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Kreistag berät über 390-Millionen-Projekt

Baut der Landkreis wirklich das höchste Gebäude in Karlsruhe?

Kurz vor der geplanten Sitzung an diesem Donnerstag wurde der Ton im Kreistag des Landkreises Karlsruhe rauer: Der mögliche Neubau des Karlsruher Landratsamts beschäftigt die Fraktionen. Nun sollen auch Alternativen vorgestellt werden.

Entwurf des Landratsamts-Neubaus.
90 Meter hoch: Das Bild zeigt einen Entwurf des Landratsamt-Neubaus. Foto: wittfoht architekten

Ob es bei der Kreistagssitzung am jetzigen Donnerstag zum „Showdown“ kommt, wie es vor geraumer Zeit Landrat Christoph Schnaudigel (CDU) mutmaßte, bleibt abzuwarten. Auf der Tagesordnung, und das gleich zu Beginn der Sitzung in der Philippsburger Bruhrainhalle (ab 15 Uhr), steht das Thema „Sachstandsbericht zum Dienstgebäude Beiertheimer Allee“. Die Landkreisverwaltung will dann auch mögliche Alternativen zu dem angestrebten Hochhausneubau samt finanzieller Auswirkungen vorstellen.

Eine endgültige Entscheidung wird es aber nicht geben. Die soll Anfang Oktober getroffen werden. Gleichwohl dürfte in der Sitzung am Donnerstag eine Art Vorentscheidung für oder gegen den Hochhausneubau fallen.

Hochhaus-Neubau Landratsamt Karlsruhe - um was geht es da nun?

Bei einer Kreistagssitzung 2018 in Marxzell konkretisierte sich offiziell die Überlegung, das bestehende Landratsamt-Gebäude in Karlsruhe abzureißen und dafür ein neues Hochhaus zu bauen. Grundsätzlich befürwortete der Kreistag einstimmig diese Vorgehensweise. Die Rede war damals von einer Investitionssumme in Höhe von 100 Millionen Euro. Das Gremium folgte einhellig der Auffassung der Landkreisverwaltung, dass das bestehende denkmalgeschützte Dienstgebäude nicht mehr saniert werden könnte. Im weiteren Verlauf änderten sich die Vorgaben. Mehr Fläche, verbunden mit der Option, einen Teil davon zu vermieten respektive zu verkaufen, ließen den finanziellen Rahmen des Projekts deutlich anwachsen – auf ein Gesamtinvestitionsvolumen von rund 390 Millionen Euro. Am Ende stieg die Bruttogeschossfläche von anfangs 20.000 auf 64.000 Quadratmeter.

Welche Bedeutung hätte das Gesamtprojekt für die Innenstadt von Karlsruhe?

Rein städtebaulich gesehen, so das Hochhaus in der Größe kommt, wird es mit gut 90 Metern das höchste Gebäude in der Fächerstadt. Das gesamte Areal, so der Grundgedanke der Planer, soll zu einem weiteren Ankerpunkt der Innenstadt werden. Das Hochhausareal umfasst neben dem eigentlichen Hochhausneubau mehrere kleinere Gebäude. In das Gesamtareal eingebunden sind etliche grüne Flächen. Städteplaner sehen das Hochhausareal als wichtigen Teil der Achse Badisches Staatstheater – Ettlinger Tor. Die innerstädtische Nutzung, vor allem auch mit Blick auf die Arbeitsplätze, sei eine Investition in die Innenstadt.

Wie stellt sich die Landkreisverwaltung die Finanzierung des Hochhaus-Neubaus vor?

Bei den Kostenberechnungen steht nicht die eigentliche Investitionssumme im Vordergrund, sondern die jährliche Belastung für den Kreishaushalt. Das Hochhaus-Projekt soll zu 100 Prozent über Annuitätendarlehen fremdfinanziert werden. Und das bei einer Laufzeit von 50 Jahren. Eingerechnet werden hierbei die Einnahmen von vermieteten und verkauften Flächen. Externe Nutzer wären unter anderem die Unfallkasse Baden-Württemberg und der Gemeindetag. Entsprechende (Vor-)Verträge gebe es schon, teilt das Landratsamt mit. Durch den bevorzugten Neubau - mit 90 Meter übrigens 20 Meter höher als das Bestandsgebäude - könnten Außenstellen des Landratsamtes in das neue Dienstgebäude überführt werden. Dadurch ließen sich bisherige Mietkosten einsparen.

Welche finanziellen Auswirkungen hätte der Hochhaus-Neubau auf den Kreishaushalt?

Ausgegangen wird von einem Kreditbedarf für den Neubau von 360 Millionen Euro. Hinzu kommt laut Landkreisverwaltung eine Zinsbelastung von 15,6 Millionen Euro. In der Sitzungsvorlage wird eine Beispielrechnung aufgemacht: So soll sich die Jahresbelastung auf den Kreishaushalt im Jahr 2031 auf tatsächliche 6,6 Millionen Euro belaufen. Für 2060 wird von einer Belastung von 4,5 Millionen Euro ausgegangen.

Welche Alternativen gibt es?

Eine Alternative wäre, „kleiner zu bauen“. Gebaut werde dann nur für die Landkreisverwaltung. Somit würden Miet- und Verkaufseinnahmen wegfallen. Ausgehend von einer Bruttogeschossfläche (also die Fläche mit allen Nebenflächen) in der Größenordnung von 41.000 Quadratmeter würde das Investitionsvolumen rund 267 Millionen Euro betragen. Bei dieser Alternative müsste der Landkreis 30 Millionen Euro Planungskosten für den 90-Meter-Hochhaus-Neubau, die vertraglich vereinbart sind, abschreiben. Gleiches gilt für die Variante „gar nicht neu bauen, sondern anmieten“.

Was für eine Rolle spielt bei der Finanzierung die Kreisumlage?

Eine wichtige „Einnahmequelle“ für den Landkreis ist die Kreisumlage. Der Gesamthaushalt des Landkreises beträgt in diesem Jahr 680 Millionen Euro – knapp 200 Millionen Euro davon werden über die Kreisumlage generiert. Die 32 Landkreiskommunen steuern über die Kreisumlage ihren Anteil zum Landkreishaushalt bei. Steigt die Kreisumlage, und davon ist auszugehen, kann das je Kommune jährlich schon einige 100.000 Euro Mehrbelastung ausmachen - Mittel, die dem Gemeindehaushalt fehlen. Was angesichts dieser Zahlen doch etwas überrascht: Das Thema Hochhausneubau und mögliche Auswirkungen auf die Kreisumlage spielt in den Gemeinderäten bislang kaum eine Rolle.

Wie ist die Stimmungslage im Kreistag?

Nach wie vor steht eine große Mehrheit des Kreistages dem Vorhaben Hochhaus-Neubau wohlwollend gegenüber. Allerdings wurden zuletzt auch mehr kritische Stimmen laut. Das gilt insbesondere für die SPD-Kreistagsfraktion und für einige Mitglieder der Fraktion Freie Wähler. Zweifel, ob der Landkreis so ein gewaltiges Projekt überhaupt stemmen könne, ob die finanziellen Auswirkungen für die Kommunen überhaupt noch vertretbar wären, mehren sich im Kreistag. Vielleicht, so der Tenor, sollte alles eine Nummer kleiner werden. Sprecher der Fraktionen von CDU/Junge Liste, Grüne und Freie Wähler attackierten die Zweifler an dem Projekt teilweise massiv. Sie würden einen professionellen Planungsprozess boykottieren, lautet sinngemäß die Kritik. Kurzum: Der Ton wird rauer.

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