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Motoball-Cup startet

Vollblut-Motoballer haben Benzin im Blut: Zwei Jungs erzählen von ihrer Leidenschaft

Wie kommt man dazu, auf einem Motorrad einem Ball hinterher zu jagen? Zwei Motoballer erzählen, weshalb sie für die Randsportart brennen und warum viele Fußballer kapitulieren würden.

Portrait: Alexander Kleinbichler (Malsch) und Manuel Fitterer (Mörsch) (li).

GES/ Motorsport/ Motoball: 13.08.2020
Benzin im Blut: Manuel Fitterer (links) von Taifun Mörsch und Alexander Kleinbichler vom MSC Malsch sind Vollblut-Motoballer. An diesem Samstag treffen sie mit ihren Teams aufeinander. Foto: Oliver Hurst/GES

Nein, in der Luft liegt ausnahmsweise kein Benzingeruch und statt dröhnenden Motoren hört man nur zwitschernde Vögel. Dass dieses Asphalt-Spielfeld gewissermaßen ihr Arbeitsplatz ist, die Maschinen in der Garage und die überdimensionierten Fußbälle daneben ihr Handwerkszeug, sieht man den beiden jungen Männern nicht an. Manuel Fitterer und Alexander Kleinbichler sind an diesem Vormittag in Zivil gekommen: ohne Helm, ohne Stiefel, ohne Trikot. Auf den ersten Blick zwei ganz normale junge Männer um die 30, schlank, durchtrainiert, sportlich-leger gekleidet.

Und doch weicht ihre liebste Freizeitbeschäftigung von der Norm ab. Sie jagen zwar wie Millionen andere Deutsche auch einem Ball hinterher und versuchen, diesen in ein Tor zu befördern, doch sie tun dies auf Motorrädern statt auf zwei Beinen.

Warum Motoball? Fitterer genügen zwei Worte. „Action pur”, sagt er mit leuchtenden Augen. Ein bisschen spektakulärer als Fußball sei der Sport schon, findet Kleinbichler. Allein wenn der Benzingeruch in der Luft liege, bekomme er Lust zu spielen.

Erinnerungen an ein Mörscher Derby

Die Vorfreude, mit ihren Maschinen im Wettkampf-Modus übers Feld zu brettern, die sei groß, versichern die beiden. Und an diesem Samstag wird sie erstmals seit zehn Monaten wieder gestillt. Der Motoball-Cup, eine Art Ersatz für die abgesagte Saison, beginnt. Kleinbichler vom MSC Malsch und Fitterer von Taifun Mörsch sind dann Gegner.

Wieder einmal. Die Wege der beiden haben sich schon so manches Mal gekreuzt. Ein Duell fällt Kleinbichler direkt ein. Fitterer ahnt: „Ach ja, das Derby, die Geschichte kenne ich.” Taifun gegen den Nachbarn 1. MSC Mörsch, der inzwischen schon seit Jahren nicht mehr am Spielbetrieb teilnimmt. Dem damaligen Teenager Kleinbichler gelingt mit dem Underdog die Sensation, 3:2 gegen den Rekordmeister. 2010 könnte das gewesen sein, schätzen die beiden.

Fitterer und Kleinbichler haben schon früh Benzin im Blut

Damals haben Fitterer, heute 33, und Kleinbichler, 27, schon längst Benzin im Blut. Doch wie wird man überhaupt Motoballer? Die Geschichten der beiden aus Mörsch stammenden Männer ähneln sich. Beide kommen als Kinder früh – der Familie sei Dank – mit der in der Region verwurzelten Randsportart in Kontakt und finden bei ihr das, was ihnen zuvor der Fußball nicht geben konnte: den besonderen Kick. Von den schnellen, wendigen Maschinen fasziniert, reicht ihnen bald die Rolle als Zuschauer, Balljunge oder Platzwart-Gehilfe nicht mehr. Sie geben selbst Gas – manchmal auch zu viel. „Ich hatte häufig Ärger mit einem Mechaniker, weil ich wie verrückt rumgerast bin”, erinnert sich Fitterer und lacht.

Auch Kleinbichler wird schon in jungen Jahren vom PS-Fieber gepackt. „Mit 15 durfte ich ja eigentlich noch nicht Motorrad fahren, aber da ging das”, sagt er. Nach dem Einstieg bei Taifun zieht es ihn später zum Mörscher Nachbarn, inzwischen schnürt er nach einem Intermezzo bei Comet Durmersheim für den MSC Malsch die Stiefel.

Nach einer Schlammschlacht dauert die Reinigung bis zu drei Stunden

Für ihren Sport brennen die beiden noch immer. Die vielen Stunden, die sie Woche für Woche auf dem Platz und in der Werkstatt verbringen, für Fitterer und Kleinbichler ist es keine verlorene Zeit. Regelmäßig gilt es, die 44 PS starken Maschinen zu warten und zu reinigen – nach einer Schlammschlacht auch schon mal drei Stunden lang. Und auch auf dem Feld ist das Motoballer-Dasein mitunter kein Zuckerschlecken. Halsbrecherische Manöver und heftige Stürze sind keine Seltenheit.

Taifun-Urgestein Fitterer, zweimaliger Europameister mit dem Nationalteam, fällt ein Duell mit Frankreich ein, EM 2013 in Neuville, Tausende von Zuschauern stehen am Rand. Bei der obligatorischen Ehrenrunde nach dem Spiel werden die deutschen Spieler mit Splitt beworfen. „Als ob es regnen würde, haben wir auf unseren Helmen die Steine einschlagen hören”, erzählt er.

Einige Fußballer würden das wahrscheinlich gar nicht durchhalten.
Manuel Fitterer, Motoballer von Taifun Mörsch

Die Regel ist das nicht. Aber wer im Trikot aufs Motorrad steigt, weiß, was ihn erwarten kann. „Mut braucht man schon”, sagt Kleinbichler. Und mitunter ein dickes Fell. Den einen oder anderen Spruch müsse man auf dem Platz schon einstecken, berichten die beiden Motoballer. Und manchmal auch daneben. „Es wird von vielen belächelt”, sagt Fitterer und schaltet in den Kampf-Modus: „Aber da gibt es nichts zu belächeln, das ist harte körperliche Arbeit.”

Die Hitze unter der Kluft, das Adrenalin, die 100 Kilo schweren Maschinen, die teilweise mit Muskelkraft gewendet werden müssen. „Einige Fußballer würden das wahrscheinlich gar nicht durchhalten”, glaubt er und verweist auf eine durchschnittliche Herzfrequenz von 175. „Im Spitzenspiel geht die auch schon mal hoch bis auf 205 oder 210.”

Fußball auf Motorrädern? Passt, aber „verrät nicht alles”

In den kommenden Wochen wird der Puls von Fitterer und Kleinbichler wieder häufiger rasen. Wenn es in den Motoball-Hochburgen in der Region dröhnt und nach Benzin stinkt, sind die beiden in ihrem Element. Dass sie gewissermaßen Fußball auf Motorrädern spielen, haben sie nie bereut. Die Umschreibung passe ganz gut, finden Kleinbichler und Fitterer. Letzterem ist es aber wichtig zu ergänzen: „Sie verrät nicht alles, was da geboten wird.”

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