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Kreuzer: "volles Vertrauen "

Nach Rauswurf von Schwartz: Neuer Trainer soll beim KSC mehr sein als eine Aushilfe

Nachdem Christian Eichner am Montag seine erste Einheit als Chefcoach des Karlsruher SC beendet hatte, stellte er sich am Rand des Trainingsplatzes zu den wartenden Presseleuten in den Wind. Dort gab er zu, sich auf die ihm zunächst ohne Befristung übertragene Aufgabe zu freuen, „wie ein Kind“.

Trainer Christian Eichner in seiner ersten Einheit als neuer Cheftrainer beim KSC.
Trainer Christian Eichner in seiner ersten Einheit als neuer Cheftrainer beim KSC. Foto: GES

Nachdem Christian Eichner am Montag seine erste Einheit als Chefcoach des Karlsruher SC beendet hatte, stellte er sich am Rand des Trainingsplatzes zu den wartenden Presseleuten in den Wind. Dort gab er zu, sich auf die ihm zunächst ohne Befristung übertragene Aufgabe zu freuen, „wie ein Kind“. Eichner, 37, hat, so beteuert er, erst am Mittag davon erfahren, dass der abstiegsgefährdete Fußball-Zweitligist nun ihm und nicht länger Alois Schwartz das Vertrauen schenken wird. „Ich möchte dem Verein helfen und werde versuchen, etwas zurückzugeben. Ich möchte versuchen, den Jungs etwas fürs Spiel mitzugeben“, umriss der angehende Fußballlehrer, der im März sein Diplom erwartet, seinen Anspruch.

Unterstützt wird der Ex-Profi von U19-Coach Zlatan Bajramovic. Nicht alles sei schlecht gewesen in den vergangenen zweieinhalb Jahren, meinte Eichner. Nun gelte es, „das Gute noch besser zu machen, wie es ab und zu schon war, und vielleicht ein bisschen Eichner/Bajramovic reinzubringen“.

Der gebürtige Sinsheimer war bei Schwartz zweiter Assistent neben Dimitrios Moutas gewesen. Während seiner ersten Einheit mischte er die Reihen im Trainingsspiel munter durcheinander, ließ damit den Eindruck entstehen, dass die Karten aller Profis neu gemischt sind.

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Schwager fordert Eichner beim Debüt

Überrascht hatte die Entwicklung zu Wochenbeginn kaum noch jemanden, die Betroffenen womöglich selbst am meisten. Schwartz war nach eigener Aussage davon ausgegangen, das mit der Aussicht auf die Einnahme von 1,3 Millionen Euro verbundene Achtelfinalspiel im DFB-Pokal am Mittwoch (20.45 Uhr) beim Regionalliga-Spitzenreiter 1. FC Saarbrücken als Chance zur Rehabilitation noch zu bekommen. Dieses wird nun zum Debüt Eichners, was besonders pikant ist: Sportdirektor bei den Saarländern ist sein Schwager Marcus Mann, Trainer der frühere KSC-Nachwuchscoach Lukas Kwasniok.

Vorboten der Trennung

Um 12.16 Uhr, also lange vor der für 14 Uhr angesetzten Einheit, war Schwartz am Montag auf dem Gelände am Adenauerring vorgefahren. So zeitig hatte man ihn seinen weißen Dienst-SUV sonst nie auf dem für den Cheftrainer reservierten Parkplatz vor dem Stadion abstellen sehen. Kurz verschwand Schwartz in der Trainerkabine, bald nahm er die Treppen hinauf zur Geschäftsstelle. Dort hatte sich der Beirat der KSC GmbH & Co KGaA schon nach 11 Uhr versammelt.

Inwieweit über die Misere beim Tabellenvorletzten mit dem Sportdirektor Oliver Kreuzer tatsächlich noch ergebnisoffen beraten wurde, blieb für Außenstehende undurchsichtig. Fakt: Etwa eine Stunde später, als Kreuzer die freigestellten Schwartz und Moutas verabschiedete, hatte der KSC die Pressemitteilung zur Trennung bereits parat und verbreitet.

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Sinneswandel des Sportdirektors gegenüber dem Beirat

Die Frage, ob der Club einen Nachfolger engagieren wird und – falls ja – wen, dürfte auch davon abhängen, wie stark Kreuzers Position noch ist. Jener gab zu Protokoll: „Christian genießt unser volles Vertrauen.“ Im Sommer 2018, als Schwartz nach dem Saison-Auftakttraining im Beisein von Journalisten laut über ein im Fußball immer drohendes Scheitern nachdachte, hatte Kreuzer ihn beruhigt: „Alu, wenn du gehen musst, gehe ich mit.“ Daran erinnerte sich der Manager nun nicht mehr.

