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Gleich noch ein Erfolg

Zum "Spieler der Saison" gekürt: KSC-Stürmer Marvin Pourié im Porträt

Pourié rackert, meckert, motzt und netzt – und ist mit 28 ein Torgarant, der sein darf, wie er ist Wer ein Gefühl dafür kriegen will, mit welch Selbstbewusstsein dieser Marvin Pourié ausgestattet ist, dem helfen auch die einen oder anderen Flüstertöne aus der Kabine des Karlsruher SC.

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Wichtiger Faktor für den Aufstieg: KSC-Stürmer Marvin Pourié - hier im Einsatz gegen den VfR Aalen. Foto: N/A

Als Torgarant hat Marvin Pourié erheblichen Anteil am Wiederaufstieg des KSC in die zweite Bundesliga. Der mit bislang 22 Treffern bester Torschütze der am nächsten Spieltag endenden Drittliga-Saison fährt dafür nun den Lohn ein: Neben dem Aufstieg mit der Mannschaft kann er auch den Titel "Spieler der Saison" in der 3. Liga für sich verbuchen - in einer DFB-Umfrage stimmten 59 Prozent für den 28-Jährigen. Im Porträt der BNN macht Pourié klar: er hat noch weitere Ambitionen.

Pourié rackert, meckert, motzt und netzt – und ist mit 28 ein Torgarant, der sein darf, wie er ist

Wer ein Gefühl dafür kriegen will, mit welch Selbstbewusstsein dieser Marvin Pourié ausgestattet ist, dem helfen auch die einen oder anderen Flüstertöne aus der Kabine des Karlsruher SC.

Wie eben jener, der noch gar nicht so lange her ist: „Schön wär’s“, so habe es Pourié einigen Kollegen beim KSC anvertraut, er könnte in seiner Fußballkarriere „noch mal in der Nationalmannschaft spielen“. Die Gegenfrage, ernst gemeint, welche zweite Staatsbürgerschaft er denn habe, beantwortete Pourié mit großer Selbstverständlichkeit: „Keine!“

Wieder mal der Dosenöffner

Am Samstagnachmittag nun war gegen Ende im Preußenstadion das wie wirklich fast alles herzlich egal geworden. Der früheren Junioren-Nationalspieler Pourié, der mit seinem Führungstreffer wieder als „Dosenöffner“ funktioniert hatte, stand noch weit vor dem Ende an der Seitenlinie, umarmte seinen Cheftrainer Alois Schwartz und dessen Assistenten Dimitrios Moutas. Nicht, dass sie immer ein Herz und eine Seele gewesen, in dieser elend langen Saison. Doch nun galt es, einfach nur zu genießen, selbst wenn noch einige Minuten fehlten: Da war schlicht und einfach keine Nische mehr für Zweifel geblieben, es war vollbracht .

Als das bei Abpfiff dann auch unumstößlich feststand, sank Pourié zu Boden, hielt inne und streckte beide Arme in die Höhe. „Mich haben einfach so die Emotionen gepackt, dass es mich nur so umgeschmissen hat. Das war der schönste Moment in meiner Karriere“, sollte er später in den Katakomben preisgeben. Der dänische Meistertitel, eine seiner in der Anzahl überschaubaren Visitenkarten-tauglichen Errungenschaften im Fußball, sei „nichts im Vergleich dazu“. Als das und mehr aus ihm herauspurzelte, hatten die Spielerfrauen im Kabinentrakt die Party schon angepfiffen. Zuvor hatten ihn die Mitspieler mit einer ordentlichen Sektsalve ein klebriges After Shave verpasst.

Selbstinszenierung und ein Muhammad Ali-Zitat

Keine 40 Kilometer von seinem Geburtsort Werne entfernt war es bei Pourié am Samstag gelaufen wie davor oft in dieser Saison. Er war gelaufen wie immer, und als es darauf ankam, schlug er zu. Man kennt das ja nun schon eine Weile von ihm: Er macht und tut und meckert und rackert, was das Zeug hält, inszeniert sich dabei als Star einer großen Oper, gepfiffen ist dann auf die Tatsache der drittklassigen Wiesen, auf dem dies aufgeführt wurde. Sicher ginge das alles auch eine Spur kleiner, weniger theatralisch, aber dann wäre es nicht Pourié: Einer, der auf seiner Facebook-Seite Muhammad Ali zitiert: „Die beste Art, deine Träume wahr werden zu lassen, ist aufzuwachen.“

Zum Aufstieg des KSC gibt es auf bnn.de zahlreiche Beiträge: neben den schönsten Jubelbildern finden sich dort ein Zeitstrahl mit den bedeutendsten Wegmarken in dieser Saison sowie ein Kommentar mit dem Titel „Mühsam, aber verdient“ . Unter bnn.de/ksc gibt es stets die neuesten Nachrichten rund um den Verein.

