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Der Mann ohne Schuhe

Barfuß aus Überzeugung: Karlsruher läuft seit 40 Jahren ohne Schuhe

Am häufigsten reagieren Kinder auf Gerhard Maier. „Guck mal, Mama. Der Mann ist barfuß“, rufen diese dann und möchten dem 75-jährigen Karlsruher Schuhe schenken. Doch seine eigenen Lederschuhe hat er 1979 im Oktober auf Kreta selbst verschenkt.

"Meine Generation lief barfuß", sagt der 75-jährige Gerhard Maier.
"Meine Generation lief barfuß", sagt der 75-jährige Gerhard Maier. Foto: Rastätter

Am häufigsten reagieren Kinder auf Gerhard Maier. „Guck mal, Mama. Der Mann ist barfuß“, rufen diese dann und möchten dem 75-jährigen Karlsruher Schuhe schenken. Doch seine eigenen Lederschuhe hat er 1979 im Oktober auf Kreta selbst verschenkt. Vor vierzig Jahren ist er zugleich Vegetarier und Barfußläufer geworden – beides aus Überzeugung.

Von Mai bis Oktober läuft Maier jedes Jahr barfuß. Die ersten 14 Tage im Mai muss er sich erst wieder daran gewöhnen. Da geht er wie auf rohen Eiern. Nach und nach bildet sich dann eine Lederhaut. Im Winter trägt Maier Gummischuhe mit Socken.

Beim Barfußlaufen hat er gegen einige Vorurteile zu kämpfen. Im Flugzeug wurde er etwa einmal fast nicht mitgenommen. Seitdem hat Maier immer ein paar „Latschen“ dabei, falls es wieder Probleme geben sollte. In den 1980er Jahren arbeitete er in der Pflege, da musste er aus Hygiene-Gründen Schuhe anziehen.

Unterschiedliche Reaktionen der Bürger

Seine Ehefrau trägt und erträgt es mit Fassung. Sie kennt ihn nicht anders. „Eine andere Frau würde das nicht mitmachen“, weiß er. Die Reaktionen anderer Bürger sind ganz unterschiedlich. Sie reichen von Ignoranz bis hin zu einem verdutzten Gucken. Bei anderen Personen sieht er als erstes auf die Füße. Wenn er andere Barfußläufer in der Fächerstadt trifft, grüßt er, sagt nett „Hallo“ und geht weiter.

Früher sind die Menschen Jahrtausende lang barfuß gelaufen.

„Meine Generation lief barfuß“, sagt Maier. Früher hatten nur „die Reichen und Schönen“ Schuhe. Diese galten als Statussymbol. Darauf legt der Karlsruher keinen Wert. Er schwört aufs Barfußlaufen und läuft stets auf den Ballen. „Früher sind die Menschen Jahrtausende lang barfuß gelaufen“, sagt er. „Das ist das Gesündeste, das es gibt.“ Was er selbst bestätigen kann: Seit drei bis vier Jahren hätte er keine Grippe mehr gehabt. Er gehe viel bewusster und schaue bei jedem zweiten Schritt auf den Boden. Auch das Fahrrad- und Autofahren klappe barfuß ohne Probleme. Hier führe er nur Schuhe für den Notfall mit.

Hand- statt Fußcreme

„Im heißen Sommer 2018 war es kurzzeitig zum Barfußlaufen zu heiß“, erinnert sich Maier. „Da habe ich drei Tage Flipflops getragen.“ Verletzt hätte er sich über all die Jahre noch nie. Nur in der Wohnung in Karlsruhe-Mühlburg sei er zwei Mal gegen den Schrank gelaufen. Immer wenn er diese betritt, wäscht er sich seine Füße. Gepflegt werden diese nicht mit Fuß-, sondern mit Handcreme. Bei öffentlichen Toiletten schaut er, dass er stets eine Flasche Wasser dabei hat und sich danach die Füße damit wäscht.

Maier läuft täglich rückwärts

Außerdem läuft Maier jeden Tag, Sommer wie Winter, 15 Minuten rückwärts auf dem Rasen vor seinem Wohnhaus. „Das mache ich, um gedanklich fit zu bleiben“, so der Rentner. Der Vorteil beim Rückwärtslaufen ist, dass man bei jedem Schritt überlegen muss und so die kognitiven Fähigkeiten gestärkt werden, erklärt der 75-Jährige. Um seinen Körper zu entlasten, fastet Maier zudem. Im Jahre 2013 habe er 30 Tage gefastet, 2017 bereits ganze 70 Tage.

Inder wollten ihm Sandalen schenken

Auch barfuß kam der Zopf- und Bartträger in der Welt herum: Er bereiste 2009 Ecuador. Da kannte ihn fast jeder als „den Mann ohne Schuhe“. Im Oktober 2019 geht es nach Guatemala. Das Geld für die Reisen habe er sich durch die Schuhe, auf die er verzichtet, zusammengespart. In Indien, wo er schon sechs Mal war und wo selbst die Ärmsten Schuhe haben, wollten ihm Inder Sandalen schenken. „Denn die ziehen ihre Schuhe erst aus, wenn sie den Tempel betreten“, sagt er.

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