Wir schreiben das WM-Jahr 1974. Ich bin 15 und will live dabei sein. Doch in der ersten Finalrunde spielt die Schön-Truppe in Berlin und Hamburg.
Außer Reichweite für ein Puber-Tier aus dem Ruhrgebiet, das nur über einen störrischen Drahtesel gebietet.
Doch Hoeneß, Müller und Co, so sind sich alle sicher, werden die Vorrundengegner Chile, Australien und DDR genüsslich vernaschen. Als Gruppensieger spielt die BRD dann in Gelsenkirchen, nur einen Kohlebrikettwurf vom 15-Jährigen entfernt. Ab ins Reisebüro zum Karten-Vorverkauf.
Westler haben ihr Ticket vertickt
Wir schreiben den 22. Juni 1974. In der 77. Minute schlägt DDR-Stürmer Jürgen Sparwasser gegen den „Klassenfeind“ zu. 0:1 Niederlage, nur Zweiter. Statt BRD nun DDR in Gelsenkirchen, Gegner: die Niederlande. Der frustrierte 15-Jährige spart nicht mit Rotz und Wasser, reist trotzdem am 30. Juni an. Immerhin ein WM-Spiel. Im eigenen Land.
Die Ränge des Parkstadions sind vorwiegend orange. Die niederländische Grenze ist nur einige Gouda-Räder entfernt. Viele Westler haben ihr Ticket vertickt, für die Ostler ist ein Mini-Block reserviert. Die Niederlande blasen die DDR mit 2:0 furchterregend vom Platz. Nur gut, dass wir nicht schon in Gelsenkirchen auf Johan Cruyff und Konsorten gestoßen sind. Wer weiß, ob die Fußballgötter dort so spendabel zu uns gewesen wären, wie die im Finale über München.