Skip to main content

Nach dem Corona-Jahr

Bisons-Hauptsponsor Kammerer sieht Perspektiven für den Volleyball-Standort Bühl

Hinter den Bisons Bühl liegt eine Saison ohne Zuschauer. Mit einem kleinen Kader gelangen in der Volleyball-Bundesliga einige Überraschungen und der Sprung in die Play-offs. Im BNN-Interview spricht Bisons-Gesellschafter Achim Kammerer über die wirtschaftliche Bilanz der Bisons und die Lage der Liga.

Achim Kammerer, Geschäftsführender Gesellschafter von Volleyball-Bundesligist Bisons Bühl
Sponsor und Fan: Bisons-Gesellschafter Achim Kammerer fiebert bei Heimspielen des Volleyball-Bundesligisten Bisons Bühl am Spielfeldrand oder auf der Tribüne mit. Foto: Thomas Steuerer

Am kommenden Donnerstag beginnt die Finalserie um die deutsche Volleyball-Meisterschaft. Der VfB Friedrichshafen, der sich im Viertelfinale knapp gegen die Bisons Bühl durchgesetzt hat, trifft auf Titelverteidiger Berlin Volleys. In Bühl laufen derweil die Planungen für die kommende Saison.

Im Gespräch mit unserem Redaktionsmitglied Florian Konrad erläutert der Geschäftsführende Gesellschafter Achim Kammerer die Situation der Bisons und beleuchtet die Perspektiven für die Volleyball-Bundesliga.

Wie die deutsche Top-Liga in der Saison 2021/22 aussieht, ist momentan völlig offen. „Wir haben viele Wackelkandidaten“, sagt Kammerer mit Blick auf die schwierige wirtschaftliche Lage der Clubs.

Sportlich lässt sich das Abschneiden der Bisons Bühl in der Saison 2020/21 an den Ergebnissen ableiten. Wie sieht denn die wirtschaftliche Bilanz aus nach einem Spieljahr unter Pandemie-Bedingungen?
Kammerer

Die wirtschaftliche Bilanz ist relativ schwierig, weil insbesondere die Neu-Akquisition von Sponsoren quasi unmöglich war, nachdem sich abgezeichnet hat, dass wir keinerlei Spiele vor Publikum machen können. Bei einer Sportart, die nur online auf sporttotal.tv und in den lokalen Medien präsent ist, fehlt ein bisschen der Anreiz.

Dementsprechend sind wir mit einem konservativen Budget in die Runde gegangen, wir werden eine schwarze Null schreiben. Das war aber nicht das, was wir uns vor der Saison vorgestellt haben. Im Lauf der Saison hat uns auch die Corona-Sporthilfe geholfen.

Hätten die Bisons die Saison ohne diese Staatshilfen „überlebt“?
Kammerer

Ich behaupte, dass kein Verein in der Bundesliga überlebt hätte. Bei uns ist es im Vergleich zu anderen Sportarten nicht ganz so schlimm. Die Zuschauereinnahmen machen weniger aus, es ist aber noch ein zweistelliger Prozentsatz. Diese fehlenden Einnahmen, zu denen ja auch noch Catering und Merchandising zählen, wären ohne die Corona-Hilfen nicht auszugleichen gewesen.

In manchen Stadien und Hallen laufen Modellprojekte mit Zuschauern, in Berlin waren vor wenigen Tagen rund 800 Zuschauer in der Max-Schmeling-Halle. Rechnen Sie zum Start der kommenden Saison im Herbst wieder mit voll besetzten Rängen im Bühler Hexenkessel?
Kammerer

Ich würde es mir wünschen, glaube momentan aber nicht daran. Wir haben wie viele andere auch Hygienekonzepte ausgearbeitet und sind der Meinung, dass diese Konzepte auch in Hallen funktionieren – wenigstens mit 200 oder 300 Zuschauern. Dies ist uns nicht genehmigt worden.

Ich hoffe, dass solche Modellversuche wie in Berlin dafür sorgen, dass wir die Halle zumindest zu einem Drittel gefüllt bekommen zum Saisonstart, je nachdem wie sich die Themen Impfung und Pandemie weiterentwickeln.

Tauchen im Bühler Budget für die kommende Saison überhaupt Zuschauereinnahmen auf?
Kammerer

Da die Corona-Sporthilfe bis zum 31. Dezember verlängert wurde, wird es definitiv einen Posten Zuschauereinnahmen oder Kompensation durch Staatshilfen geben. Uns wäre natürlich lieber, wenn wieder Fans in der Halle sind. Das ist angenehmer als irgendein Zahlungseingang auf dem Girokonto.

Kürzlich weilten Sie zusammen mit Bisons-Manager Oliver Stolle bei einer Liga-Tagung in Frankfurt. Wie war denn dort die Grundstimmung?
Kammerer

Die Volleyball-Bundesliga steht wieder einmal vor einem Umbruch. Der Medienvertrag läuft aus und wir sind in einer Situation, in der sich die Frauen besser entwickelt haben als die Männer. Das muss man offen sagen. Das Produkt Frauen-Bundesliga ist momentan wesentlich attraktiver bei Medien und Sponsoren als die Männer-Bundesliga. Deshalb war ein großes Thema, wie wir die Attraktivität der Männer-Liga vorantreiben und den Sport einfach präsenter machen können.

