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Debatte um Planinsolvenz

Im Innenleben des KSC rumort es ganz gewaltig

Ruhige Ostertage sind beim KSC ausgeschlossen: Offen zutage getreten ist die Unruhe in der Geschäftsführung, den Gremien der Kapitalgesellschaft und des eingetragenen Vereins. Die detailintensive Vorbereitung eines Planinsolvenz-Szenarios wird im Innenleben des Fußball-Zweitligisten unterschiedlich bewertet.

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SCHWIERIGE ZEITEN: Der kaufmännische Geschäftsführer Michael Becker steht beim KSC derzeit besonders im Blickpunkt. Vize-Präsident Günter Pilarsky (links) muss sich derweil sowohl als Vertreter der Vereinsinteressen wie als Gläubiger zurechtfinden. Foto: GES

Ruhige Ostertage sind beim KSC ausgeschlossen: Offen zutage getreten ist die Unruhe in der Geschäftsführung, den Gremien der GmbH & Co KGaA und des eingetragenen Vereins. Die detailintensive Vorbereitung eines Planinsolvenz-Szenarios wird im Innenleben des Fußball-Zweitligisten unterschiedlich bewertet.

Selbst innerhalb des Präsidiums des e.V. zeigen sich unterschiedliche Erwartungen hinsichtlich des Tempos. Eine seriöse Kaderplanung hat Sportchef Oliver Kreuzer unter den Umständen für unmöglich erklärt.

Günter Pilarsky sieht beim Karlsruher SC den Weg für eine Insolvenz in Eigenverwaltung schon jetzt gangbar und glaubt, dass die Vorbereitungen dazu nach Ostern in den Gremien der GmbH & Co KGaA und des e.V. forciert werden.

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Diese Erwartung äußerte der Vize-Präsident und Kreditgeber am Karfreitag gegenüber den BNN. „Wir haben alle Möglichkeiten abgewogen und das Für und Wider gegenübergestellt. Wir sind zum Entschluss gelangt, dass das Positive überwiegt“, so Pilarsky.

KSC-Präsident Wellenreuther drosselt das Tempo

Clubchef Ingo Wellenreuther, von den BNN darauf angesprochen, bewertete diese Äußerung als Tendenz des 82-Jährigen, sich gegenüber einem möglichen Planinsolvenz-Szenario nicht zu verschließen. Der KSC-Präsident sieht sehr wohl noch reichlich Informationsbedarf in den Gremien und ohnedies keinen Handlungsdruck, da zur Zeit weder ein Insolvenzantragsgrund noch eine Insolvenzantragspflicht vorliege.

Für ihn gilt, „locker vom Hocker, das ist jetzt grob fahrlässig. Bei einer solchen Sache, die noch bedeutender ist als die Ausgliederung, muss alles wohl überlegt und gut vorbereitet sein“, erklärte er.

Ingo Wellenreuther
KSC-Präsident Ingo Wellenreuther. Foto: Hasan Bratic/dpa/Archivbild

KSC wechselt die Rechtsberatung

Aus eben diesem Grund habe das Präsidium, dem neben ihm und Pilarsky auch Holger Siegmund-Schultze angehört, nun die Heidelberger Fachanwaltskanzlei Wellensiek hinzugezogen.

Sie wird dem Beirat der GmbH & Co KG am Dienstag ihre Sicht auf die KSC-Lage darlegen und bewerten, wo eventuelle Risiken und Folgen bei einer Planinsolvenz der Kapitalgesellschaft für deren Mutter und Eigentümerin, dem eingetragenen Verein (e.V.), lauern – wobei der e.V. nicht nur 100-prozentiger Gesellschafter der Komplementärin, der GmbH, sondern zur Zeit noch der einzige Kommanditist und Alleinaktionär ist.

„Alle Gesellschaftsanteile gehören dem e.V., der gleichzeitig Alleinaktionär ist“, ergänzt Wellenreuther zur Sachlage seit der im vergangenen Jahr umgesetzten Ausgliederung, „die noch nicht von jedem bei uns verstanden wurde“.

