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Meinung

von Thomas Liebscher

Liebschers Rückpass

Wenn kleine Gastgeberländer weit kommen, steckt manchmal eine Pfeife dahinter

Einen Titel hat Katar bei der Fußball-WM schon errungen: sportlich schlechtester Gastgeber der Geschichte. Aber wie sieht das andere Extrem aus?

Bildnummer: 00699566  Datum: 18.06.2002  Copyright: imago/PanoramiC
Francesco Totti (li., Italien) bekommt von Schiedsrichter Bryon Moreno (3.v.li., Ecuador) die gelbe Karte, daneben versuchen Angelo Di Livio (2.v.li., Italien) und Sang-Chul Yoo (re., Korea) die Entscheidung zu beeinflussen; Südkorea - Italien 2:1 n.V., Vdig, quer, Schiri, Referee, Unparteiischer, Gelb, fassungslos, Fassungslosigkeit Weltmeisterschaft 2002, Länderspiel, Achtelfinale, Nationalmannschaft, Nationalteam, Nationaltrikot Daejeon WorldCupStadium Fußball WM Herren Mannschaft Südkorea Gruppenbild Aktion Personen
Fassungslos: Francesco Totti (Italien) bekommt 2002 im Achtelfinale gegen Südkorea von Schiedsrichter Bryon Moreno die Gelbe Karte. Foto: imago images

FIFA-Präsident Gianni Infantino spricht, wie Populisten und Diktatoren, gern in Superlativen. Der Fußball-Boss prahlte völlig sinnfrei vor dem ersten Ballkontakt in Katar, das werde das beste Turnier aller Zeiten.

Hätte er wenigstens vorhergesagt, man erlebe den sportlich schlechtesten Gastgeber aller Zeiten: Auf maximal drei Punkte kann Katars Team noch kommen. Sofern die Niederländer besiegt würden.

Südafrika holte als Heimmannschaft 2010 vier Punkte, bezwang Frankreich zum Abschluss der Gruppenphase und scheiterte nur wegen des Torverhältnisses.

Schweden, Chile und Südkorea überraschen als Gastgeber

Auf der anderen Seite gibt es in der WM-Geschichte drei Gastgeber, die nicht zu den Fußball-Großmächten gehören und über ihre Verhältnisse erfolgreich waren. Unter die ersten vier Mannschaften schafften es 1958 Schweden, 1962 Chile und 2002 Südkorea. Unterstützung von internationalen „Heimschiedsrichtern“ gab es dafür durchaus.

Allerdings trieben es neuzeitliche Pfeifenmänner nicht so schlimm wie der Schwede Ivan Henning Hjalmar Eklind 1934. Weil er im Halbfinale die heimischen Italiener wunderbar unterstützt hatte und sich mit Diktator Benito Mussolini bestens verstand, durfte er gleich noch im Endspiel mithelfen, die – spielerisch starken – Azzurri zum Titel zu schieben.

Obwohl 1958 das schwedische Team von Sieg zu Sieg eilte, war ihr Stadion ihn Stockholm nur mäßig gefüllt. Dafür übernahmen Einpeitscher mit Megaphonen die Anfeuerung des Heimteams. Zum Halbfinale gegen Titelverteidiger Deutschland durften sogar die Stadionmikrophone für die Heja-Sverige-Rufe benutzt werden. Zudem verlegten die Organisatoren das Spiel plötzlich nach Göteborg, damit der Gegner das Quartier wechseln musste. Schweden erreichte wie gewünscht das Endspiel, dann erst stoppte Brasilien den nordischen Lauf.

Übers brutalste WM-Spiel zum vierten Platz

„Holzerei, Boxkampf, brutalstes WM-Spiel der Geschichte bis heute“ – so wird die Begegnung Chile gegen Italien 1962 beschrieben. Das Heimteam setzte sich, dank Platzverweisen nur für Italiener, mit 2:0 durch und erreichte das Viertelfinale. Dort wurde Europameister Sowjetunion vor 17.000 Zuschauern auf Holztribünen in der Wüstenstadt Arica mit 2:0 besiegt. Und Chile bejubelte später den dritten Platz bei den Titelkämpfen.

Auf Rang vier schaffte es Südkorea 2002. Bei den Erfolgen über Italien und Spanien in den K.-o.-Runden galten die Schiedsrichter bei den unterlegenen Nationen als zwölfter Mann des Heimteams. Wieder einmal.

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