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Gegenveranstaltung am Montag

Karlsruher Linken-Stadtrat: „Aggressionspotential geht von Querdenken-Demonstranten aus“

Der Karlsruher Stadtrat Lukas Bimmerle von den Linken will ein Zeichen gegen die sogenannten Montagsspaziergänge setzen. Wie genau das aussehen soll und ob die Lage in Karlsruhe dann vielleicht eskaliert – darüber spricht er im Interview.

Lukas Bimmerle
Zeichen setzen: Stadtrat Lukas Bimmerle (Linke) findet es wichtig, sich klar gegen die sogenannten Montagsspaziergänge zu positionieren. Deshalb wird er bei der Gegendemonstration am Montagabend auf dem Karlsruher Marktplatz dabei sein. Foto: Jörg Donecker

Als Zeichen gegen Verschwörungsmythen und rechte Hetze hat das Netzwerk Karlsruhe gegen Rechts zu einer Menschenkette nach Corona-Regeln auf dem Karlsruher Marktplatz aufgerufen.

Die angemeldete Aktion richtet sich gegen die verbotenen sogenannten Montagsspaziergänge und soll fast zeitgleich ablaufen. Die drei Stadträte der Linken-Fraktion befürworten die Aktion.

In einem offenen Brief wünschen sie sich auch von Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) Unterstützung. Im Interview mit unserem Redaktionsmitglied Gundi Woll hat mit Stadtrat Lukas Bimmerle (Linke) darüber gesprochen, was er den „Spaziergängern“ entgegensetzen will.

Beim sogenannten Montagsspaziergang vor einer Woche waren laut Polizei bis zu 900 Demonstranten dabei. Ist es in einer Demokratie nicht wichtig, dass die Menschen ihre Meinung auch in der Öffentlichkeit frei äußern können?
Bimmerle

Die Versammlungsfreiheit ist ein hohes Gut der Demokratie. Was wir bei diesen sogenannten Montagsspaziergängen aber eben nicht haben, ist eine Demonstration, die nach den gesetzlichen Regeln verläuft. Es finden sich große Gruppen unter Missachtung der Corona-Auflagen in der Stadt zusammen. Sie setzen sich ganz bewusst darüber hinweg. Und mit dem Begriff der Spaziergänge behaupten sie, sie würden keine Demonstration durchführen.

Sie befürchten, dass Karlsruhe zu einem, wie es in dem offenen Brief heißt, „beliebten Aufmarschort rechter und antidemokratischer Gruppierungen“ werden könnte. Warum?
Bimmerle

Karlsruhe und Umgebung hat in der Vergangenheit durch die Kargida-Demonstrationen eine immer noch vorhandene Struktur von Rechten. In Karlsruhe haben die „Spaziergänge“ bis auf vergangenen Montag ohne Einschränkungen stattgefunden. Das war ein Erfolg, der innerhalb der Rechten sehr stark genutzt und auch öffentlich ausgeschlachtet wurde. Wir sehen, dass Gruppen von außerhalb nach Karlsruhe kommen. Wir hatten das schon in den vergangenen eineinhalb Jahren bei anderen Querdenken-Kundgebungen. Es etablieren und verfestigen sich Strukturen und Karlsruhe wird zu einem Ziel- und Vernetzungsort von Querdenken. Rechtsextreme Gruppierungen gehen sehr organisiert in die Corona-Proteste und nutzen sie stark für ihre eigene politische Agenda. In Ettlingen gab es den Vorfall eines Übergriffs auf einen ehemaligen Vorsitzenden des DGB-Ortsverbands Ettlingen/Malsch/Albtal. Wir sehen eine hohe Militanz dieser Gruppen.

