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Kampf um Talente

Wie der KSC oder Hoffenheim um talentierte Fußballer wie Yasin Avci vom FC Busenbach buhlen

Yasin Avci von den D-Junioren des FC Busenbach hat in 19 Spielen 30 Tore erzielt. Zur nächsten Saison wechselt das Talent ins Hoffenheimer Nachwuchsleistungszentrum. Warum der ebenfalls interessierte KSC leer ausgeht.

Yasin Avci
Von der U12 des FC Busenbach in die U13 der TSG Hoffenheim wechselt zur kommenden Saison Yasin Avci aus Mutschelbach. Er erzielte in dieser Saison bereits 30 Tore in 19 Spielen. Foto: Foto: Artur Montanhas

Eine gewisse „Brisanz“ mochte Edmund Becker dem für diesen Samstag terminierten Punktspiel der D-Junioren-Kreisliga zwischen der U12 des Karlsruher SC und den gleichaltrigen Jungs des FC Busenbach nicht absprechen. „Da sind Emotionen im Spiel, aber mehr außen als auf dem Feld“, hatte der Leiter des KSC-Nachwuchsleistungszentrums prognostiziert. Doch zu dem brisanten Duell des gastgebenden Spitzenreiters mit dem Tabellenvierten wird es nun doch nicht kommen: Der FC Busenbach sagte die Partie kurzfristig ab.

„Wir hätten kein Team zusammenbekommen“, erklärt FCB-Jugendleiter Ralf Bochat, „zwei Spieler sind verletzt und sechs haben keine Lust nach den Vorkommnissen in der Vergangenheit. Wir wollen Ärger aus dem Weg gehen und keinen Stress.“ Hintergrund: Der KSC habe im Winter zu einigen FCB-Talenten Kontakt aufgenommen, ohne den Verein einzubinden, und Unruhe in die Mannschaft gebracht, so die Klage aus Waldbronn.

KSC und Busenbach machen sich gegenseitig Vorwürfe

Die Verantwortlichen im Jugendfußball beider Vereine machen sich wegen der praktizierten Methoden und des Umgangs miteinander gegenseitig Vorwürfe.

Die Dissonanzen lassen sich indirekt an zwei hoffnungsvollen Talenten festmachen, die ehedem beide beim TSV Reichenbach kickten: Tim Stoll, der inzwischen das KSC-Trikot trägt, und Yasin Avci, der in dieser Saison in 19 Spielen bereits 30 Tore für den FC Busenbach geschossen hat und der zur kommenden Runde zur U13 der TSG Hoffenheim wechseln wird. Und eben nicht zum KSC.

Lob für die Nachwuchsabteilung der TSG Hoffenheim

Artur Montanhas, Entdecker von Avci, langjähriger Nachwuchsmäzen des ATSV Mutschelbach, dann des TSV Reichenbach und aktuell des FC Busenbach, bei dem er auch als Teammanager der U12 firmiert, bezichtigt die KSC-Nachwuchsabteilung der „Arroganz“, mangelnden „Fingerspitzengefühls“, wenig qualifizierten Personals und der Werte-Missachtung: „Die führen sich auf, als wären sie Real Madrid.“

Im Vergleich dazu sei der Umgang der TSG Hoffenheim mit Talenten, deren Eltern und bisherigen Vereinen von großem Respekt und Einfühlungsvermögen geprägt. „Die haben sich bei Yasin schon vier Jahre lang korrekt, werteorientiert und wertschätzend bemüht.“

Becker weist die Vorwürfe entschieden zurück. Für die Mitarbeiter im NLZ ist Montanhas ein Selbstdarsteller, der realitätsfern den FC Busenbach wie davor den TSV Reichenbach im Kinderfußball „auf Augenhöhe“ mit dem KSC sehen wolle. „Das ist für uns nicht akzeptabel“, sagt Fußballlehrer Becker.

Aufgrund eines früheren Zerwürfnisses, als Montanhas sich noch in Reichenbach engagierte, sieht Becker den Disput als persönliche Geschichte: „Er hat eine Aversion gegen mich, seit wir die Partnerschaft mit Reichenbach haben ruhen lassen.“ Grund sei damals schon gewesen, dass Montanhas „alles bestimmen“ wollte. Vor diesem Hintergrund, so Michael Bischof, der Sportliche Leiter des NLZ, habe Montanhas auch die KSC-Anfragen zu Yasin Avci „abgeschmettert.“

Über das Perspektivteam fix in die Mannschaft

Der auch im Profifußball gut vernetzte Finanzexperte Montanhas aus Mutschelbach glaubt, dass der kommende „Jahrhundertfußballer“ Avci in der TSG Hoffenheim den perfekten Verein auf dem Weg zu einer womöglich großen Karriere gefunden habe.

