Skip to main content

Die Not kommt erst später

Warum zwei Schüler und ein Lehrer in den Ferien bei der Karlsruher Tafel mithelfen

Zwei Schüler und ein Berufsschullehrer aus Karlsruhe „opfern“ einen Teil ihrer Ferien, um bei der Karlsruher Tafel zu helfen.

Sechs Menschen stehen vor einem Schild der Karlsruher Tafel.
Ein starkes Team: Tafelladen-Mitarbeiter Michael Fernandez-Bornhauser bekommt Unterstützung von Lehrer Ulrich Hofmann und den Schülern Mikhail Rausch und Magdalena Gietzelt – das freut auch die Vorstandsmitglieder Vera Scholl und Joachim Ruf (von links). Foto: Winfried Heck

Die Chefin ist begeistert. „Nach den vielen negativen Nachrichten seit Frühjahr, ist es einfach schön, mal wieder von etwas Positivem berichten zu können.“ Vera Scholl, Vorsitzende der Karlsruher Tafel im Rheinhafen, wird nicht müde, ihre „Juwelen“ zu loben.

„Das ist genau das, was uns hilft. Alle haben mehr gemacht, als zu erwarten war.“ „Alle“, das sind eine Schülerin, ein Schüler und ein Berufsschullehrer, die einen Teil ihrer Ferien „opfern“, um bei der Tafel im Rheinhafen zu helfen.

Ulrich Hofmann, das Jahr über Lehrer an der Walter-Eucken-Schule, ist eine dieser Sommerhilfen. Strandurlaub, Wandern und Sightseeing hat er schon zur Genüge hinter sich, jetzt wollte er einfach mal zwei Wochen lang mit anpacken, auch während der Ferien etwas Sinnvolles tun.

Es hat mich gereizt, mal was anderes zu erleben.
Ulrich Hofmann, Lehrer an der Walter-Eucken-Schule

„Es hat mich gereizt, mal was anderes zu erleben“, sagt Hofmann. Die zwei Wochen bei der Tafel, die jetzt endeten, bucht er als rundum positive Erfahrung ab. Auch wenn er nach dem ersten Tag erst mal platt war.

Körperliche Arbeit sei er vom Schulalltag her nicht gewohnt, abends war deshalb totale Erholung angesagt. Aufgefallen sind Hofmann die vielen positiven Rückmeldungen, die es immer wieder gab. Als Beifahrer saß er in einem der Fahrzeuge, mit denen täglich das Essen in Supermärkten und Geschäften abgeholt wird, und es hat es ihn wirklich überrascht, wie freundlich sie von den Spendern empfangen wurden. Nicht als Bittsteller, sondern als jemand, der gute Arbeit macht. „Sie bedankten sich bei uns.“

Die 15-jährige Magdalena Gietzelt, die jüngste der Ferienhelferinnen, kam über ein Sozial-Praktikum bei der Tafel auf die Idee, einen Teil der Sommerferien zu investieren. „In den ersten Ferienwochen habe ich nichts zu tun, hier kann ich mich nützlich machen“, berichtet sie von ihrer Motivation.

Lebensmittel in der Tafel sortieren und ausgeben

Lebensmittel sortieren und an die Kunden ausgeben ist ihre Aufgabe und auch sie ist sehr zufrieden. So sehr, dass sie das auch im Freundeskreis erzählte und nun will eine Schulfreundin mitkommen und auch helfen.

Vera Scholl würde es freuen, denn obwohl sich die Lage seit dem Frühjahr etwas entspannt und das Klima sich spürbar verbessert hat, ist man für jede helfende Hand dankbar. Besonders, wenn – wie bei Mikhail Rausch – noch die nötigen Sprachkenntnisse hinzukommen. Der Schüler des Goethe-Gymnasiums spricht Russisch. Das hilft in der aktuellen Lage ganz enorm.

Auch Mikhail kam über ein Schulpraktikum zur Tafel und der Entschluss, in den Ferien nicht ziellos irgendwo herumzuhängen, kam fast zwangsläufig. „Hier wird man gebraucht, das macht mir Spaß“, sagt Rausch. Im Freundeskreis sei sein Engagement bisher eher kein Thema. Aber vielleicht ändert sich das ja jetzt.

Am Monatsanfang kommen noch weniger Kunden

Hofmann, der als Lehrer gewohnt ist, genauer hinzuschauen, ist derweil aufgefallen, dass am 1. August mehr Nahrungsmittel da waren, als verteilt werden konnten. Das sei so üblich, wurde ihm gesagt, am Monatsanfang haben die Menschen noch genügend Geld in der Tasche. Die Not kommt erst später.

Für Michael Fernandez-Bornhauser, der schon seit mehr als sechs Jahren als Zwei-Euro-Kraft bei der Tafel mithilft, ist dies auch keine Überraschung. „Der Mensch genießt es, Geld ausgeben zu können. Ohne daran zu denken, dass es später knapp werden könnte.“ Vera Scholl bestätigt dies. „Mal ganz normal im Laden einkaufen zu können, das gehört zu den kleinen Freuden im Leben.“

Sie wiederum freut sich, dass es sich alle Ferienkräfte vorstellen können, im kommenden Sommer wieder an Bord zu sein. „Das wäre wirklich toll.“

Ohnehin sind neue Helfer stets willkommen, denn die nächste Welle komme ihrer Meinung nach ganz bestimmt. „Die schaffen wir auch“, macht Fernandez-Bornhauser Mut. Das Zusammengehörigkeitsgefühl, die gute Stimmung im Team – das helfe in Krisenzeiten.

nach oben Zurück zum Seitenanfang