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Reaktionen beim EM-Spiel gegen Deutschland

Nach Hass in Sozialen Medien: Walisischer Fußballfan sammelt Spenden für deutsches Mädchen

Bei der TV-Übertragung des EM-Spiels England gegen Deutschland ging das Bild des weinenden deutschen Mädchens im Wembley-Stadion um die Welt. Manche englischen Fans griffen daraufhin im Internet das Kind verbal an - ein Waliser startete eine Gegenaktion mit Wirkung.

Trauer eines kleinen Fußballfans: Das Bild aus dem Spiel Deutschland gegen England Im Wembley-Stadion weckte nicht bei allen Menschen Mitgefühl mit dem bitter enttäuschten Mädchen und ihrem Vater auf der Zuschauertribüne: In den sozialen Netzwerken gab es auch hasserfüllte Kommentare.
Das Bild aus dem Spiel Deutschland gegen England Im Wembley-Stadion weckte nicht bei allen Menschen Mitgefühl. In den sozialen Netzwerken gab es auch hasserfüllte Kommentare. Foto: Screenshot / BNN

Joel Hughes aus der südwalisischen Hafenstadt Newport konnte am Mittwochabend den historischen EM-Triumph Englands über Deutschland nicht so recht genießen. Nein, der Fußballfan hat durchaus seinen Landsleuten aus dem anderen Teil des Königreichs die Jahrhundert-Freude gegönnt.

Hughes fand auch das Spiel spannend und die Stimmung im Stadion mitreißend, soweit er das im Fernseher verfolgen konnte. Doch die Kommentare anderer Fans in den sozialen Netzwerken vermiesten dem 51-Jährigen Internet-Unternehmer schnell die Stimmung.

Da gab es tatsächlich Menschen, die das in der TV-Übertragung mehrmals gezeigte, weinende deutsche Mädchen auf der Tribüne wüst angriffen und beleidigten. „Weine, du kleiner Nazi“, beschimpfte ein Nutzer auf Twitter das Kind mit der aufgemalten Schwarz-Rot-Gold-Flagge auf der Backe. Einige andere Kommentare sind hier nicht zitierbar.

Joel Hughes war jedenfalls schockiert. Prompt fasste er den Entschluss, den Deutschen zu zeigen, dass nicht alle Briten „so furchtbar“ sind.

Es ist nur eine kleine Sache. Sie wird die Welt nicht verändern.
Joel Hughes, Unternehmer aus Wales

Die Idee: Auf einer Internet-Spendenplattform 500 Pfund zu sammeln und der Familie des Kindes nach Deutschland zu schicken. „Es ist nur eine kleine Sache. Sie wird die Welt nicht verändern. Aber wenn wir ein Lächeln auf dem Gesicht dieses Mädchens erscheinen lassen könnten, dann wären wir erfolgreich“, sagte am Tag darauf der Waliser der Online-Plattform „Nation Cymru“.

Da hatte seine Kampagne bereits Schwung aufgenommen - und ihre Resonanz war nicht minder erstaunlich wie die Heftigkeit, mit der britische Fans die deutsche Stadionbesucherin zuvor verbal attackiert hatten.

Spendenkampagne kommt ins Rollen

Bis zum Redaktionsschluss am Freitagabend sammelte Hughes neben umgerechnet knapp 16.000 Euro noch viel Lob, Anerkennung und Solidaritätsbekundungen. „So schade, dass euer Team nicht gewonnen hat, aber du und dein Papa habt euch als Sieger gezeigt“, schrieb eine Spenderin, an die beiden deutschen Fans gerichtet. Manche Briten überwiesen aus Solidarität sogar 50 oder 100 Pfund.

Auch andere prominente Briten wie der berühmte Ex-Fußballer und Fußball-Kommentator Gary Lineker hatten die hasserfüllten Twitter-Kommentare mit scharfen Worten verurteilt. Doch das Beispiel des barmherzigen Walisers sorgte binnen kurzer Zeit für so viel Aufsehen in Großbritannien, dass die BBC über die Aktion berichtete und Hughes um ein Interview bat. Er bemühte sich darin gar nicht erst um diplomatische Worte.

Großbritannien ist ein intolerantes Land geworden.
Joel Hughes

„Großbritannien ist ein intolerantes Land geworden. Es gibt eine kleine Minderheit von Idioten, die alles Gute kaputtmachen und unser Ansehen in der Welt ruinieren, und sie ruinieren auch unsere Beziehungen mit unseren Freunden in Europa“, kritisierte der Mann, der der Regierung von Boris Johnson vorwirft, seit dem Brexit gezielt Fremdenfeindlichkeit zu schüren.

Hughes wird nach eigenen Worten seit dem Beginn seiner Aktion selbst in den sozialen Netzwerken angepöbelt. Der 51-Jährige will aber nicht aufgeben. „Ich kann solches Online-Mobbing einfach nicht leiden“, sagte er der „Nation Cymru“. Falls der Unternehmer die deutsche Familie nicht findet, will er das Geld an eine Wohltätigkeitsorganisation spenden.

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