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Polarlichter und Geirangerfjord

Warum sich eine Reise auf der norwegischen Postschiffroute auch in der kalten Jahreszeit lohnt

Der Weg ist das Ziel: Die Reise mit der MS Havila Pollux an der Küste Norwegens ist keine typische Kreuzfahrt. Ein besonderes Highlight der Fahrt gibt es nur im Dunkeln zu bestaunen.

Schiff im Fjord
Die Havila-Schiffe sind klein genug, um durch enge Fjorde fahren zu können – zum Beispiel durch den Geirangerfjord, ein Weltnaturerbe. Foto: Marius Beck Dahle

Beinahe lautlos gleitet die MS Havila Pollux am Rand des Europäischen Nordmeers vorbei an der felsigen und bergigen Küste Norwegens. Im Vergleich zu vielen anderen Kreuzfahrtschiffen ist die Pollux klein.

179 Kabinen für bis zu 640 Passagiere, sechs für die Besucher zugängliche Decks, zwei Whirlpools, Sauna, zwei Fitnessräume, Restaurants, Café, Bar, Shop, Lounges. Mehr braucht es auch nicht. Denn hier ist der Weg das Ziel – und zwar von morgens bis abends.

An den großen Fenstern zieht die wunderschöne norwegische Landschaft vorbei. Ab und zu sind mal Siedlungen zu sehen, mit den für Norwegen typischen bunten Häusern. Manchmal sind es größere Orte, zum Beispiel Ørnes.

Neben Passagieren ist auch Ware an Bord der Pollux

In der Ortschaft in der Provinz Nordland liegt einer der 34 Häfen, die die Pollux auf ihrer Route von Bergen an der Südwestküste bis Kirkenes in Nord-Norwegen anfährt. Aufenthalt in Ørnes: knappe zehn Minuten.

Postschiff-Fahne, im Hintergrund eine Ortschaft und Berge.
Nach einem kurzen Halt in Ørnes, auf dem Waren entladen wurden, macht sich die Pollux weiter auf den Weg Richtung Bodø. Foto: Lara Teschers

Hier wird nur Ware verladen. Denn die Pollux ist kein normales Kreuzfahrtschiff, sondern ein Postschiff. Sie beliefert Ortschaften, die leichter über See als über Land zu erreichen sind. Post ist das meist nicht – so stehen bei dieser Fahrt Mitte November unter anderem mehrere Paletten Streusalz im Frachtraum.

Viele Häfen fährt die Pollux nachts an, die Gäste bekommen das kaum mit. Den ersten längeren Aufenthalt nach dem Start in Bergen hat das Postschiff am nächsten Morgen: In Ålesund bleibt es beinahe den ganzen Tag im Hafen. Genug Zeit für die Urlauber, auf einen Katamaran umzusteigen und den Geirangerfjord zu erkunden.

Der erste Ausflug führt in den bekannten Geirangerfjord

Drei Stunden dauert die Fahrt von Ålesund ans Ende des Fjords, nach Geiranger. Auch hier ist der Weg das Ziel.

Der Geirangerfjord wurde im Jahr 2005 zum Unesco-Weltnaturerbe ernannt. Er ist 15 Kilometer lang und um dorthin zu kommen, muss der Katamaran zuerst mehr als 100 Kilometer andere Fjorde durchqueren.

Am Anfang sind noch ab und zu Orte und Siedlungen zu sehen. Je weiter der Katamaran in die Fjorde hineinfährt, umso beeindruckender wird die Natur.

Die Berge links und rechts sind steil, zwischen unzähligen Bäumen stehen einzelne Häuser – teils so weit oben, dass sie kaum zu erkennen sind. Felsige, mit Schnee bedeckte Berggipfel sind in der Ferne zu erkennen. Mit der Zeit kommen sie näher.

