„Mehr Qualität, mehr Erfolg“ – so lautet die Überschrift des Strategiepapiers zur Zukunft des Frauenhandballs. Aufgesetzt hat das Maßnahmenpaket der Deutsche Handball-Bund (DHB). Die Ziele der Arbeitsgruppe Frauenhandball sind ehrgeizig. Und sie treffen offenbar nicht den Nerv zahlreicher Drittliga-Mannschaften. Diese fühlen sich – wie auch die TG 88 Pforzheim – im Stich gelassen.
Doch um was geht es konkret in dem Strategiepapier? Über allem steht das Ziel des DHB, eine „in der Weltspitze etablierte Nationalmannschaft“ zu stellen. Mittelfristig wolle man bei großen Turnieren so regelmäßig unter den besten acht Nationen landen.
Dazu bedarf es nach Ansicht der Arbeitsgruppe jedoch einer Reform der Ligastrukturierung. Der Deutsche Handball-Bund erwägt demnach eine Verkleinerung der Bundesliga auf zwölf Teams (zuletzt 16). Außerdem sollen eine zweigleisige Zweite Liga eingeführt und die Dritten Ligen, in der neben der TG 88 Pforzheim auch die SG Kappelwindeck/Steinbach spielt, mittelfristig abgeschafft werden.
Obendrein soll den Reservemannschaften der Bundesligisten erlaubt sein, in der Zweiten Liga den Ball zu werfen. Bislang durften die Zweitvertretungen höchstens in der Dritten Liga antreten.
DHB-Reform soll die Qualität der Bundesliga stärken
Ziel dieser Reform ist es, die Qualität der Bundesliga zu stärken, um die Vereine aus Deutschlands Eliteliga näher an die internationale Konkurrenz heranzuführen. Als Resultat soll dann auch die Qualität der Nationalmannschaft steigen – soweit die Theorie des DHB. Doch was bedeuten diese Maßnahmen für die TG 88 Pforzheim?
Bei einer derartigen Zentralisierung bricht es an der Basis weg.Arnold Manz, Trainer SG Kappelwindeck/Steinbach
Unter den Handball-Drittligisten regt sich Widerstand. Mit der SG Kappelwindeck/Steinbach hat bereits ein etablierter Verein das Strategiepapier hart kritisiert. „Das wäre kein guter Schritt. Bei einer derartigen Zentralisierung bricht es an der Basis weg“, vermutet SG-Coach Arnold Manz.
Die sich abzeichnende Entwicklung ist für ihn auch nicht im Sinne der Talente. „Es muss für sie eine Leistungsebene geben, wie jetzt in der dritthöchsten Klasse, die sich Dritte Liga und nicht nur Oberliga nennen darf und auf der sie sich entsprechend präsentieren können.“
Nicht zuletzt denkt der SG-Trainer auch an die Sponsoren. „Wenn du da mit der Dritten Bundesliga kommst, ist das etwas anderes als Oberliga“, meint er. Letztlich hofft Manz, dass die aktuell mehr als 60 Drittligisten genügend Gegenwind entfachen, um den DHB dazu zu bringen, die Inhalte des Strategiepapiers noch einmal zu überdenken.
TG 88 Pforzheim kritisiert Pläne
Auch in Pforzheim ist man mit der Reform nicht einverstanden. „Die Dritte Liga hat sich in den vergangenen Jahren gut eingespielt“, sagt Gabriele Kubik. Eine entscheidende Schwäche in der Reform sieht Pforzheims Co-Trainerin in der Tatsache, dass zukünftig auch Reserveteams in der Zweiten Liga mitmischen dürfen. „Wie will man da noch eine Chance haben, sich dort zu etablieren? Und welchen Anreiz hat dann die Oberliga noch?“, fragt sich Kubik.
Jeder muss bereit sein zu geben, damit der Frauenhandball insgesamt erfolgreicher werden kann.Axel Kromer, Vorsitzender Sport beim DHB
Der Sportvorstand des DHB, Axel Kromer, versucht diese Zweifel auszuräumen. „Das Ligen-System bleibt auch nach dem mittelfristigen Wegfall der Dritten Liga durchlässig, sodass weiterhin Mannschaften aus den Oberligen in die Zweite Liga aufsteigen können.“ Er ergänzt jedoch: „Jeder muss bereit sein, zu geben, damit der Frauenhandball insgesamt erfolgreicher werden kann.“
Mehr Nähe zu den Top-Teams für Talente
Was er damit meint, bleibt unklar. Gabriele Kubik hat dagegen so eine Vermutung. „Die Dritte Liga galt bislang als Sprungbrett für talentierte Nachwuchsspielerinnen. In der Oberliga zu spielen, ist bei Weitem nicht so interessant.“ Eine Folge dieser Entwicklung könne sein, dass die Zuschauer ausbleiben.
Eine Liga ohne Top-Spieler sei nicht mehr allzu attraktiv. Axel Kromer entgegnet: „Mit der Idee, künftig zweite Mannschaften auch in der Zweiten Liga spielen zu lassen, soll den Top-Talenten kommender Generationen mehr Nähe zu den Top-Teams, auch im Training, garantiert werden, um eine bessere Ausgangsbasis für die weitere Karriere zu schaffen.“
Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen.Matthias Schickle, Vorsitzender Sport bei der TG 88 Pforzheim
Matthias Schickle nennt das Projekt einen „Schlag ins Gesicht der Vereine, die sich in den letzten Jahren eine Basis aufgebaut haben“. Dabei räumt der TG-Vorsitzende Sport durchaus Verständnis für das Vorhaben des DHB ein. „Eine starke Zweite Liga als Plattform für eine noch stärkere Bundesliga ist bestimmt auch im Interesse der Erstligisten, die teilweise sehr, sehr gute Reserveteams haben.“
Dennoch hält Schickle die Abschaffung der Dritten Ligen nicht für das geeignete Mittel. Er rechnet damit, dass den DHB durchwachsene Rückmeldungen erreichen werden. Schließlich könnten auch etablierte Zweitligisten um ihre Rolle fürchten, wenn die beiden Staffeln mit Reserveteams der Erstligavereine gespickt würden. „Das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen“, glaubt Schickle.