Arm in Arm saßen Uwe Gensheimer und Jesper Nielsen auf der Auswechselbank und beobachteten etwas wehmütig, wie es vor ihren Augen in der Mannheimer SAP-Arena für die Spieler des THW Kiel Goldkonfetti regnete und Feuerwerkfontänen sprühten.
Während die Rhein-Neckar Löwen auch wegen des Abschieds einiger Spieler Trauer trugen nach dem Ende dieser von Corona geprägten Handball-Saison, feierten die Gäste mit der Meisterschale und Sekt buchstäblich überschäumend die erfolgreiche Titelverteidigung, die bis zur Schlusssekunde am seidenen Faden hing.
Erst als Andy Schmid von den Rhein-Neckar Löwen den finalen Wurf neben das Kieler Tor setzte, hatte der THW das 25:25 (13:12) über die Zeit gebracht und damit den fehlenden Zähler gesammelt, um in der Abschlusstabelle die punktgleiche SG Flensburg-Handewitt dank des gewonnenen direkten Vergleichs auf Platz zwei zu verweisen. Für den Rekordmeister war es der 22. Titel.
Verfolger Flensburg saß den Kielern im Nacken
Die Flensburger hatten am Sonntag mit dem 38:26-Kantersieg gegen die HBW Balingen-Weilstetten parallel ihre Hausaufgabe gemacht - und bei der Schlusssirene in ihrer Hölle Nord virtuell die Hand an dem nach Mannheim gebrachten Meisterteller.
Denn der Treffer von Andy Schmid in der 57. Minute brachte die 25:24-Führung der Löwen. Eine Minute später glich Miha Zabarec aus, doch die Badener wollten sich mit dem Unentschieden nicht zufrieden geben. Mit Cleverness und auch ein wenig Glück störten die Kieler aber zuerst Lukas Nilsson beim Torwurf, ehe THW-Routinier Uwe Weinhold Andy Schmid mit einem Ringergriff aushebelte. Den fälligen Freiwurf brachte der Schweizer in den verbleibenden zwei Sekunden nicht mehr im THW-Tor unter.
Artig, aber mit hängenden Köpfen gratulierten die Löwen dem alten und neuen Meister. Sie wollten sich mit einem Sieg gegen den Branchenprimus von den 250 Fans in der Halle und den vielen Zuschauern am Fernseher verabschieden nach einer Saison, in der sie die sportlichen Erwartungen nicht erfüllen konnten. Geschäftsführerin Jennifer Kettemann sagte, dass es sportlich nicht so gelaufen sei, „wie es unseren Ansprüchen entspricht.“ Aber gegen Kiel habe die Mannschaft noch einmal Moral gezeigt.
Klaus Gärtner sah Spiel auf Augenhöhe
Auch Trainer Klaus Gärtner, der nach dem Abschied von Martin Schwalb in der kommenden Saison alleiniger Chefcoach des Tabellenfünften sein wird, verband die Gratulation an den Champion mit dem Bedauern über den verpassten Sieg. „Es war ein Spiel auf Augenhöhe. Wenn man dann am Schluss in Überzahl das Tor nicht macht, ist es ein verlorener Punkt“, meinte Gärtner.
„Ich bin völlig aufgedreht und sehr stolz auf die Jungs“, sagte THW-Trainer Filip Jicha nach dem Happyend im dramatischen Saisonfinale: „Wir haben den Titel so was von verdient.“ SG-Spielmacher Jim Gottfridsson gab 700 Kilometer weiter nördlich zu: „Wir stehen nach einer tollen Saison mit leeren Händen da. Das tut weh.“
Als die Kieler in der Kabine feucht-fröhlich feierten, wurde es bei den Löwen sentimental. Denn sie verabschiedeten neben Trainer Schwalb auch vier Spieler: Jesper Nielsen, Jerry Tollbring, Romain Lagarde und Nikolas Katsigiannis.
Rhein-Neckar Löwen: Schmid (7), Gensheimer (6/5), Groetzki (3), Nilsson (2), Kohlbacher (2), Tollbring (2), Kirkelökke (2), Lagarde (1).
THW Kiel: Sagosen (5/2), Duvnjak (4), Zarabec (4), Dahmke (3), Ehrig (2), Reinkind (2), Weinhold (2), Pekeler (2), Magnus Landin (1/1).