Der Spartensender Sport 1 zeigt regelmäßig Volleyball-Spiele aus den höchsten deutschen Ligen live, dabei sind Übertragungen von Frauen-Spielen in der Mehrzahl. Woran liegt das konkret?
Kammerer

Das hängt mit Angebot und Nachfrage zusammen. Der Zuschauer möchte momentan lieber Frauen-Volleyball als Männer-Volleyball sehen. Das mag damit zusammenhängen, dass die Ballwechsel länger sind und es die Frauen-Bundesliga geschafft hat, sich besser zu vermarkten.

Die Männer-Bundesliga bestand in der aktuellen Saison nur aus elf Mannschaften, darunter der nicht konkurrenzfähige TSV Unterhaching und das Ausbildungsteam VCO Berlin, das nun turnusgemäß wieder ein Jahr in der Zweiten Liga spielt. Welche Perspektiven sehen Sie für die VBL?
Kammerer

Grundsätzlich muss man dazu sagen, dass das Projekt Unterhaching genauso wie das Projekt VCO Berlin von allen Bundesligisten getragen wird. Uns war von Saisonbeginn an bewusst, dass dies sportlich ein schwieriges Thema wird. Von den Plätzen neun bis eins ist der Abstand aber extrem gering.

Wir haben als Tabellenachter in den Play-offs knapp gegen den Ersten Friedrichshafen verloren, Giesen hätte durchaus auch Achter werden können. Dazu haben wir Berlin und den Pokalsieger Frankfurt geschlagen. Die Abstände, die es in den vergangenen Jahren zu den dominierenden Teams Berlin und Friedrichshafen gab, waren in dieser Saison nicht vorhanden.

Trotzdem schrumpft das Feld immer weiter…
Kammerer

Ja, wir hätten lieber 14 Mannschaften in der Liga. Das ist auch weiterhin Teil des Masterplans, weitere Zweitligisten zu überzeugen, dass ein Erstliga-Betrieb möglich ist. Insofern bin ich bedingt optimistisch, dass wir in den kommenden fünf Jahren noch zwei, drei weitere Bundesligisten motivieren.

Wie stehen Sie zu den Plänen der Berlin Volleys, die in die Elite-Liga in Polen streben?
Kammerer

Berlin muss natürlich trommeln. Sie haben ganz andere Ansprüche und mit Manager Kaweh Niroomand eine schillernde Persönlichkeit. Deren Anspruch kann nur sein, auch international die Nummer eins zu sein. Berlin legt ein anderes Tempo vor und zeigt den anderen Vereinen, wie man den Sport professionalisieren kann. Mit der Max-Schmeling-Halle gibt es auch andere Voraussetzungen als in Herrsching oder Bühl.

Dass die Berliner in einer polnischen Liga oder in einer europäischen Super-Liga spielen wollen, ist ganz klar. Die Frage ist: Wie ernst meinen sie es wirklich? In dieser Saison hat man gesehen, dass es hierzulande doch Konkurrenz gibt. Berlin hat einige Punkte liegen lassen, unter anderem in Bühl. Und im Pokal sind sie gegen die Netzhoppers KW gescheitert. Es ist nicht so, dass Berlin momentan die dominierende Mannschaft ist. Sie haben aber die mit Abstand beste Infrastruktur und die meisten hauptamtlichen Mitarbeiter in der Verwaltung.

Zurück ins beschauliche Bühl, wo die Verantwortung in erster Linie auf Ihren Schultern liegt. Mit Ihrem Unternehmen zählen Sie zu den Hauptsponsoren der Bisons. Können beziehungsweise wollen Sie den Club weiterhin in dieser Größenordnung unterstützen?
Kammerer

Erst einmal muss ich das relativieren. Die wichtigsten Personen im Verein sind sicherlich Manager Oliver Stolle und Teammanagerin Ina Schultz, ergänzt durch Julia Sedelmeyer und Christopher Heybach. Ich bin im Hintergrund und versuche, mein Engagement eher auf nationaler Ebene in der VBL einzubringen und halte mich aus dem operativen Geschäft ziemlich heraus.

Auf der anderen Seite blicken wir auf eine sehr lange Sponsoring-Aktivität im Volleyball zurück. Bevor wir uns bei den Bisons engagiert haben, waren wir lange beim TV Bühl in der Jugendabteilung, bei den Damen des USC Freiburg und beim nordbadischen Verband als Sponsor dabei. Wir sind dem Sport grundsätzlich treu. Wenn es in Bühl die Perspektive gibt, weiterhin Spitzen-Volleyball zu sehen, dann wird unsere Firmengruppe das Projekt unterstützen.

Wie kamen Sie eigentlich zum Volleyball? Und spielen Sie selbst aktiv?
Kammerer

Wie die meisten in Bühl über die Schule, damals über die Volleyball-AG bei Gerd Zaepernick. Es gab zwei Leute, die in Bühl massiv für den Volleyball geworben haben. Das war Dieter Habich an der Realschule und Gerd Zaepernick am Gymnasium. Ich habe immer nur in unteren Ligen gespielt und meine aktive Karriere dann vor zwei Jahren beendet.

nach oben Zurück zum Seitenanfang