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Serie: Mittelbadische Sportgeschichten

Auf dem Illinger Sportplatz tummelten sich früher viele bekannte Namen

Der FC Illingen, der 1929 gegründet wurde, erlebte seinen 90. Geburtstag nicht mehr. Im Jahr 2018 wurde der Verein, aus dem etliche überdurchschnittliche Fußballer hervorgegangen sind, aufgelöst. Das FCI-Gelände beim Hochwasserdamm ist zu einem „Lost Place“ geworden, der bei ehemaligen Spielern freilich in guter Erinnerung geblieben ist.

Ein verlassener Ort: Seit die Fußballer des FC Illingen nach der Saison 2017/18 den Spielbetrieb eingestellt haben, geht auf dem ehemaligen Vereinsgelände nicht mehr viel.
Ein verlassener Ort: Seit die Fußballer des FC Illingen nach der Saison 2017/18 den Spielbetrieb eingestellt haben, geht auf dem ehemaligen Vereinsgelände nicht mehr viel. Foto: Daniel Merkel

Es gibt sie auch im Fußball – die sogenannten „Lost Places“. Orte, die nicht mehr in ihrem ursprünglichen Sinne genutzt werden, die aufgegeben wurden, die der Witterung und anderen äußeren Einflüssen preisgegeben sind.

Ein Beispiel im Fußballbezirk Baden-Baden ist die Anlage, auf der früher beim FC Illingen der Ball rollte. Seit einiger Zeit geht dort im Schatten des Hochwasserdammes nicht mehr viel.

Der 1929 gegründete Verein löste sich nach der Saison 2017/18 auf, seither sind auf dem verlassen daliegenden Platz allenfalls noch jugendliche Kicker am Werk. Mehr oder weniger ansehnliche Graffitis zieren die Wände des Clubhauses und der Unterstände am Spielfeldrand. „Rasenplatz – Betreten verboten“, heißt es auf einer Tafel, was Hundebesitzer aber nicht davon abhält, ihren Lieblingen freien Lauf zu lassen.

Vom Sportplatz auf die Aschenbahn

Ob die Umsiedlung des FV Rot-Weiß Elchesheim auf das ehemalige Gelände des untergegangenen Lokalrivalen zustande kommt, steht in den Sternen. Sicher ist, dass der Sportplatz des FC Illingen einige Fußballer gesehen hat, die es in ihrer Karriere zu etwas gebracht haben.

Allen voran Heinz Fütterer, der bei seinem Heimatverein FC Illingen als begabter Kicker galt, seine Schnelligkeit in den 1950er Jahren letztlich aber nicht auf dem Fußballfeld, sondern auf den Aschenbahnen dieser Welt unter Beweis stellte.

Der 100-Meter-Weltrekordler, Europameister, Sportler des Jahres und Gewinner der olympischen Bronzemedaille, der 2019 gestorben ist, betonte zu Lebzeiten stets, dass ihm das Training als Fußballer zu Beginn seiner Leichtathletik-Karriere zugutekam.

Valentin Herr machte Karriere in der Fußball-Bundesliga

Wie Fütterer ist auch Valentin Herr, Jahrgang 1957, ein waschechter Illinger, der sich auf internationalem Parkett bewährte. Zunächst war freilich der Illinger Sportplatz Herrs Revier. „Wir haben als Kinder jeden Tag, ja jede freie Minute, dort gebolzt“, sagt der ehemalige Bundesligaprofi.

„Und wenn Hochwasser war, haben wir Wasserball gespielt.“ Nach dem Intermezzo beim FC Rastatt 04 kehrte er Mitte der 1970er Jahre zum Stammverein zurück und trug maßgeblich dazu bei, dass der FC Illingen im oberen Drittel der Bezirksliga mitmischte.

Es stimmt mich schon traurig, wenn ich sehe, was aus meinem Heimatclub geworden ist.
Valentin Herr, ehemaliger Fußball-Profi

„Ich habe damals auf dem Gelände eine Sandgrube fürs Torwarttraining gebaut“, erinnert sich der 63-Jährige. Die Anstrengungen zahlten sich aus. Herr wechselte zum SV 08 Kuppenheim und von dort in die Bundesliga zu Bayer Leverkusen und Kickers Offenbach.

