Skip to main content

Sommerspiele in Paris

Kompliziert, teuer und intransparent: Kritik am Ticket-Verkauf für Olympia 2024

So nah war Olympia selten. Und doch könnten die Sommerspiele 2024 in Paris für Sportfans aus der Region ein teures Vergnügen werden. Verbraucherschützer sehen beim Ticket-Prozedere auch an anderer Stelle Probleme.

Paris 2024 Olympic flag waving with blurred Paris skyline at night., Paris, FR, Jan 2023: Paris 2024 Summer Olympics flag waving in the wind with blurred Paris skyline on the background at night. Realistic 3d illustration. Illustrative editorial, Paris, FR, Jan 2023: Paris 2024 Summer Olympics flag waving in the wind with blurred Paris skyline on the background at night. Realistic 3d illustration. Illustrative editorial, 19.01.2023, Copyright: xrarrarorrox Panthermedia33499769.jpg
Verlockende Aussicht: So nah dran an der Region wie 2024 war Olympia selten. Doch Ticket-Interessen stoßen gerade auf so manches Hindernis. Foto: imago images

Lars Krause ist Sportfan durch und durch. Im Zeichen der Ringe hat er schon einiges erlebt: Bei vier Winterspielen war er live mit dabei, zweimal genoss er bislang bei Sommer-Events olympisches Flair. Das nächste IOC-Spektakel in Paris? Für Krause ein Pflichttermin.

Als der Bruchsaler nun vor wenigen Tagen auf der offiziellen Ticket-Seite nach Karten Ausschau hielt, traute er an der ein oder anderen Stelle seinen Augen kaum. Für einen Leichtathletik-Abend im Stade de France riefen die Organisatoren etwa einen Preis von knapp 700 Euro auf.

„Da fehlen mir die Worte. 2016 in Rio de Janeiro haben wir Leichtathletik-Entscheidungen für 120 Euro gesehen“, wundert sich Krause, der schließlich bei anderen Sportarten fündig wurde. Für sich und drei Freunde sicherte er sich Karten für sechs Veranstaltungen: Fußball, Tennis, Tischtennis, Hockey, Beachvolleyball und Golf. Kostenpunkt: im Schnitt rund 100 Euro pro Ticket.

Nicht gerade ein Schnäppchen. Zumal das Internationale Olympische Komitee (IOC) am Donnerstag mitteilte, dass von den bislang verkauften 3,25 Millionen Karten gut 400.000 weniger als 24 Euro gekostet hätten. Demnach sollen etwa 50 Prozent günstiger als 50 Euro und rund 70 Prozent günstiger als 100 Euro gewesen sein.

Ticket-Interessenten kommen um dreistellige Beträge oft nicht herum

So die Theorie. In der Praxis haben neben Krause auch andere Olympia-Fans aus der Region beobachtet, dass preiswerte Tickets in der ersten Verkaufsphase, die noch bis Mittwoch andauert, Seltenheitswert hatten.

Ein Vorrunden-Spiel im Volleyball: 120 Euro. Eine Medaillen-Entscheidung im Gewichtheben: 125 Euro. Ein Handball-Viertelfinale der Männer, wohlgemerkt in Lille: 150 Euro. Bei vielen Angeboten kam man um dreistellige Beträge nicht herum.

Tickets für kleines Geld waren offenbar ziemlich schnell vergriffen. Karten für BMX, Sportklettern, Fechten, Judo und Breakdance, die vergleichsweise günstig zu haben sind, standen laut IOC bereits nach wenigen Tagen nicht mehr zur Verfügung.

Charlotte Worthington aus Großbritannien beim BMX-Freestyle-Wettbewerb im Ariake Urban Sports Park bei den Olympischen Spielen in Tokio 2021.
Bei den Olympischen Spielen in Tokio feierte BMX Freestyle Premiere. Auch in Paris 2024 sind die Rad-Artisten am Start. Foto: Marijan Murat/dpa

Interessenten, die sich zwischen dem 1. Dezember und dem 31. Januar für die erste Verkaufsphase registriert hatten und nun im Losverfahren gezogen wurden, waren also zudem davon abhängig, wann das ihnen zugewiesene 48-stündige Zeitfenster öffnete.

