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Streitfrage vor Amtsgericht

Rotlichtfahrt: Richterin bekräftigt 130-Euro-Knöllchen gegen Radfahrerin

Viele Radfahrer haben gespannt gewartet, wie das Gericht den Streitfall an der Kreuzung von Ostring und Durlacher Allee beurteilt. Ein Ergebnis: Es kommt darauf an, woher jemand kommt.

Fahrradfahrer und Autos nähern sich einer Kreuzung
Wie fährt man korrekt mit dem Fahrrad über eine Ampelkreuzung? Eine Durlacherin erklärt im Amtsgericht Karlsruhe, warum sie sich gegen einen Strafzettel in dieser Angelegenheit wehrt. Foto: Jörg Donecker

Freitagvormittag im Amtsgericht am Schlossplatz: Fahrradhelme, Packtaschen und alle Stühle für Zuhörer im Saal besetzt. Die Richterin Martina Resch urteilt im Namen des Volkes, ob das Knöllchen für Regina Dahmen gerechtfertigt ist. Die Durlacherin hat es kassiert, als sie per Pedelec im Juli 2022 über die große Ampelkreuzung von Durlacher Allee und Ostring fuhr. Dagegen wehrt sich die 68-Jährige.

Rotlichtverstoß oder nicht? Die Frage ist entschieden. Es bleibt beim Bußgeldbescheid, rund 130 Euro inklusive Gebühr und Auslagen, zuzüglich Kosten für das Gerichtsverfahren, wegen fahrlässiger Missachtung eines roten Ampelsignals. Was eine Verkehrsinsel, zwei unterschiedliche Ampeln und ein Zweirichtungs-Rad- und -Gehweg damit zu tun haben, das erklärt die Amtsrichterin nach der Urteilsverkündung im Detail.

Knifflig macht den Fall Dahmens konkrete Route. Denn sie kommt am fraglichen Tag nicht von Westen auf der Durlacher Allee an die Kreuzung, sondern von Süden auf dem Zweirichtungs-Radweg zwischen Ostring und Messplatz. An der Ecke des Messplatzes biegt sie ab, um auf den Turmberg zuzuradeln. So weit, so gut. Doch zwei Beamte der Autobahnpolizei beobachten, auf welche Weise sie den großen Verkehrsknoten passiert, und schreiten ein.

Beim Fahrweg über die Rote Ampel zählen Details

Im Gerichtssaal wird Regina Dahmens Fahrweg anhand von Fotos nachgezeichnet. Zunächst fährt die Radfahrerin korrekt auf eine Verkehrsinsel. Dort steuert sie, während die Bedarfsampel auf der Insel mit Signalscheibe für Fußgänger und Radfahrer rot leuchtet, die Hauptfahrbahn der Durlacher Allee an.

Auf der breiten Ausfallstraße rollt in diesem Moment der Verkehr bei Grün von West nach Ost über die Kreuzung, Autos auf zwei Geradeausspuren, Radfahrer rechts daneben ohne eigene Spur.

Dahmen fährt über die Verkehrsinsel, rechts von ihr das Rotlicht an der markierten Furt über den Ostring. Die Vielradlerin steigt nicht ab, um per Knopfdruck Grün anzufordern. Stattdessen fährt sie auf den rechten Rand der Durlacher Allee zu – „schräg in den fließenden Verkehr“, beschreibt es einer der Streifenpolizisten – und weiter auf den Radweg, der unter der Eisenbahnbrücke hindurch Richtung Durlach führt.

Dies sei der Verstoß, legt die Richterin dar: „Die Strecke, die Sie gefahren sind, war nicht mit Grünlicht versehen.“ Die Beweisaufnahme hatte Dahmens Fahrstrecke präzisiert.

Zuhörer haben viel eigene Erfahrung als Radfahrer

Mucksmäuschenstill verfolgen die Zuhörer die Hauptverhandlung , auch Wolfgang Fritzen aus Durlach. Er fährt oft wie Dahmen auf dem Zweirichtungsradweg am Ostring, um dann nach rechts Richtung Heimatstadtteil abzubiegen.

„Es dauert sehr lange, bis ich an der Bedarfsampel auch endlich Grün bekomme, während neben mir alle fahren dürfen“, sagt er. „Ich habe schon überlegt, an der Ecke abzusteigen und zur Radspur an der Durlacher Allee zu schieben.“

Die Verhandlung ist auch für Ulrike Schibel aus der Weststadt spannend: „Wie oft fahre ich mit dem Verkehrsfluss über eine Kreuzung, während daneben schon eine Fuß- und Radwegampel rot ist.“ Hans Keller radelt öfter die Durlacher Allee entlang. „Da interessiert mich natürlich, wie die Sache bewertet wird.“

Auch Bernd Matthees sagt: „Das ist wichtig, es im Detail zu wissen.“ Bei Dunkelheit oder Sturm wählt der 57-jährige Radfahrer große Straßen, statt durch den Oberwald vom Albtalbahnhof nach Wolfartsweier zu kommen.

Haltelinie vor der Ampel ist wichtiger Anhaltspunkt

Die Richterin betont: „Es ist zu beachten, von wo man kommt.“ Als Anhaltspunkt nennt sie die Haltelinie vor der jeweiligen Ampel. Wie die Durlacherin in die Ampelkreuzung rollte, sei zudem gefährlich: „Niemand rechnet damit, dass dort von rechts einfach ein Verkehrsteilnehmer einfährt.“

Das Urteil ist Regina Dahmen wichtig, deshalb zieht sie ihren Einspruch nicht zurück. „Mir geht es darum, zu zeigen, welche Auslegungsmöglichkeiten es gibt“, sagt sie nach der Verhandlung. Die Querungsvariante über die Verkehrsinsel sieht die Durlacherin trotz des Urteils als „Strecke für Unsichere – ansonsten ist sie überflüssig“.

Argumentation und Ergebnis enttäuschen sie. Anfängliche Skepsis von Karlheinz Schorb aus Bulach dagegen ist verpufft. Es sei klärend gewesen für die spezielle Sachlage.

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