Beim 28 Jahre alten Mittelstürmer handelt es sich in diesem Sinne um einen Späterwachten. Der KSC ist die elfte Station in seiner bewegten Profikarriere, die ihn Erfahrungen in Dänemark, Belgien und Russland sammeln ließen. Beim FC Kopenhagen war er in der Champions-League-Saison 2013/2014 sowohl gegen Juventus Turin als auch Real Madrid eingewechselt worden.

Versprechen gehalten

Doch die Königsklasse, sie blieb dem früheren Junioren-Nationalspieler danach in etwa so nah wie der KSC der Erstklassigkeit kam. Als er im Winter 2017/2018 dem Sportdirektor Oliver Kreuzer bei der Vertragsanbahnung in einem Durlacher Lokal versprach, das Bundesliga-Gründungsmitglied in die Zweite Liga zurückzuschießen, war das wieder einmal ziemlich dick aufgetragen für einen, der eine Weile davor kein Scheunentor getroffen hatte.

Aber nun hat er Wort gehalten. Ohne ihn und seine Tore, vor dem letzten Saisonspiel sind es 22 an der Zahl, hätte es der KSC wohl nicht geschafft. Fünf Doppelpacks, zuletzt wieder gegen die SG Sonnenhof Großaspach (2:1), gehören zu dieser Wahrheit wie daneben auch die fünf von ihm stammenden Torvorlagen. Nach seiner Ankunft im Wildpark vor eineinhalb Jahren hatte ihm das kaum einer zugetraut. Im Zusammenspiel mit Anton Fink lief es für den „Shaker“ aber wie am Schnürchen. Sein Faible für Protein-Shakes hat ihm diesen teaminternen Spitznamen eingebracht.

Das Gefühl, anzuecken, zu polarisieren und „von hinten lieber gesehen zu werden als von vorne“ kannte der 1,84 Meter große Angreifer in Jugendtagen. Da spielte er für Borussia Dortmund, landete nach einer Lehrzeit beim FC Liverpool bei Schalke 04 und erlebte später eine wahre Odyssee als Leiharbeiter in Diensten der Schalker beziehungsweise der Kopenhagener.

Endlich im richtigen Team

In Karlsruhe, das sagt er, habe er endlich eine Mannschaft gefunden, in der man ihn so nimmt, wie er eben ist. Etwas anders eben. So exaltiert wie selbstbewusst. „Wir schätzen und wir lieben ihn, er ist so wichtig für uns. Das hat er immer wieder bewiesen“, sagte Kapitän David Pisot am Samstag, als alles und auch das ganz leicht fiel, weil Erfolg zusammenschweißt.

Und mit dem Verteidigerkollegen Marco Thiede hat Pourié diese eine Wette laufen. Die geht auf die Ansage des Stürmers zurück, dass er die Saison mit mindestens 25 Buden beenden werde. Wetteinsatz: ein Abendessen. Den Liga-Rekord hält nach wie vor Dominik Stroh-Engel, der in der Saison 2013/2014 für den SV Darmstadt 98 nicht weniger als 27-mal traf.

Aus Fehlern gelernt

Keiner macht sich da etwas vor: Hätte Pourié in einigen Strafraumsituationen nicht der Übermut gepackt, die Theatralik übermannt und eben auch diesen blamabel getretenen Strafstoß gegen den VfR Aalen konzentrierter genutzt, die Bestmarke des sportlich abgehängten KSC-Kollegen wäre wohl schon geknackt.

Der KSC-Assistenzcoach Christian Eichner, 2007 mit dem KSC in die Bundesliga aufgestiegen, weiß, dass man den Wettanbieter Pourié ernst nehmen muss. Als er noch weit vor Weihnachten zwei Tore im darauffolgenden Ligaspiel ankündigte, hielt Eichner schon aus Eigennutz dagegen. Am Ende sah man den Trainer in einem weihnachtlichen Pullover auf dem Platz seinen Job versehen. Die anderen und Pourié hatten Spaß. Pourié sagt, er habe aus seinen Fehlern gelernt, und fühlt sich „jung genug, um noch vieles im Fußball zu erreichen“. So wie er es sagt, erahnt man es schon: Ein Aufstieg aus der Dritten in die Zweite Liga soll es für ihn nicht gewesen sein.

Zumindest der nächste persönliche Erfolg wurde nun am Montag nach dem Aufstieg verkündet: Insgesamt 23 135 Fans beantworteten in den sozialen Netzwerken des DFB die Frage nach dem Spieler der Saison. 13 625 - und damit 59 Prozent - votierten für Pourié, der damit vor Nils Körber, dem Torhüter des VfL Osnabrück, das Ranking anführt.

(mit dpa-lsw)
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