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Mitgliederversammlung soll kommen

Die bislang beim KSC eingebundene Rechtsberatung aus Frankfurt, die seit Anfang März am Tisch der Geschäftsführung saß, habe laut Wellenreuther den Ansprüchen hinsichtlich „umfassender und seriöser Darlegungen nicht genügt“. Wie mit deren Mandat verfahren wird, soll am Dienstag entschieden werden. Wellenreuther beklagt: Jedes lockere Insolvenz-Gerede schädige nicht zuletzt die Marke des KSC, die dem e.V. gehört und die er der Kapitalgesellschaft bei der Ausgliederung zur Nutzung überlassen habe.

„Deshalb muss die Geschäftsführung ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, ausschließlich das Interesse des e.V. zu beachten. Es gibt kein anderes“, sagt Wellenreuther, was mindestens einer der in Haftung stehenden Geschäftsführer der KGaA, Michael Becker neben Sport-Geschäftsführer Oliver Kreuzer, als Rüge zu verstehen hat.

Zudem sei „gesetzlich vorgeschrieben“, dass die Mitglieder des e.V. einer so gravierenden Entscheidung, wie die zur Eröffnung eines Planinsolvenzverfahrens, zustimmen müssen. Dies habe auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zu geschehen, wobei sich Wellenreuther auf den BGB-Paragrafen 36 beruft. Einladungen an die Mitglieder wurden noch nicht verschickt. Dies muss satzungsgemäß mit dreiwöchigem Vorlauf geschehen.

Gegenwind für den KSC-Präsidenten

Mit jedem anderen Vorgehen als dem vorgeschriebenen mache sich ein Vereinsorgan laut Wellenreuther haftbar. Auch deshalb finde er den in dieser Woche publik gewordenen Antrag auf die Einberufung einer außerordentlichen Versammlung „befremdlich“, den er aus einem Personenkreis lanciert glaubt, „der sich seit Wochen gegen die Durchführung einer solchen Mitgliederversammlung stellt“.

Die von ihm nicht näher benannte Initiative will 300 Unterschriften sammeln, um danach über seine Abwahl als KSC-Präsident abstimmen zu lassen. Der Vorwurf: Wellenreuther blockiere die Planinsolvenz-Pläne der Geschäftsführer. Dabei handele er einzig und alleine, um Schaden vom e.V. abzuhalten, so Wellenreuther.

Günter PIlarsky, KSC-Vize-Präsident.
Günter PIlarsky, KSC-Vize-Präsident. Foto: N/A

Pilarsky bleibt die Schlüsselfigur

Eine Schlüsselrolle kommt bei all dem Drunter und Drüber am Ende dem Cronimet-Begründer Pilarsky zu. Er bürgte bislang gegenüber den Hausbanken und hielt den KSC mit Krediten und Darlehen über Wasser.

Er führt den Kreis der größten Gläubiger an, zu dem daneben der mit zehn Prozent an den TV-Einnahmen des KSC beteiligte Michael Kölmel, die Banken (Sparkasse, Volksbank, Commerzbank) sowie die Lagardére Sports GmbH zählen. Mit dem Vermarkter, von dem er sich im Dezember 2018 trennte, streitet der KSC in zweiter Instanz vor dem OLG Karlsruhe.

Insgesamt hat der KSC Verpflichtungen im Volumen von an die 30 Millionen Euro. Nach der Ausgliederung des Profibereichs aus dem e.V. in die GmbH & Co KGaA sah der Plan vor, einen guten Teil davon – benannt waren von Becker 17 Millionen Euro – durch den Verkauf von Aktien abzulösen. Doch Covid-19 kam dazwischen.

Die Deutsche Fußball Liga reagierte Ende März mit einer Änderung ihrer Statuten. Demnach hätte der Antrag auf ein Eigenverwaltungsverfahren keine Auswirkung auf den möglichen sportlichen Zweitligaverbleib sowie die -lizenz für die kommende Saison.