Außerdem avancierte er zum Stammtorhüter der deutschen Amateur-Nationalmannschaft. Beim Blick zurück kommt durchaus Wehmut auf. „Es stimmt mich schon traurig, wenn ich sehe, was aus meinem Heimatclub geworden ist.“

Ähnliche Empfindungen hat André Böttjer, der ein paar Hundert Meter vom Illinger Fußballplatz entfernt aufgewachsen ist und dort unzählige Stunden verbracht hat. Während Vater Herbert beim FC Illingen am Ball war, verfolgten die Söhne André und Timo vom Spielfeldrand aus das Geschehen.

Timo Böttjer zog es zu 1899 Hoffenheim

Klar, dass auch die Böttjer-Brüder zunächst für den FCI aktiv waren. Allerdings nur bis zur C-Jugend. André Böttjer, aktuell Spielausschussvorsitzender beim SV Au, schloss sich dem SV 08 Kuppenheim an und war dort viele Jahre lang, unter anderem in der Verbandsliga, eine tragende Säule.

Auch Timo Böttjer zog es nach einem Gastspiel in Mörsch in den Kuppenheimer Talentschuppen. Von dort wechselte er zum SC Freiburg, ehe er beim damaligen von Hansi Flick betreuten Regionalligisten 1899 Hoffenheim anheuerte. „Schade, dass es mit dem FC Illingen so weit gekommen ist“, sagt André Böttjer, der mit dem Vereinsgelände auch ganz persönliche Erinnerungen verbindet. „Im Clubhaus haben wir einst meine Kommunion gefeiert.“

Sven Baumann gewinnt den BNN/ABB-Torjägercup

Ein weiterer Ur-Illinger, der wusste, wo auf dem Sportplatz das Tor stand, ist Sven Baumann. Der Stürmer erzielte in der Saison 2001/02 an der Seite des ehemaligen Oberliga-Spielers Alfred Kary (FC Rastatt 04, VfB Gaggenau, SV Sandhausen) und des Ex-Profis Volker Beck (Stuttgarter Kickers) 43 Treffer für den FCI und gewann damit den BNN/ABB-Torjägercup.

Over: Aus und vorbei sind die Zeiten, als im Clubhaus des FC Illingen mehr oder weniger bekannte Fußballer verkehrten. Statt der Sportler sind mittlerweile die Sprayer aktiv.
Over: Aus und vorbei sind die Zeiten, als im Clubhaus des FC Illingen mehr oder weniger bekannte Fußballer verkehrten. Statt der Sportler sind mittlerweile die Sprayer aktiv. Foto: Daniel Merkel

Apropos Goalgetter: Sascha Benda, der sein Geld als Profi unter anderem beim Karlsruher SC II, FC Augsburg und bei den Stuttgarter Kickers verdiente, trug von 2010 bis 2014 das Illinger Trikot. Er war dabei, als in der Saison 2010/11 ein denkwürdiges Spiel auf dem Illinger Rasen ablief.

Unter Trainer Ralf Röhrig kämpfte der FCI im Duell der Kreisliga-B-Vizemeister gegen den SV Ulm um den Aufstieg in die Kreisliga A. Nach dem 1:0-Hinspielsieg in Ulm lag Illingen zu Hause nach einer halben Stunde bereits mit 4:1 in Führung, musste sich am Ende aber noch mit 4:5 geschlagen geben.

Aufgrund der mehr erzielten Auswärtstore ging es für Ulm nach oben. Der FC Illingen, 2013/14 in den Aufstiegsspielen gegen den FV Baden-Oos ein weiteres Mal gescheitert, blieb bis zu seiner Auflösung B-Kreisligist.

Letztes Punktspiel auf dem Illinger Platz gegen den Lokalrivalen

Das letzte Punktspiel auf dem Illinger Sportplatz fand am Sonntag, 27. Mai 2018, statt. Ganz unspektakulär unterlag der FCI der zweiten Garnitur des Nachbarn RW Elchesheim mit 1:3. Eine Woche später gab es am finalen Spieltag der Saison 2017/18 noch eine 3:5-Niederlage in Wintersdorf.

Ein knapp 90 Jahre währendes Kapitel regionaler Fußballgeschichte war damit beendet – und wo früher gestandene Fußballer ein und aus gingen, sind jetzt Sprayer aktiv, die am „Lost-Place-Clubhaus“ ihre markanten Farbspuren hinterlassen.

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