Diese Woche bezeichnete KSC-Trainer Christian Eichner seinen Assistenten Zlatan Bajramovic bei der Arbeit einmal aus Spaß als „Landschaftsgärtner“. Während der Einheit sammelte Bajramovic gerade Äste auf dem Trainingsplatz ein.
Der Karlsruher SC ist nun einmal inmitten eines „Naturidylls“ (Eichner) beheimatet. Dort wirken sich unter anderem durch Baumreihen einseitig beeinflusste Unterschiede in den Lichtverhältnissen auch auf die Beschaffenheit der Rasenseiten aus. In ungutem Licht steht derzeit vor allem der Rasen im Wildparkstadion.
2015 kürte die Deutsche Fußball Liga den im Wildparkstadion ausgelegten Spieluntergrund zum „Rasen des Jahres“. Als „Acker“ und als „Zumutung“ bezeichneten im Januar 2021 Spieler und Trainer die anzutreffende Situation. Auch für Sonntag zum KSC-Heimspiel gegen den SSV Jahn Regensburg ist wieder damit zu rechnen, dass der ruinierte Karlsruher Rasen-Ruf in der Übertragung von „Sky“ thematisiert werden wird. Das ramponierte Green gibt viele Rätsel auf.
Zu alt ist der Rasen nicht
Ist der Rasen etwa zu alt? Das schließt Florian Kaute, der Sprecher des städtischen Eigenbetriebs „Fußballstadion im Eigenbetrieb“, aus. Erstmals bespielt wurde das zuvor frisch ausgelegte Grün am 13. Juli 2019 beim Blitzturnier zum 125-jährigen Bestehen des Vereins.
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Bei der Stadt sieht man laut Kaute, „dass der aktuelle Rasen nicht in Bestzustand ist und auch für sein Alter nicht unbedingt im besten Zustand ist“. Durch den Pandemie-bedingt verdichteten Zweitliga-Spielplan fällt die Wettersituation der zurückliegenden Wochen schwer ins Gewicht.
Kaute: „Weil vor den Heimspielen immer sehr starker Niederschlag war und das eigentlich durchgängig seit Dezember in Kombination mit der fehlenden Winterpause, ist die Belastung einfach enorm hoch.“ In dieser Jahreszeit bilden sich zwei Drittel der Rasenwurzel zurück.
Das nimmt dem Rasen den Halt und fügt es, dass an der Stelle so schnell auch nichts mehr nachwächst, wenn auf dem Rasen Fußball gespielt wird. Kaute verweist auf die Flächen in den Ecken hinter den Toren. Dort, wo sich die Mannschaften warmmachen, lasse sich das Phänomen gut veranschaulichen.
Es ist nicht so, dass man in der Bundesliga oder Zweiten Liga ansonsten 35 Wimbledon-Rasen antrifft.Oliver Kreuzer, KSC-Sportgeschäftsführer
Wie sieht es in den anderen Stadien aus? Abhängig von der Rasenqualität, den Lichtverhältnissen und der Witterung ganz verschieden. Auch in Düsseldorf, beim FC St. Pauli oder in Stuttgart sehen Beobachter zertretene Spielflächen, auf denen die Ballkontrolle erschwert ist.
„Es ist nicht so, dass man in der Bundesliga oder Zweiten Liga ansonsten 35 Wimbledon-Rasen antrifft. Aber unserer ist extrem schlecht. Damit müssen wir klarkommen“, sagt KSC-Sportgeschäftsführer Oliver Kreuzer, der sich wünscht, die Stadt würde sich beim nächsten Austausch mit dem Verein beraten.
Die Analyse, warum der Rasen auf der Wildpark-Baustelle innerhalb der kurzen Zeit in diesem Zustand ist und andere Rasenflächen mit längerer Liegezeit nicht, dauere an, sagt Kaute.
An der Rasenpflege habe die Stadt nichts verändert. „Es wird regelmäßig gemäht, regelmäßig gedüngt, er wird regelmäßig mit einer Art Stanze tiefengelocht, damit das Wurzelwerk wieder etwas Luft und Raum hat, sich zu entfalten“, zählt er auf.
Mindere Rasenqualität?
Ist es so, dass eine mindere Rasenqualität möglicherweise Schuld daran trägt, dass in Karlsruhe keiner warten kann, bis grün über das Thema wächst? Das ist zumindest Kreuzers These.
Die Arbeiten für das Verlegen des Stadionrasens wurden bisher über das städtische Tiefbauamt vergeben. Sie war das Ergebnis einer öffentlichen Ausschreibung, wobei die Qualitätsmerkmale laut Kaute „in der Norm für Sportrasenflächen geregelt“ sind.
Bei der Angebotsprüfung werden dann Unternehmen oder Produkte, welche nicht die notwendigen Anforderungen erfüllen, herausgefiltert. Unter den Verbleibenden erhält das bietende Unternehmen mit dem wirtschaftlichsten Angebot den Auftrag.“
Alternative Hybridrasen mit Vor- und Nachteilen behaftet
Holstein Kiel ist einer der Karlsruher Ligarivalen, der auf einen Hybridrasen spielt, der insgesamt 300.000 Euro kosten soll. Die Stadt Karlsruhe befinde sich laut Kaute mit anderen Greenkeepern von Bundesligisten im Austausch darüber, welche Erfahrungen sie mit den Naturrasen haben, die durch künstliche Fasern verstärkt werden.
„Das Fazit fällt dabei äußerst gemischt aus, denn auch dieser Rasen hat seine Nachteile. Die Zusetzung von Kunstrasen führt nicht unbedingt zu einer längeren Lebensdauer - der abgerannte Kunststoff wächst natürlich auch nicht mehr nach“, erläutert Kaute.
Der preisliche Unterschied zu herkömmlichen Rasen lasse sich schwer beziffern, „da es eine große Bandbreite an unterschiedlichen Arten von Hybridrasen gibt. Im Schnitt muss allerdings etwa mit den doppelten Kosten gerechnet werden.“