Kleiner Leuchtturm und weißes Haus am Rande des Fjords.
Hier soll angeblich die letzte Hexenverbrennung Norwegens stattgefunden haben. Foto: Lara Teschers

Während die Teilnehmenden im Fahrtwind oben auf dem Deck stehen, bekommen sie von zwei Fjord-Rangerinnen Informationen zu dem, was sie da gerade sehen. Hier zum Beispiel, nah am Wasser, bei dem kleinen Leuchtturm, steht ein weißes Haus. Dort habe die letzte Hexenverbrennung Norwegens stattgefunden, berichtet Fjord-Rangerin Merete.

Eine halbe Stunde bevor der Katamaran in Geiranger anlegt, kommt er vorbei an den bekannten Wasserfällen „Die sieben Schwestern“. Die sieben etwa 250 Meter hohen, eher dünnen Wasserfälle sind je nach Schneeschmelze und Niederschlag mal besser, mal schlechter auszumachen.

Wasserfall, davor Leute, die ihn fotografieren
Beliebtes Fotomotiv: Der Wasserfall „Der Freier“ befindet sich gegenüber von den Wasserfällen „Die sieben Schwestern“. Foto: Lara Teschers

Mitte November sind vier zu sehen, die anderen nur zu erahnen. Der gegenüberliegende Wasserfall „Der Freier“ hingegen ist nicht zu übersehen. Laut einer Sage soll er sein Glück nacheinander bei den sieben unverheirateten Schwestern versucht haben – vergeblich.

Geiranger ist ein kleines Örtchen mit wenigen hundert Einwohnern. Im Sommer ist hier viel los, außerhalb der Saison wirkt der Ort fast verlassen. Von einer Aussichtsplattform haben die Besucherinnen und Besucher einen tollen Blick über den Fjord, die Berge und den Ort. Ein Wasserfall führt hinunter ins Tal, Treppenstufen begleiten ihn.

In den Sommermonaten fährt die Pollux selbst in den Fjord hinein, der 600 bis 1.300 Meter eng ist. Die Regierung erlaubt die Einfahrt in den Geirangerfjord ab 2026 wegen der starken Luftverschmutzung nur noch Fähren und Kreuzfahrtschiffen, die diese Fahrt emissionsfrei bewältigen können.

Die Havila-Schiffe können im reinen Batteriebetrieb fahren

Dazu zählen auch die vier Havila-Schiffe: Pollux, Capella, Castor und Polaris. In ihnen sind Batterien mit einer Kapazität von 6,1 Megawattstunden verbaut. So können sie vier Stunden lang im fast lautlosen Elektrobetrieb fahren.

Zudem werden die Schiffe mit Erdgas (LNG) betrieben – meist im Hybridmodus. Das Ziel ist, durch Beimischung von Biogas nach und nach die CO2-Emissionen weiter zu senken.

Die Pollux ist das neueste der vier Schiffe. Erst im Sommer dieses Jahres ist es zum ersten Mal eingesetzt worden. Das erste Havila-Postschiff ist seit 2021 unterwegs.

Die Castor, ein Schwesterschiff der Pollux, fährt durch den Geirangerfjord. Im Hintergrund sind die bekannten Wasserfälle „Die sieben Schwestern“ zu sehen.
Die Castor, ein Schwesterschiff der Pollux, fährt durch den Geirangerfjord. Im Hintergrund sind die bekannten Wasserfälle „Die sieben Schwestern“ zu sehen. Foto: Marius Beck Dahle

Norwegen hatte die Postschiffroute neu ausgeschrieben, weil es seit der Fusion zweier Reedereien nur noch einen Anbieter gab. Nun teilen sich die beiden Reedereien Havila Kystruten und Hurtigruten die Route.

Nach Ålesund heißt der nächste längere Stopp Trondheim. In der beliebten Stadt – der drittgrößten des Landes – ist der Aufenthalt kurz, mittags geht es wieder weiter. Die Landschaft vor den Fenstern der Pollux wird felsiger, es ist mehr Schnee zu sehen.

Entlang der Route ändert sich alle paar Tage das Essensangebot. Havila bemüht sich, möglichst regionale Zutaten von Produzenten entlang der Route zu verarbeiten.