Was wollen Sie dem entgegensetzen?
Bimmerle

Unser Wunsch ist, dass die Zivilgesellschaft gemeinsam mit der Politik ein Zeichen dagegensetzt. Wir finden es sehr toll, wie sich viele zivilgesellschaftliche Gruppen wie der Arbeiter-Samariter-Bund oder das antifaschistische Aktionsbündnis engagieren. Sie zeigen, dass wir die Corona-Krise nur solidarisch bewältigen können. Wir sehen aber auch die Polizei in der Pflicht, die verbotene Demonstration präventiv zu unterbinden. Es war in den vergangenen Wochen viel zu wenig Personal vor Ort, um die Lage zu kontrollieren. Das juristische Verbot muss durchgesetzt werden.

Eskaliert die Situation durch die Menschenkette, an der Sie teilnehmen wollen, nicht noch mehr?
Bimmerle

Keineswegs. Es geht nicht um eine Konfrontation mit Querdenken, sondern darum, ein Zeichen in friedlicher Art und Weise dagegenzusetzen. Im Gegensatz zu den sogenannten Spaziergängen hat der zivilgesellschaftliche Protest in den vergangenen Jahren gezeigt, dass gesetzliche Auflagen eingehalten werden. Wenn auch der Oberbürgermeister gemeinsam mit der Zivilgesellschaft dort aktiv wird, ist das ein sehr positives und vielfältiges Zeichen – dafür, dass die Mehrheit der Bevölkerung Corona nicht als nicht existent abzeichnet oder als vernachlässigbar sieht.

Eine Aktivistin der Querdenker-Bewegung hat auf dem Nachrichtendienst Telegram dazu aufgerufen, am Montag nicht wie üblich zu demonstrieren. Als Grund gibt sie die angekündigte Gegendemonstration an. Eine Konfrontation will sie deshalb vermeiden. Werden Sie am Montag trotzdem bei der Menschenkette mitmachen?
Bimmerle

Ich werde selbstverständlich teilnehmen. Ich finde es wichtig, zu zeigen, wie es anders laufen könnte. Wir halten uns alle an die Auflagen. Das Aggressionspotential geht bei diesen Kundgebungen definitiv nicht von den zivilgesellschaftlichen Kräften aus, sondern von Teilnehmenden der Querdenken-Demonstration. Sie verhalten sich sowohl gegenüber Andersdenkenden und Gegendemonstranten, als auch gegenüber der Polizei sehr aggressiv.

Verliert die Demonstration nicht an Bedeutung, wenn diejenigen gar nicht da sind, gegen die sich der Protest richtet?
Bimmerle

Überhaupt nicht. Es ist unser Anliegen, dass diese „Spaziergänge“ in Zukunft so nicht mehr stattfinden. Das heißt nicht, dass angemeldete Kundgebungen nicht erlaubt sind. Die sogenannten Spaziergänge muss man ganz stark trennen von den Kundgebungen, die am Samstag stattfinden. Solange die Auflagen eingehalten werden, ist die Versammlung selbstverständlich geschützt. Die „Spaziergänge“ sind das eben nicht. Sie sind derzeit verboten. Das Ziel ist, dass die Karlsruher Zivilgesellschaft und die Bürgerinnen und Bürger nochmal deutlich machen, dass Querdenken eben nicht die Mehrheit ist, sondern eine kleine Minderheit, die sich völlig unsolidarisch in dieser Krise verhält.

Durch Ihre Gegendemonstration erhalten die sogenannten Montagsspaziergänge besondere Aufmerksamkeit. Wäre es aus Ihrer Sicht nicht besser, die wöchentliche Demonstration zu ignorieren?
Bimmerle

Wenn sich hunderte Menschen jeden Montagabend durch die Innenstadt bewegen und sich nicht an die Masken- und Abstandsregeln halten, dann ist das nicht so einfach zu ignorieren. Für die Menschen, die sich in der Innenstadt aufhalten, stellt das eine Gesundheitsgefahr dar. Wir sehen in der ganzen Bundesrepublik eine Radikalisierung bei Querdenken. Da müssen wir ein Zeichen dagegensetzen.

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