Im Fußball könnten sich die Dinge eben schnell verändern, sagte Kreuzer. So wie Bewertungen. Seine zur Sache lautete am Samstag nach der 0:2-Niederlage gegen Holstein Kiel noch, nicht der Ansicht zu sein, „nächste Woche mit einem anderen Trainer läuft das besser. Davon bin ich weit entfernt.“

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Zwei Tage später nun äußerte sich KSC-Präsident Ingo Wellenreuther am Vormittag: „Der Sportdirektor hat uns die Analyse präsentiert, hat viele, viele Gespräche geführt. Das Ergebnis seiner Analyse war, dass beide Geschäftsführer, er und Michael Becker, dem Beirat die Freistellung des Trainers vorschlugen.“

Kreuzer wiederum, auf seinen Sinneswandel angesprochen, erklärte: „Wie es im Fußball so ist, macht man sich irgendwann seine Gedanken. Wie haben wir uns präsentiert? Dazu kamen Gespräche mit vielen anderen Personen. Irgendwann hat sich bei mir eben der Eindruck verfestigt, dass es der richtige Zeitpunkt für eine neue Ansprache, einen neuen Impuls ist.“ Offenbar waren vor der Entscheidung zwischenzeitlich auch einige Spieler zu ihren Ansichten über die Lage eingebunden worden.

Kein Auftrag zur anderweitigen Suche an Kreuzer

Schwartz besaß nach den Pleiten gegen Dynamo Dresden (0:1) und Holstein Kiel (0:2) keine schlüssigen Argumente mehr. Wellenreuther versicherte nun, dass der Beirat Eichner bis auf Weiteres als neuen Cheftrainer das volle Vertrauen entgegenbringe. Einen Auftrag an Kreuzer, einen neuen Cheftrainer zu suchen, gebe es demnach nicht.

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Roßbach für drei Spiele gesperrt

Unterdessen ist KSC-Verteidiger Damian Roßbach vom Sportgericht des Deutschen Fußballbundes mit einer Sperre für drei Meisterschaftsspiele belegt worden. Wegen "rohen Spiels" hatte er in der Schlussphase der Partie gegen Holstein Kiel am Samstag (0:2) die Rote Karte gesehen. Der Spieler und der KSC stimmten dem Urteil zu.

Kommentar: Grün ist der neue Schwartz

Was kümmerte Oliver Kreuzer sein Geschwätz von gestern. Er hielt es in der Trainerfrage beim Karlsruher SC mit dem früheren Kanzler Konrad Adenauer, dessen berühmtes Zitat ja noch einen weniger berühmten Nachsatz hat, „nichts hindert mich, weiser zu werden“. Am Samstag hatte der Sportdirektor des abstiegsgefährdeten Fußball-Zweitligisten nach der vierten Niederlage in Folge mit der Expertise aufgewartet, dass eine sofortige Trennung vom Cheftrainer Alois Schwartz falsch und er „weit entfernt“ davon sei, diesen Schritt zu tun. Weiser musste er sich wenige Stunden später fühlen, als er – im Adenauer’schen Sinne – dem Beirat die Trennung von Schwartz empfahl. So die Überlieferung. Hernach äußerte Kreuzer: „Ich hoffe und glaube, dass das der richtige Schritt ist.“

Nun steht also der angehende Fußballlehrer Christian Eichner im Feuer, zu ordnen, was Schwartz dem Verein neben dem so wichtigen Aufstieg und besten Wünschen nach am Ende 103 von ihm verantworteten Spielen für die Zukunft hinterließ: Einen Kader, der Pflege, Zuspruch und neue Impulse braucht. Dass dem so ist, brauchte keine hochtrabenden Analysen oder Gutachten, sondern Blicke ohne blau-weiße Betriebsbrille auf den Platz bei Spielen und daneben. Die Mannschaft, sie wirkte vor und nach der Pause verunsichert. Ihre Körpersprache vermittelte nicht den Eindruck vormaliger Bereitschaft. Schon vor der Winterpause wog man im Beirat wohl die Erfolgsaussichten. Geldgeber und Vizepräsident Günter Pilarsky, der sich für dessen Engagement im Sommer 2017 stark gemacht hatte, hielt dem Vernehmen nach seine schützende Hand über Schwartz. In der Abwärtsspirale war stärker ins Gewicht und dann jedem aufgefallen, dass da ein Trainer ist, der vor allem nicht verlieren will. Auch wenn dies einschließt, einen Sieg nicht einzufahren.

Über die wirtschaftlich bedingten Begrenzungen bei seiner Arbeit in Karlsruhe ließ Schwartz sich offen aus. Und doch hatte er den Kader, den er mit Kreuzer zusammenstellte, für zweitligatauglich befunden. Dieser wirkt länger wie eine Zweiklassengesellschaft. Nur 14, 15 Profis von 27 kamen zu Spielen. Die Spannung litt. Eichner ist zwar noch grün, dafür clever und als Novize gefordert, diese schnell wieder hochzufahren.

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