Hobby-Schiedsrichter müssen sich jetzt mehr ins Zeug legen
Bislang reichte ein Ausdauerlauf, um die sportliche Eignung für die Leitung von unterklassigen Fußballspielen nachzuweisen. Jetzt müssen die Hobby-Referees auch ihre Sprintfähigkeiten zeigen.
Es sind keine leichten Zeiten für Fußball-Schiedsrichter. Zu den zunehmenden Anfeindungen auf den Plätzen und den schwierigen Begleitumständen im Corona-Spielbetrieb gesellten sich in diesem Sommer auch höhere Maßstäbe beim sportlichen Leistungstest. „Die Kriterien sind um einiges härter geworden“, berichtet Bernhard Zerr, Schiedsrichter-Obmann im Fußballbezirk Baden-Baden.
So müssen nun auch die Schiedsrichter unterhalb der Landesliga den sogenannten Helsen-Test absolvieren. Dieser sei sehr intensiv und beinhalte zahlreiche Sprints, erklärt Zerr.
Hohe Durchfallquote bei Prüfungen
„Das geht an die Substanz“, sagt der frühere Bundesliga-Referee, der in seiner Vorab-Einschätzung bei der Prüfung in seinem Heimatort Ottersweier bestätigt wurde.
„Die Durchfallquote lag bei 40 Prozent”, berichtet Zerr. Beim bislang üblichen Cooper-Test (einem Ausdauerlauf über zwölf Minuten) seien weniger durchgefallen. Für den Spielbetrieb habe dies zwar keine direkten Folgen, allerdings könne nur beobachtet werden und somit am Ende der Saison bei entsprechender Beurteilung aufsteigen, wer den Test bestanden hat.
Ein Nachholtermin ist kurz vor dem Start in den Bezirksligen Ende August/Anfang September geplant – wohl wieder in Ottersweier. Zerr ist der Gemeinde dankbar, dass dies dort unter den Corona-Auflagen möglich ist. „Es war enorm schwer, eine Anlage zu finden”, berichtet er von zahlreichen Absagen.
Wir mussten beim Neulingslehrgang die Bremse reinhauen.
Bernhard Zerr, Schiedsrichter-Obmann
Erfreulich war für Zerr die Resonanz beim online angebotenen Neulingslehrgang, für den sich 120 Kandidaten in ganz Südbaden, davon sechs im Bezirk Baden-Baden, meldeten. „Wir mussten sogar die Bremse reinhauen.“ Beim Winter-Lehrgang wurden im Bezirk Baden-Baden bereits 18 Neulinge ausgebildet.
Grund zur Freude gab es auch über einige Aufsteiger in überbezirkliche Ligen. Hinter dem Aushängeschild Daniel Schlager, der sich momentan auf seine dritte Saison in der Bundesliga vorbereitet, klafft allerdings eine Lücke bis zur sechstklassigen Verbandsliga.
In diese stieg Thomas Schillinger vom FC Obertsrot auf, während der zuletzt in der Oberliga pfeifende Luka Gille vom SV Sinzheim aus zeitlichen Gründen seine Karriere beendete. Absteiger gibt es nach dem Corona-bedingten Saisonabbruch wie auch im Amateur-Spielbetrieb nicht.
Rund 130 Referees an der Pfeife
Die aktuelle Anzahl an Schiedsrichtern im Bezirk liegt bei 216, die sich auf die Gruppen Rastatt (89), Baden-Baden (53) und Achern (74) aufteilen. Das bedeutet immerhin eine kleine Steigerung im Vergleich zum Vorjahr (212), nachdem die Zahlen zuvor rückläufig waren.
Allerdings sind nur rund 130 Schiedsrichter tatsächlich an der Pfeife aktiv oder als Beobachter im Einsatz. Probleme bereitet weiterhin die qualifizierte Besetzung von Partien der Kreisliga A.
Eine neue Struktur erhalten indes die Lehrabende in den drei Gruppen (Rastatt, Baden-Baden und Achern). Künftig soll es davon nur noch sieben geben, mit einer Dauer von maximal 90 Minuten.
In der Saison 2020/21 ist nach dem freiwilligen Ausscheiden von Luka Gille (SV Sinzheim) kein Schiedsrichter aus dem Fußballbezirk Baden-Baden mehr in der Oberliga vertreten. Die überbezirklich aktiven Referees aus dem Bezirk im Überblick.
Landesliga: Patrick Ernst (SV Sinzheim), Oliver Jacquemoth (SV Mörsch, Aufsteiger), Julian Jung (SV Weitenung, Aufsteiger), Ilker Kaya (SC Freiburg), Martin Klimm (VfB Bühl), Christian Rose (Frankonia Rastatt), Benedikt Lorenz (SV Ulm), Niklas Pfau (SV Oberachern, Aufsteiger), Michael Sattler (TSV Loffenau), Christian Schnurr (FSV Kappelrodeck-Waldulm)
Futsal Süddeutschland: Timo Horcher (FC Ottenhöfen)
Bundesliga B-Juniorinnen: Sina Gieringer (SV Sinzheim)
Die lange Pause scheint sich bei Fußballern und Schiedsrichtern auch in Regelfragen bemerkbar zu machen. Dies lassen zumindest zwei Fälle aus dem südbadischen Pokalwettbewerb vermuten.
Vor der Partie zwischen dem SV Sinzheim und dem SV Bühlertal wies der Schiedsrichter die beiden Vereine darauf hin, dass jeweils drei Auswechslungen möglich sind.
Und beim Auftritt des SV 08 Kuppenheim beim Kehler FV wollten die Gastgeber in der Schlussphase einen fünften Wechsel vornehmen, was der Schiedsrichterassistent verhinderte.
Dabei ist die Regel unverändert. Im südbadischen Amateurfußball sind weiterhin genau vier Wechsel pro Team erlaubt, egal ob in Liga oder Pokal. Auch sonst gibt es kaum Neuheiten im Regelwerk, wie Bezirkslehrwart Christian Rose berichtet. „Größere Änderungen kommen alle zwei Jahre“, weiß der Experte.
Nachdem sich Fußballer und Schiedsrichter im Sommer 2019 auf zahlreiche Neuerungen umstellen mussten, folgte nun lediglich eine kleine Anpassung der verschiedenen Paragrafen.
So wurde beispielsweise die mögliche Form von Torpfosten und Querlatte präzisiert – erlaubt ist nun auch eine Kombination aus quadratisch, rechteckig, rund und elliptisch.
Neu ist zudem, dass während des Spiels ausgesprochene Verwarnungen und Ermahnungen nicht auf das Elfmeterschießen übertragen werden. Eine Gelb-Rote Karte während des Elfmeterschießens ist also nicht möglich.
Ein Strafstoß, währenddessen der Torhüter gegen die Regeln verstößt, wird indes nur dann wiederholt, wenn das Vergehen eindeutig zu einem Fehlschuss des Schützen führt.
Die umstrittene Handspielregel wurde ebenfalls präzisiert, wobei eine Grauzone bleibt. Kein Handspiel liegt demnach vor, wenn der Ball den Bereich der Schulter berührt.
Ein erzieltes Tor bleibt gültig, wenn diesem ein Handspiel nicht unmittelbar vorausging (zum Beispiel bei einem Dribbling, einem folgenden langen Pass oder mehreren Ballkontakten zwischen Handspiel und Tor).
Verboten ist nun der sogenannte Abstoßtrick, bei dem der Torhüter bei einem Abstoß den Ball zum Mitspieler lupft und dieser den Ball mit der Brust oder dem Kopf zurückspielt, damit ihn der Torwart mit der Hand aufnehmen darf.