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Podcast mit Therapeuten

Früherer Welt- und KSC-Torhüter Oliver Kahn spricht über Burn-out-Erfahrung

Als Torwart-Titan ging Oliver Kahn in die Fußballgeschichte ein. Doch der gebürtige Karlsruher erlebte in seiner Karriere auch Momente voller Selbstzweifel - inklusive Burn-out-Symptomen.

Oliver Kahn Vorstandsvorsitzender FC Bayern München FCB, Portrait, Allianz Arena, München, Bayern, Deutschland, Europa *** Oliver Kahn Chairman of the Board FC Bavaria Munich FCB, Portrait, Alliance Arena, Munich, Bavaria, Germany, Europe Copyright: imageBROKER/MichaelxWeber iblimw08456365.jpg Bitte beachten Sie die gesetzlichen Bestimmungen des deutschen Urheberrechtes hinsichtlich der Namensnennung des Fotografen im direkten Umfeld der Veröffentlichung!
Offene Worte: Oliver Kahn, früherer Weltklasse-Torhüter und inzwischen Vorstandsvorsitzender des FC Bayern München, äußerte sich nun in einem Podcast zum Thema Depression und Burn-out. Foto: Michael Weber/imago images

So manche Geschichte mit Oliver Kahn in der Hauptrolle hat sich ins kollektive Fußball-Gedächtnis eingebrannt. Der Kung-Fu-Angriff auf Stéphane Chapuisat, die Beißattacke gegen Heiko Herrlich, der irre Eckfahnen-Jubel im Meisterschaftsfinale 2001 und nicht zuletzt das „Wir brauchen Eier“-Interview einst nach einer Niederlage gegen Schalke.

Es sind Anekdoten über einen Mann, der als Torhüter „weiter, immer weiter“ wollte, der extrem hart gegen sich und andere wirkte, der mit purer Willensstärke, so schien es jedenfalls, jedes noch so große Hindernis aus dem Weg räumte.

Es gibt zudem andere, weniger bekannte Erzählungen, die in dieselbe Richtung weisen. So wie diese: Dirk Schuster, einst Kahns Mitspieler beim Karlsruher SC, erinnerte sich vor knapp zwei Jahren einmal, wie er und sein Kollege die Gegner schon vor dem Anpfiff einschüchterten, indem sie im Kabinengang wie Wilde herumbrüllten und gegen die Plexiglasscheibe schlugen.

Der andere Oliver Kahn: voller Selbstzweifel, ausgebrannt, verletzlich

Und Kahns Vater Rolf, einst selbst Bundesliga-Spieler des KSC, erzählte einmal, wie Oliver als 13-Jähriger sein kaputtes Moped wieder und wieder auseinanderschraubte, um es zum Laufen zu bringen, und ein neues Gefährt, das er ihm gekauft hatte, strikt ablehnte.

Oliver Kahn, der Ehrgeizling. Der Wüterich. Der Unnachgiebige. Der Titan. Ein am Montag erschienener Podcast, den der heutige Vorstandsvorsitzende des FC Bayern mit seinem langjährigen Therapeuten Florian Holsboer aufnahm, zeichnet ein ganz anderes Bild. Kahn als ein Mann voller Selbstzweifel, ausgebrannt, verletzlich.

Mir schauten zwei Milliarden Menschen beim Versagen zu.
Oliver Kahn über das WM-Finale 2002 und seinen entscheidenden Fehler

Die dazu passende Szene, vielen Fußballfans bis heute im Gedächtnis, lieferte das WM-Finale 2002. Nachdem dem im Turnierverlauf überragenden Kahn gegen Brasilien der entscheidende Fehler unterlaufen war, kauerte der damals 33-Jährige nach dem Abpfiff minutenlang am Pfosten seines Tores im Stadion von Yokohama und starrte ins Leere.

„Mir schauten zwei Milliarden Menschen beim Versagen zu“, glaubt der dreimalige Welttorhüter. Damals seien die möglichen Reaktionen der Öffentlichkeit vor seinem inneren Auge vorbeigezogen.

Zu jener Zeit hatte sich Kahn bereits Hilfe bei Holsboer geholt und dadurch „eine andere Herangehensweise“ entwickelt, wie er sagt. „Diese Härte, die ich oft gegen mich selbst hatte, das war in der Zeit schon nicht mehr so extrem ausgeprägt, aber nichtsdestotrotz hat es schon ein paar Monate gedauert, um über dieses Thema so ganz hinwegzukommen.“

Bei der Heim-WM 2006 erleben Fans den neuen Kahn

Mitte, Ende der 90er Jahre hatte sich Kahn entschlossen, seine psychischen Probleme nicht mehr nur mit sich alleine auszumachen.

„Irgendwann habe ich gemerkt, dass es so, wie ich das Ganze angegangen bin, mit diesem enormen Aufwand, dem immensen Training, dem enorm hohen Anspruch an mich selbst, irgendwann nicht mehr funktioniert hat“, berichtet Kahn und spricht von Symptomen des Ausgebrannt-Seins: „Es hat alles enorm viel Kraft gekostet.“

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Holsboer entwickelte mit Kahn einen Plan und der wiederum arbeitete an sich selbst, veränderte seine Perspektive, lernte, Dinge anders einzuordnen. Den neuen Kahn bekamen die Fans etwa bei der Heim-WM 2006 zu sehen, als er sich klaglos auf die Bank setzte und seinen Konkurrenten Jens Lehmann unterstützte.

Kahn empfand Affenlaute und Bananen-Würfe als „erniedrigend“

Heute will der gebürtige Karlsruher, der inzwischen KSC-Ehrenmitglied ist, dabei mithelfen, die Krankheit von ihrem Stigma zu befreien, und Betroffene dazu ermuntern, sich professionelle Hilfe zu suchen.

Kahn findet, dass sich die Einstellung zu dem Thema inzwischen geändert habe und es einfacher sei, öffentlich über die Problematik zu sprechen. Und auch die Affenlaute und die Bananen-Würfe, die er während seiner aktiven Zeit oft ertragen musste und die er, wie er sagt, als „erniedrigend“ empfand, würde man heute nicht mehr so dulden, glaubt Kahn.

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