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Boykottieren oder verfolgen?

Fanclubs aus dem Pforzheimer Raum: Beim Fußball geht es „nur noch ums Geld“

Bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar rollt der Ball. Doch Fanclubs aus dem Raum Pforzheim sehen die Entwicklung im Profifußball generell negativ.

Die Mitglieder des KSC-Fanclub Straubenhardt fahren regelmäßig zu Heim- und Auswärtsspielen der Blau-Weißen. Zur Fußball-Weltmeisterschaft haben sie eine kritische Meinung.
Die Mitglieder des KSC-Fanclub Straubenhardt fahren regelmäßig zu Heim- und Auswärtsspielen der Blau-Weißen. Zur Fußball-Weltmeisterschaft haben sie eine kritische Meinung. Foto: Stefan Meister

Während bei den Fans aus Ecuador Ekstase herrschte, verließen die Anhänger der katarischen Nationalmannschaft teilweise zur Halbzeit das Stadion. Am Ende verlor der Gastgeber Katar die Partie mit 0:2. Seit Sonntag rollt bei der Fußball-Weltmeisterschaft im Katar der Ball.

Doch von einer WM-Stimmung ist bei Fußball-Fanclubs aus der Region wenig zu spüren. „Im Fanclub wird die WM nur in einem sehr kleinen Kreis verfolgt“, stellt Andreas Wankmüller vom KSC-Fanclub Sektion Straubenhardt klar. Der große Teil der rund 80 Mitglieder hingegen boykottiere das Turnier.

Zwar auch kritisch, aber dennoch offener steht der Pforzheimer HSV-Fanclub Goldstadtrauten der Weltmeisterschaft gegenüber. Im Vereinsheim der Freizeitkicker Fairplayers Pforzheim sollen die Spiele mit deutscher Beteiligung angeschaut werden.

Es geht leider beim heutigen Profifußball nur noch ums schnelle und schöne Geld.
Kurt Jakubeit von den Goldstadtrauten

Dennoch hält Kurt Jakubeit von den Goldstadtrauten die Vergabe der Weltmeisterschaft nach Katar für fragwürdig. Laut ihm könne es in der heutigen Zeit nicht sein, dass ein solches Land den Zuschlag erhalte. „Es geht leider beim heutigen Profifußball nur noch ums schnelle und schöne Geld. Der Fan hat leider nichts zu sagen, er wird nur als Konsument und Geldgeber gesehen“, sagt Jakubeit.

„Die FIFA hat sich endgültig Ihrer Maske entledigt und ihre hässliche korrumpierte, alleine auf Profit ausgelegte geldgierige Fratze für jedermann erkennbar zu Tage gebracht“, legt Wankmüller nach.

Ohnehin sei für ihn eine WM in Katar nicht ansatzweise nachvollzieh- und tolerierbar. Als Gründe nennt er die klimapolitische Lage und die Menschenrechtssituation im Gastgeberland. „Der Fußball ist hier nur noch Mittel zum Zweck und die Vergabe an Katar ist eigentlich der Hohn für jeden sportbegeisterten und mündigen Menschen“, sagt er.

Beide sehen im Verhalten des DFB, UEFA und der FIFA keine gerade Linie. Als klares Zeichen hätte der Vorsitzende des KSC-Fanclub Sektion Straubenhardt erhofft, dass der DFB auf das Turnier verzichtet hätte. Mit der Teilnahme habe sich der Verband mehr oder weniger unglaubwürdig gemacht.

Symptomatisch für die Entwicklung des Fußballs sieht Jakubeit, dass sich erst kurz vor dem Turnier im Wüstenstaat einige Spieler und Funktionäre zu Wort gemeldet haben. Ein solches Vorgehen findet er äußerst „heuchlerisch und verlogen“ und hätte sich deutlich früher ein klares Statement gewünscht.

Zwar begrüßt er, dass sich viele deutsche Fanszenen solidarisiert und zu einem Boykott für das Turnier aufgerufen haben, doch letztlich geht er davon aus, dass selbst ein Boykott nichts ändere. Stattdessen müssten Spieler und Funktionäre klare Zeichen setzen.

Ob eine Regenbogenbinde am Arm, in einem Land, in dem Frauen von einem männlichen Vormund abhängig sind und Homosexualität verboten ist, ein richtiges Zeichen ist, hält er für fragwürdig.

Gleiches gilt laut ihm für das Verhalten des FC Bayern, der von einem katarischen Staatsunternehmen gesponsert wird, aber die Verantwortlichen die Kritik über das Sponsoring im Keim erstickten.

Interesse an Nationalmanschaft schon vor WM nicht mehr so groß

Unabhängig von der WM, meint Wankmüller, dass das Interesse aufgrund der zunehmenden Kommerzialisierung an der Nationalmannschaft stark nachgelassen habe.

Eine Unterstützung in den Stadien, wie einst bei der Weltmeisterschaft 1990 in Italien, könne er nicht mehr erkennen. Abgesehen von einem vom DFB initiierten Fanclub existiert nach der Ansicht von Wankmüller keine organisierte Unterstützung der DFB-Auswahl mehr.

Beide Fanclubs bedauern die Entwicklung und machen keinen Hehl daraus, dass sich der Profifußball ihrer Ansicht nach immer mehr von der Basis entfernt. Die gelebte Tradition zum Fußball sei zum größten Teil, bereits vor der Weltmeisterschaft, verlorengegangen.

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