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Alternativprogramm

Karlsruher Pfarrer ruft zum Boykott der Fußball-WM in Katar auf

Wenn Deutschland 2022 im Finale spielt, schaut Pfarrer van Rensen ein altes Spiel auf einer Leinwand. Kann er viele Karlsruher dazu bewegen, die Fußball-WM zu boykottieren?

WM-Alternative im Gemeindehaus Stephanienbad: Stephan van Rensen will die WM in Katar nicht unterstützen, deswegen bietet er parallel zu jedem Anpfiff ein anderes Programm an.
WM-Alternative im Gemeindehaus Stephanienbad: Stephan van Rensen will die WM in Katar nicht unterstützen, deswegen bietet er parallel zu jedem Anpfiff ein anderes Programm an. Foto: Jörg Donecker

Ob er am Ende mit fünf oder 200 Leuten dasitzt, kann Pfarrer Stephan van Rensen nicht abschätzen. Der Pfarrer plant, die anstehende Fußball-Weltmeisterschaft in Katar zu boykottieren. Damit die Versuchung, den Fernseher doch einzuschalten, nicht zu groß wird, organisiert er gemeinsam mit dem Kirchenältesten Michael Stolle ein Alternativprogramm.

Wenn Deutschland in der Vorrunde gegen Japan spielt, bietet die evangelische Matthäus-Paul-Gerhardt-Gemeinde im Stephanienbad einen Sushi-Kurs an. Mit dem Anpfiff anderer Spiele kann sich van Rensen einen Tanzkurs oder ein Tischkickerturnier vorstellen. Insgesamt sollen es zwölf Veranstaltungen werden.

„Wir wollen für jeden Fall gewappnet sein“, sagt der Pfarrer. Deswegen organisiert er für jedes mögliche Spiel der deutschen Nationalmannschaft eine andere Aktion. „Egal, ob wir im Endeffekt um Platz drei oder das Finale spielen.“ Auch wenn Deutschland in der Vorrunde rausfliegt, läuft das Angebot weiter.

Ich ärgere mich zutiefst über die Umstände in Katar.
Stephan van Rensen, Pfarrer

„Ich bin selbst großer Fußballfan“, verrät van Rensen. Die Bilder dieser WM möchte er aber nicht sehen: „Ich ärgere mich zutiefst über die Umstände in Katar.“ Menschenrechtsorganisationen sprechen davon, dass seit dem Baubeginn der Stadien mehrere Tausend Arbeiter gestorben seien. „Die Familien der Verstorbenen haben noch kein Geld gesehen“, sagt van Rensen.

„Uns wird ein vergiftetes Buffet geboten“, vergleicht van Rensen die Fernsehübertragungen mit der griechischen Sage von Tantalos. Der versuchte Göttern seinen Sohn zum Essen zu servieren. Er wollte ihre Allwissenheit auf die Probe stellen – und konnte sie nicht täuschen. Dafür musste er Qualen leiden.

Fußball-WM in Katar: Statt aktuellen Aufnahmen gibt es alte

Van Rensen betont jedoch, dass er jeden versteht, der lieber Fußball schaut. Er selbst plant, die Spielberichte in der Zeitung zu lesen:„Die schönen Bilder will ich nicht sehen.“ An anderen historischen Fußballaufnahmen ist er mehr interessiert.

Zum Finale will er den Sieg der deutschen Nationalmannschaft 1974 zeigen. Ob er das Material bekommt und wie viele Fußballfans sich ihm anschließen, kann er noch nicht sagen. Im Gemeindehaus gibt es Platz für 200 Menschen. Dort soll es auch Bier und Wurst geben.

Bisher haben van Rensen unterschiedliche Rückmeldung zu seinen Plänen erreicht. „Manche sagen mir, dass ich das nicht von ihnen verlangen kann, andere sind ganz begeistert“, fasst der Pfarrer die Reaktionen zusammen.

Manche bieten auch an, einen der Programmpunkte zu gestalten. Denn der finale Plan steht noch nicht fest. Parallel zum Spiel gegen Spanien soll es eventuell eine Veranstaltung mit spanischer Musik geben, an einem anderen Tag ein Adventskonzert.

Keine politische Veranstaltung in Karlsruhe geplant

„Es sollen keine politischen Verunstaltungen werden“, stellt van Rensen klar. Lediglich in der Auftaktveranstaltung, einem Gottesdienst, will er die Idee erklären und darlegen, dass die Spiele nicht mit den christlichen Werten vereinbar sind. Bei den anderen Terminen kann er sich höchstens vorstellen, Unterschriften für Petitionen zu sammeln.

Ein steht fest: Das Angebot soll kostenlos sein und sich an jeden richten. Ob viele Leute kommen, weiß van Rensen nicht: „Ich kann nicht sagen, welche Dynamik die Sache entwickelt.“

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