Wegen rechtsextremer Wahlplakate im Umfeld der Synagoge in Pforzheim muss gegen die Partei „Die Rechte“ ermittelt werden. Das entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe. Auf den Plakaten werde verschlüsselt zum Hass gegen Juden in Deutschland aufgestachelt und zu Gewalt aufgefordert – „wie im Oktober 2019 in Halle geschehen“, so das Gericht, das damit eine Entscheidung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe korrigiert und diese nun zur Aufnahme von Ermittlungen zwingt ("Klageerzwingungsverfahren").
Es ist eine herbe Schlappe für die Partei „Die Rechte“ – und ein wenig auch für die damit befassten Staatsanwälte: Wörtlich heißt es in dem OLG-Beschluss: „Die Aufnahme von Ermittlungen wird angeordnet.“
Der Vorwurf lautet Volksverhetzung: Es geht um jene doppeldeutigen Plakate zur Europawahl 2019, die die Staatsanwaltschaft Karlsruhe damals schnell als nicht strafwürdig eingeordnet hatte.
"Wesensverwandt zum Nationalsozialismus"
Bei der Kleinpartei handelt es sich laut OLG um eine „in ideologischer Wesensverwandtschaft zum Nationalsozialismus stehende Partei“, welche Freiheit für „als politische Gefangene bezeichnete“ Holocoust-Leugner fordert. In Pforzheim war die Partei im vergangenen Frühjahr besonders aktiv. Ihre Slogans präsentierte sie auch in der Nähe der Pforzheimer Synagoge. Darauf war unter anderem groß zu lesen „Israel ist unser Unglück“ und kleiner: „Zionismus stoppen“.
Aus den dem Gericht vorliegenden Quellen ergebe sich zudem, „dass die Parteiverantwortlichen bestrebt sind, ihre Aussagen verschlüsselt darzustellen, um ihre neonazistische, radikal antisemitische und rassistische Ideologie in der Annahme verbreiten zu können, hierfür nicht belangt werden zu können“. Der Aussageinhalt der Plakate stachle nach Auffassung des Gerichtssenats zum Hass gegen die in Deutschland oder Pforzheim lebenden Juden auf.
Gericht erinnert an Anschlag von Halle
Das Gericht benennt dabei ausdrücklich auch die „Gewalt und Willkürmaßnahmen – wie im Oktober 2019 in Halle geschehen“, also den Anschlag auf die Haller Synagoge. Der von Rami Suliman, dem Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Pforzheim, gestellte Antrag führt nun zur Anordnung von Ermittlungen gegen die angezeigten Parteivorsitzenden Sascha Krolzig und Sven Skoda und möglicherweise weitere Personen.
Erst „nach zureichender Untersuchung des Sachverhalts“ sei dabei absehbar, ob ein Tatrichter zu einer Verurteilung kommen würde. Deshalb fordert das OLG: Sollten die Staatsanwälte bei den Ermittlungen Zweifel haben, sollen sie die Einschätzung dem Strafrichter überlassen.
Freude auf der Klägerseite in Pforzheim
Der erfolgreiche Kläger Suliman war am Dienstagnachmittag beruflich auf Reisen und zunächst nicht erreichbar. Sein Rechtsanwalt Christoph Mährlein bestätigte auf Anfrage den Erhalt des Beschlusses. „Wir freuen uns über diese Entwicklung, zumal ein solches Klageerzwingungsverfahren nicht besonders häufig erfolgreich ist“, so Mährlein.
Die Plakate hatten im Frühjahr des vergangenen Jahres bei vielen Pforzheimern für Empörung gesorgt. Dabei kam es auch zu Kundgebungen, unter anderem der „Rat der Religionen“, das „Bündnis Pforzheim Nazifrei“ und Parteien wie die SPD Pforzheim und Grünen waren dabei engagiert.
Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe und ihre Außenstelle in Pforzheim hatten damals von einem Ermittlungsverfahren abgesehen. Die Plakate enthielten ihrer Auffassung zufolge "keine strafrechtlich relevanten Inhalte", so die Begründung.