Wenn Tim Stöhr von seinen ersten offiziellen Auftritten im Nationaltrikot berichtet, gerät der Volleyballer ins Schwärmen. „Du kannst Dir kein besseres Team wünschen als Polen”, sagt der 23-Jährige von den Bisons Bühl. Dass die beiden Tests gegen den amtierenden Weltmeister im schlesischen Zielona Gora verloren gingen, ist für Stöhr Nebensache. In der ersten Partie, die das deutsche Team mit 2:3 (25:18, 25:23, 17:25, 22:25, 10:15) verlor, kam er als Libero im dritten Satz auf das Spielfeld. Beim 1:3 (24:26, 16:25, 21:25, 27:25) im zweiten Duell absolvierte er die ersten beiden Durchgänge.
Gegen so ein Level habe ich noch nicht gespielt.Tim Stöhr, Volleyball-Nationalspieler
Eine gewisse Grundnervosität sei schon vorhanden gewesen, so Stöhr, denn: „Gegen so ein Level habe ich noch nicht gespielt.” Bleibenden Eindruck hinterließen auch die Begleitumstände der ersten internationalen Volleyball-Partien nach dem Corona-Stopp. In der Halle gab es zwar kein Publikum, doch bei der Live-Übertragung im Autokino herrschte großer Andrang der Fans, die nach dem Spiel vor der Halle den Kontakt zu ihren Stars suchten. Der Stellenwert des Volleyballs im östlichen Nachbarland, er sei vergleichbar mit jenem des Fußballs hierzulande. Entsprechend verdienen die Top-Spieler. „Da schluckst du schon, wenn du aus der Halle gehst und dort die Ferraris stehen”, sagt Stöhr, der sich über seine Lage aber keineswegs beklagen will und froh ist, in schwierigen Zeiten weiter in der Bundesliga unter Vertrag zu stehen.
Olympia 2024 in Paris im Fokus
Nach den positiven Rückmeldungen von Bundestrainer Andrea Giani, dessen Zukunft in diesem Amt offen ist, blickt Stöhr zuversichtlich auf die weiteren Herausforderungen mit der deutschen Auswahl. Unter dem Motto „Mission Paris 2024” liegt der Fokus auf den nächstmöglichen Olympischen Spielen, nachdem die Qualifikation für die verschobenen Spiele in Tokio verpasst wurde. Das Jahr 2021 bietet dennoch einige Bewährungschancen wie Nationenliga, Europameisterschaft oder die Universiade in China, bei der Stöhr als Sportmanagement-Student mitwirken dürfte.
Die Wochen im Trainingslager in Kienbaum und nun das Länderspieldebüt, sie machen Stöhr selbstbewusst im Rennen um die Libero-Position, auf der momentan Julian Zenger vom Meister Berlin Volleys vorne liegt. „Ich versuche, es ihm streitig zu machen. Man gibt sich selten mit dem zweiten Platz zufrieden.” Dies soll zunächst über starke Leistungen im Verein gelingen. Nach einigen Tagen bei seinen Eltern in der Heimat, Villingendorf bei Rottweil, bereitet er sich nun auf die Rückkehr ins Mannschaftstraining am 17. August vor.
Wechsel auf die alte Position
Seit 2016 in Bühl, ist Stöhr der dienstälteste Bison. Im Club wechselt er im Sommer zurück auf seine gelernte Position Außenangreifer, während er im Nationalteam weiterhin als Libero eingeplant ist. Für den Bundestrainer sei das kein Problem, berichtet Stöhr, ohnehin gebe es viele Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Rollen. „Außenangreifer macht mir aber mehr Spaß”, freut sich Stöhr, der im Herbst 2018 vom Bühler Ex-Coach Ruben Wolochin nach der Verletzung von Tomas Ruiz zum Libero gemacht wurde, auf die Rückkehr in den Angriff.
Auf den Spuren von Prolingheuer und Sossenheimer
Stöhr ist indes nicht das erste deutsche Talent, das in Bühl zum Nationalspieler gereift ist. Bereits Marvin Prolingheuer (Debüt 2014) und David Sossenheimer (2016) gingen diesen Weg, während Björn Höhne zur Saison 2013/14 bereits als Auswahlakteur nach Bühl kam. Bisons-Manager Oliver Stolle ist glücklich darüber, dass nun Tim Stöhr diese Reihe fortsetzt. „Für uns ist das eine tolle Werbung”, sagt Stolle, der Stöhrs Auftritte im TV verfolgte. „Es freut mich, dass er es geschafft hat. Es waren zwar nur Vorbereitungsspiele, aber er hat einen sehr guten Job gemacht.”