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Pforzheim-Buchbusch

Witzenmanns neues Werk für die Welt

Es ist ein neues Vorzeigewerk der Witzenmann-Gruppe: Mitte Mai wird das neue Leitwerk für Nutzfahrzeuganwendungen in Pforzheim-Buchbusch eröffnet. Dort läuft es bereits wenige Monate nach dem Umzug schon weitgehend rund – diese Zeitung hatte sich für eine Reportage vor Ort umgesehen.

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HOCH AUTOMATISIERT werden im neuen Werk Buchbusch Bälge für Nutzfahrzeuge hergestellt. Die Pforzheimer Witzenmann-Gruppe bekennt sich damit klar zum Standort Pforzheim. Foto: Fabry
Der Lkw-Fahrer drückt kräftig aufs Gaspedal, steigt später in die Eisen oder fährt über eine Straße voller Schlaglöcher. Wenn er keine Witzenmann-Technik an Bord hätte, wäre seine Tour schnell mit einer Panne beendet. Die Pforzheimer sind mit ihren 24 Tochterstandorten in 18 Ländern weltweit die Nummer eins bei flexiblen metallischen Elementen, wie sie auch bei Lastern zum Einsatz kommen. „Ohne uns gäbe es keine Abgasreinigung“, sagt Geschäftsführer Eberhard Wildermuth. Dann erklärt er das seinem Besucher genauer: Zum modernen Lkw gehört eine Abgasreinigungsbox, etwa so groß wie ein Kühlschrank. Die muss vom Motor, der sich bei der Fahrt in viele Richtungen bewegt, entkoppelt sein. Dafür sorgen die Bälge aus dem Hause Witzenmann: Flexible Rohre sind das, die sich wie eine Feder ausdehnen und zusammen ziehen können. Und um den Balg vor hohen Temperaturen und Schwingungen zu schützen, kommt innen ein Wickelschlauch hinein – auch von Witzenmann.

Das Familienunternehmen hat in Pforzheimer Industriegebiet Buchbusch für 13 Millionen Euro ein Werk hochgezogen, das Bälge – und künftig auch Wickelschläuche – für Lkw, Land- und Baumaschinen sowie Omnibusse herstellt. Im Hochlohnland Deutschland – aber eben auch nah an den Entwicklern, Vertrieblern und Kunden. „Dazu zählen alle Lkw-Hersteller“, sagt Geschäftsführer Philip Paschen. Witzenmann-Buchbusch ist auch das Nutzfahrzeug-Leitwerk für die entsprechenden Schwesterwerke in den USA und in China. So viel zur Theorie.

Witzenmanns neue Fabrik wirkt wie geschleckt

Jetzt zur Praxis: Die erste Maschine in der wie geschleckt wirkenden Fabrikhalle wickelt wie von Zauberhand ein dünnes Edelstahlband von der Rolle ab. Sie klackt ein paar mal, saugt die jetzt zugeschnittenen Bleche an und legt sie auf dem Transportgerät für die nächste Maschine ab.

Die ist riesig. Sie zischt, es riecht nach Maschinenöl. „Aber war’s das schon?“, fragt sich der Besucher ein bisschen enttäuscht. „Kommen Sie mal mit“, fordert ihn Werksleiter Niels Hennig auf. Seitlich sind Flachbildschirme angebracht, die Kameraauafnahmen aus dem Maschineninneren zeigen: Da wird aus dem Blech ein Rohr geformt und dann verschweißt.

Scheppernd geht es weiter in die Presse; auch die arbeitet vollautomatisch: Mit Hochdruck wird Wasser in die Rohre geschossen, außen schmiegt sich das Werkzeug an, das die Form vorgibt. Aus dem Zylinder wird so ein Balg. Ein Zettel hängt seitlich an der Maschine: John Deere, Daimler, Volvo, Scania, MAN – alles Kunden.

Seit Herbst

wird in der Fabrik produziert. Die 105 Mitarbeiter – ja, es gibt tatsächlich welche, doch dazu später mehr – und die Maschinen wurden aus dem Pforzheimer Stammwerk und den Werken Nord sowie Brötzingen dort hin verlagert. „Das ist Witzenmanns schönste Fertigung“, sagt Paschen. Vorbereitet für die Prozesse nach Industrie 4.0 und auch sonst zukunftssicher. „Der Verbrennungsmotor bleibt uns noch eine sehr lange Zeit erhalten“, ist Wildermuth überzeugt. Moderne Dieselmotoren seien beim CO2-Ausstoß günstig. Potenzial im Nutzfahrzeugverkehr sieht er auch bei E-Fuels, für die kein Erdöl nötig ist.

Auf Langstrecken sind Elektro-Laster noch ferne Zukunftsmusik, weiß der Manager. Und in Indien sowie in China greifen ab 2020 strenge Abgasnormen für Verbrennungsmotoren – Witzenmann liefert die dazu nötige Technik.

Mit Produkten aus dem Werk Buchbusch, das in nur 13 Monaten hochgezogen wurde, wollen die Pforzheimer in diesem Jahr 60 Millionen Euro erlösen. Die dort hergestellten Teile gehen zu Daimler nach Wörth, aber auch zum Lkw-Bauer in China. „80 Prozent des Volumens bleiben aber in Europa“, sagt Paschen.

Inzwischen sind die Chefs an der ersten Station im Werk angekommen, wo ein Arbeiter permanent an einer Maschine steht: Es ist eine Schneidemaschine, die den Balg auf Maß bringt. Später wird er noch gestaucht und bekommt erst so seine volle Flexibilität. Danach montiert ein Arbeiter den Wickelschlauch ins Innere. Schon fährt eine schützende Wand herunter. Eine Kamera überträgt die Aktion aus dem Inneren der Station: Zwei Roboter schweißen die Teile zusammen, dass nur so die Funken fliegen. In drei Schichten geht es so ab, bei Bedarf auch samstags.

Mit dem nagelneuen Werk, das am 17. Mai offiziell eröffnet wird, hat sich das Familienunternehmen einmal mehr zur Region bekannt. Weltweit schrieb der Global Player 2017 rund 614 Millionen Euro Umsatz. Und von seinen 4 600 Mitarbeitern beschäftigt er rund 1 600 in der Region.

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