Wer erst später zum Zuge kam, fand zwar noch erschwingliche Tickets, die hatten aber meist einen Haken. Segeln in Marseille, Fußball in Bordeaux, Lyon oder Nizza oder auch Golf in Saint-Quentin-en-Yvelines – alles für 24 Euro, aber eben alles nicht in Paris. Immerhin die Golfer schlagen in der Nähe der Hauptstadt ab, für die anderen Wettbewerbe muss man durch halb Frankreich touren.

Und da in der ersten Phase keine Einzelkarten, sondern nur Ticketpakete erhältlich sind, drohen Käufern aus der Region trotz der vergleichsweise kurzen Anfahrt nach Paris weite Wege. Denn wer bucht, muss mindestens drei Events auswählen – und die finden möglicherweise an ganz unterschiedlichen Orten statt.

82 Prozent der Franzosen finden Ticketpreise zu hoch

Selbst vielen Franzosen sind die Spiele im eigenen Land, die vom 26. Juli bis 11. August 2024 stattfinden werden, zumindest aktuell noch zu kostspielig. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Odoxa stuften 82 Prozent die Ticketpreise als zu hoch ein, 79 Prozent bezeichneten das Prozedere als kompliziert.

Das in Kehl ansässige Europäische Verbraucherzentrum Deutschland (EVZ) sieht derweil an mehreren Stellen Verbesserungsbedarf. Angefangen bei dem Umstand, dass Besucher der offiziellen Webseite des Englischen oder Französischen mächtig sein oder sich auf die Übersetzung ihres Browsers verlassen müssen.

Der Verkaufsprozess ist sehr intransparent.
Alexander Wahl, Jurist vom Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland

Allgemein hält EVZ-Jurist Alexander Wahl fest: „Der Verkaufsprozess ist sehr intransparent. Viele Infos, die man haben sollte, sind einfach nicht da.“ Als Beispiele nennt er den Ablauf der Auslosung oder die exakte Verteilung der günstigen Tickets auf die verschiedenen Verkaufsphasen.

Der zweite Korridor, für den man sich auf der offiziellen Seite unter tickets.paris2024.org zwischen dem 15. März und dem 20. April registrieren muss, öffnet am 11. Mai. Erst in diesem werden dann Einzeltickets angeboten. Ab Ende 2023 soll es laut IOC eine weitere Kaufoption geben, dann ohne Losverfahren und nach dem Prinzip „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“.

Dass potenzielle Käufer während der ersten Phase nur 48 Stunden Zeit haben, um zuzuschlagen, sieht Wahl ebenfalls kritisch. „Das erzeugt einen sehr hohen Kaufdruck“, glaubt er. Der Jurist empfiehlt deshalb Interessenten, sich im Vorfeld einen Plan zu machen und dabei zu klären, welche Sportarten infrage kommen, wann und wo diese stattfinden und wie viele Tickets man haben möchte.

Auch Unterkünfte in Paris könnten teuer werden

„Man sollte sich zudem bewusst machen, dass man sich mit den Tickets relativ früh bindet“, sagt Wahl. Schließlich seien die Bedingungen für den Weiterverkauf von Karten noch ungeklärt. Berücksichtigen sollte man Wahl zufolge auch, dass Hotels und andere Unterkünfte teurer sein könnten als ohnehin schon.

Wenigstens in dieser Hinsicht hat Olympia-Tourist Krause ein Schnäppchen gemacht. Die für sechs Nächte gebuchte Ferienwohnung mitten in Paris kostet ihn und seine Freunde 300 Euro pro Person. Für den 52-Jährigen gilt: Olympia kann kommen. Anderen Sportfans hat es die Vorfreude auf die Spiele vor der Haustür dagegen fürs Erste verhagelt.

nach oben Zurück zum Seitenanfang