Reparatur ihrer Schätze.
Das Werk entstand in Zusammenarbeit von Bernd Zilly, der 36 Jahre lang Lehrer an der Pforzheimer Uhrmacherschule war, und einem seiner Schüler, Heinz Mundschau. Im jahrelangen Austausch ist ihnen ein trefflicher Einblick in die klassische Uhrmacherwerkstatt anhand von Einzelbeispielen aus der Praxis gelungen.
Es gibt schon viele Fachbücher für Uhrmacher, aber selten solche mit der Betrachtung bestimmter Sektoren.Bend Zilly, Uhrmacher und Co-Autor
„Es gibt schon viele Fachbücher für Uhrmacher, aber selten solche mit der Betrachtung bestimmter Sektoren“, sagt Zilly bei einem Besuch in seiner Werkstatt im Keller seines Mäueracher Hauses. Dabei hebt er zwei Kapitel besonders hervor, bei denen es um automatische Aufzüge bei mechanischen Uhren geht.
Das diffizile Problem dabei ist, das je nach gewähltem Aufzug, das jeweils andere Aufzugssystem gelöst und entkoppelt werden muss. Oder im anderen Fall das Kapitel der „Zeigerverreibungen“.
Das sind Rutschkupplungen, die beim Auszug der Krone das Verstellen der Uhrenzeiger erlauben. Das pädagogische Konzept der Lehrbriefe baut zunächst auf einfache Werke von Großuhren und Weckern. „Die sind heute nicht mehr wirtschaftlich, aber ihr Verständnis ist zum Lernen wichtig“, so Zilly.
Letztlich sind es die Ursprünge der Uhren und so Bausteine zum Verständnis der technischen Entwicklung. Dasselbe gilt für sogenannte Schlaguhren, Uhrwerke, die etwa Glockengeläute antreiben.
Neben seiner offiziellen Lehrtätigkeit an der Uhrmacherschule gab Zilly auch Hobbykurse, bei denen zweimal im Jahr vielfältige Interessenten wie Ärzte oder Chemiker aus dem ganzen badischen Raum nach Pforzheim kamen. Viele von ihnen blieben bis heute als Freundeskreis zusammen. Für sie hält Zilly immer mal wieder Vorträge oder organisiert Besuche bei Uhrenfirmen der Region.
Kontakte zu Perrot und Junghans
Die Kontakte zu diesen teils renommierten Firmen wie Perrot in Calw oder Junghans in Schwenningen entstammen dem Anfang seiner Karriere im Reich der Uhren. Bernd Zilly wurde 1946 in Calw geboren, wo sein Vater in dem im Zweiten Weltkrieg ausgelagerten „Para“-Werk arbeitete. 1948 zog Para zurück in die Goldstadt und Zillys wohnten direkt neben dem Neubau in einer Werkswohnung.
Die Fabrik war die Spielwiese des Jungen, wo er mal entfallene Uhrenteile auflas, mal Uhrenkronen aufschrauben durfte. Eine vom Chef geschenkte Armbanduhr war der Lohn der Mühe und Quelle der Motivation. 1955 gründete der Vater eine eigene Firma, „Richard Zilly“.
Zilly trat in die Fußstapfen des Vaters
Nach etwas Widerstreben entschloss sich Bernd Zilly, in die Fußstapfen des Vaters zu treten und begann eine „strenge Ausbildung“ bei diesem.
Richard Zilly war auch Reparaturbetrieb für Schweizer Nobelmarken und so wurde auch Sohn Bernd zu einem Kurs zu Tag Heuer und Breitling geschickt. Nach dem Schlaganfall des Vaters leitete er die Firma kurzfristig und steig in einen laufenden Meisterkurs ein. Der Vater erholte sich und arbeitet weiter.
Und da kam die Stellenausschreibung, die Bernd Zillys weiteres Berufsleben bestimmte: Lehrer an der Uhrmacherschule. „Universallehrer“, sagt er im Rückblick, weil er alles unterrichten konnte. Dennoch, der Schwerpunkt war die Reparatur von Kleinuhren, wie er sagt.
Sein geballtes Fachwissen stellt seinen Beitrag in dem Buch dar, die didaktisch-sprachliche Zutat lieferte Heinz Mundschau. Als pensionierter Leiter eines Gymnasiums entschloss dieser sich noch für eine späte Uhrmacherausbildung, um sein Hobby zu perfektionieren.
Dabei lernte er Zilly kennen, mit dem er sich auf den langen Weg des gemeinsamen Buchprojekts machte. Mundschau brachte zudem seine Erfahrungen als Autor von Fachzeitschriften und als Mitglied der französischen Vereinigung für klassische Chronometrie AFAHA ein.