Außerdem hat es sich die Reederei zur Aufgabe gemacht, die Lebensmittelabfälle gering zu halten. So wählt man zum Frühstück und Mittagessen mehrere kleine Portionen und bestellt nach, falls der Hunger noch nicht gestillt ist. Abends haben Gäste die Auswahl zwischen zwei Restaurants.

Viele Passagiere warten sehnsüchtig auf die Polarlichter

Nach dem Abendessen steigt die Spannung. Denn je weiter es in den Norden geht, desto höher wird die Chance, Polarlichter zu sehen.

Abends warten einige Urlauber in den Aufenthaltsräumen – zum Beispiel in der Bar ganz oben – mit dicken Jacken, Mützen und Kameras ausgestattet, um bestmöglich vorbereitet zu sein.

Wenn die Crew die grünen Lichter entdeckt, informiert sie über Lautsprecher die Gäste. Wer will, kann sich auch einen entsprechenden Alarm in der Kabine einrichten.

Auch wenn es noch so kalt ist, lohnt sich der Gang nach draußen in der Nacht. Beeindruckend schillern die Polarlichter über den Bergen und ändern dabei ihre Form.

Man darf sich aber nicht zu viel Zeit lassen: Das Spektakel kann nach einigen Minuten wieder vorbei sein, aus Lichtvorhängen wird ein leichter Schimmer. Havila verspricht, dass Gäste bei Rundreisen von Oktober bis März Polarlichter bewundern können.

Wer den Polarkreis überquert hat, wird getauft

Ein weiterer Höhepunkt der Fahrt ist die Überquerung des Polarkreises. Morgens um kurz nach 8 Uhr befinden sich wenige Menschen draußen an Deck.

Metallener Globus auf kleiner, felsiger Insel
Ein kleiner Globus zeigt den Polarkreis an: Um kurz nach 8 Uhr am Morgen überquert die Pollux ihn. Foto: Lara Teschers

Es weht ein eisiger Wind. Auf einer kleinen steinigen Insel auf der linken Seite steht ein Metall-Globus. Als die Pollux auf dessen Höhe ist, ertönt das laute Schiffshorn.

Wer an diesem Tag den Polarkreis das erste Mal überquert, auf den wartet wenig später eine eisige Überraschung. Die Pollux hat Ørnes gerade verlassen, da ruft die Crew mit Hilfe der anwesenden Urlauber nach Njörd, dem Gott des Meeres und der Seefahrt.

Verkleideter Mann mit Kelle in der Hand.
Der Gott Njörd wartet auf Mutige, die sich nach der Polarkreis-Überquerung mit Eiswasser taufen lassen wollen. Foto: Lara Teschers

Mit Zipfelmütze und Rauschebart eilt er herbei. Und dann werden die Gäste getauft: mit einer Kelle Eiswasser in den Nacken. Das bringt den einen oder anderen zum Schreien – oder mindestens zum Zucken.

Der Rücken ist noch etwas nass von der Taufe, als die Pollux in Bodø anlegt. Ungefähr die Hälfte der Postschiffroute liegt nun, drei Nächte nach dem Start in Bergen, hinter den Passagieren.

Später an diesem Tag werden sie die Lofoten sehen und innerhalb der nächsten drei Tage passiert das Schiff unter anderem Tromsø und das Nordkap, bis es im Zielhafen von Kirkenes ankommt.

Reisetipps

Dauer: Havila bietet die Tour von Bergen nach Kirkenes in sieben Tagen an, in der entgegengesetzten Richtung in sechs Tagen oder als komplette Rundreise in zwölf Tagen. Auf der Tour Richtung Süden gibt es andere Aufenthalte als auf dem Hinweg. Außerdem gibt es Zwei-, Drei- und Viertagestouren auf verschiedenen Streckenabschnitten.

Info: https://www.havilavoyages.com/de 

Die Recherche wurde von Havila Voyages unterstützt. Über Art und Inhalt des Artikels entscheidet allein die Redaktion.

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