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Becker sieht zeitliche Dringlichkeit

Dieses Schlupfloch ist seither bei einigen klammen Konkurrenten, zumindest hinter vorgehaltenen Händen ein Thema, mit dem ein gewisser Charme verbunden wird. Becker differenziert: „Es gibt Risiken in dem Prozess, man hat Vertrauensverlust. Deshalb muss man es sich gut überlegen, ob man das macht. Wichtig ist, dass eine breite Basis des KSC diese Entscheidung trifft.“

Becker verweist auf derzeit zwei vorhandene Sichtweisen. „In eigentlich allen Gremien des Vereins und der KGaA ist man sich einig, dass es prinzipiell der richtige Weg ist. Wichtig ist nun, dass man die Risiken für die KGaA, aber auch eventuelle Risiken für den Verein abschließend bewertet und dann eine Entscheidung trifft“, urteilt er und ergänzt: „Eines ist klar: Man kann nicht erst alles mit allen Gläubigern besprechen, und dann den Antrag stellen.

Das funktioniert nicht. In der Zeit, bis wir den Antrag stellen, schädigen wir ja weiter die Gläubiger. Wir geben ja weiter Geld aus. Deswegen ist es schon ein Zeitthema. Denn alles, was wir jetzt ausgeben, fällt auch wieder zu Lasten der Gläubiger. Damit könnte ein Vergleich schwieriger werden. Und am Ende ist die Entscheidung auch eine Frage der Alternativen!“ Damit vertritt Becker eine andere Position als Wellenreuther, der betont, dass seriöse Fortführungsprognosen derzeit unmöglich sind.

Kölmel äußert sich noch nicht

Vertragspartner Kölmel sagt, dass er nur so weit im Thema ist, wie er davon „in der Zeitung gelesen“ hat. Für ihn sei es „noch zu früh, etwas zu äußern“, beteuert er auf Nachfrage. Mit einer über Aktienverkäufe finanzierten Schlusszahlung von 8,7 Millionen wollte sich der KSC im Sommer eigentlich aus dem Vertrag mit ihm kaufen. Doch die Corona-Krise lässt seine Entscheider längst nicht mehr ruhig schlafen.

Kommentar: Tempofragen

Schon vor der Corona-Krise war der KSC ein chronischer Patient. Sein wirtschaftliches Überleben im Profifußball war regelmäßig abhängig davon, ob Vize-Präsident Günter Pilarsky die nächste Runde und damit die Hoffnung auf Besserung spendieren würde. Für die laufende Saison erwartete man Miese um die 3,5 Millionen Euro. Danach sollte alles besser werden. Die Ausgliederung des Profispielbetriebs in eine Kapitalgesellschaft sollte das fügen, frisches Geld aus Aktienverkäufen die Emanzipation von Pilarskys Geld ermöglichen.

Die Corona-Krise ist nun schuld daran, dass diese Erwartung vorerst gescheitert ist. Nicht schuld ist sie an der prekär zugespitzten Gesamtlage, die letztlich das Ergebnis des langen Verlassens auf die Darlehen, Kredite und sonstigen Entgegenkommen des Vize-Präsidenten ist. Der KSC steht zwar nicht alleine da mit seiner auf Kante genähten Aufstellung, doch muss er nun für die eigene irgendwie einstehen. Wie schwer sich die Krise auf die Liquidität auswirkt, ist derzeit weder überschau- noch seriös bezifferbar. Fehlende Einnahmen aus dem TV-Topf und von Sponsoren sind zur Stunde nur Annahmen. Das Corona-Argument alleine greift zu kurz.

Guter Rat ist teuer, und so wechselte der KSC laut Clubchef Ingo Wellenreuther seine anwaltliche Beratung. Die Insolvenz in Eigenverwaltung, die sogenannte „Planinsolvenz“, wird nach dem Entgegenkommen der DFL rasch zur Sanierungschance verklärt. Das Szenario und dessen Umsetzung sorgen in den Gremien für Unruhe. Der KSC müsste mit seinen Gläubigern dealen. Würden Michael Kölmel und Streitgegner Lagardère mitspielen? Derweil gibt Wellenreuther zu erkennen, dass er hinsichtlich der Tempofrage anders tickt als Geschäftsführer Michael Becker. Dass eine breite Basis zum Vorgehen Not tut, ist unstrittig.

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