Welches Juwel die Kraichgauer dank Überzeugungsarbeit gewonnen haben, wissen die Hoffenheimer spätestens seit der laufenden Saison aus eigener Anschauung. Denn Avci gehört bereits dem TSG-Perspektivteam an, dessen Talente einmal pro Woche in Hoffenheim trainieren, bei ihren Heimatvereinen aber weiterhin spielen. Sie dürfen auch bei Turnieren im fremden Trikot auflaufen, wie es Avci unter anderem bei einem internationalen Turnier in Berlin getan hat. Dabei sei er als einziger Hoffenheimer ins Allstar-Team gewählt worden.

Dass Profivereine ihre Scouts schon Achtjährige beobachten lassen und die Eltern und Trainer die ihnen aufgefallenen Talente dann kontaktieren, ist gang und gäbe. Nicht nur Montanhas sieht diese Praxis kritisch. Rainer Scharinger, badischer Verbandssportlehrer und Ex-Trainer des KSC, meint: „Ich bin ein großer Freund davon, dass Kinder sehr lange bei ihrer Familie, den Freunden und in ihrem Heimatverein bleiben.“ Im Einzelfall könne aber auch ein früherer Wechsel Sinn machen.

Praktiken im Kindesalter kritisch bewertet

Auch Becker hat mit den Praktiken bei den Jüngsten Probleme: „Die Kinder so früh anzusprechen, ist schon grenzwertig. Aber beim Kampf um Talente wird keine Rücksicht genommen. Wir müssen diesen Weg mitgehen.“ Würde der KSC erst bei der U12 aktiv und nicht schon bei den Acht-, Neunjährigen, hätten Hoffenheim, Stuttgart, Mainz oder Freiburg die hoffnungsvollsten Talente aus der Karlsruher Region bereits zu sich geholt.

Bischof erklärt den normalen Ablauf: „Wenn uns ein Spieler auffällt, schnüren wir einen Erstkontakt, danach führen wir mit den Eltern und den Vereinen Gespräche und laden zum Probetraining ein.“ Wie in Hoffenheim können die talentiertesten Kids dann in einem Perspektivteam erst mal beim KSC reinschnuppern.

Das sei auch für die Eltern wichtig, die eine Ahnung davon bekämen, welcher organisatorische Aufwand bei fünfmaligem Training pro Woche auf sie zukommen würde, meint Becker. Im Fall von Yasin Avci würden dessen Eltern laut Montanhas übrigens entlastet, denn die TSG richtet einen Shuttle ein nach Karlsbad, wo der Junge auch weiterhin das Langensteinbacher Gymnasium besucht.

KSC setzt Talent ohne Pflichtspielfreigabe ein

Regelmäßig ins KSC-Grundlagentraining kommt seit einigen Wochen Comette Nguegoue, der bis zur Winterpause für die Busenbacher U12 kickte. Der KSC soll dem Kind und dessen vor einigen Jahren aus Kamerun geflüchteten Eltern den Wechsel in den Wildpark schmackhaft gemacht haben – zum Ärger der düpierten Busenbacher, die den Elfjährigen daraufhin durch den Badischen Fußball-Verband (bfv) für sechs Monate sperren ließen. Nguegoue darf seither nur beim KSC trainieren und in Testspielen eingesetzt werden.

Trotz der Sperre für offizielle Partien ließ ihn der KSC beim Duell mit der U12 des FSV Mainz im Rahmen der NLZ-Sonderspielrunde am 7. Mai aber mitkicken. Montanhas zeigte diesen Regelverstoß beim DFB und beim bfv an, der auf die Eingabe nun reagieren muss. „Es könnte sein, dass der Spieler nachträglich gesperrt wird“, sagt Felix Wiedemann vom bfv und betont: „Mir ist nichts davon bekannt, dass sich der KSC im Normalfall nicht an die Spielregeln hält.“ Becker gibt zu: „Den Jungen eingesetzt zu haben, war vielleicht nicht so optimal. Aber sie wollen halt alle kicken.“

Der Aderlass bei der Busenbacher U12 ist derweil erheblich. „Leider bleibt unsere Mannschaft nicht zusammen, weil der KSC in der Winterpause Stress reingebracht hat“, sagt Montanhas. Außer Avci und Nguegoue verlassen zwei weitere Talente den Kreisligisten, sie wechseln zu Astoria Walldorf.

Das Hinspiel am 2. November hat der FCB gegen den KSC übrigens mit 2:1 gewonnen. Torschütze zum 1:0: Yasin Avci.

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