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Projekt WinRad

Team der Hochschule Karlsruhe forscht für besseren Winterdienst auf Radwegen

Der Schnee wurde mal wieder von der Straße auf den Radweg geschoben? Karlsruher Wissenschaftler untersuchen im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums Möglichkeiten für einen optimierten Winterdienst – und sie haben schon eine konkrete Idee.

Radweg nicht geräumt: So wie hier im vergangenen Winter laden manche Karlsruher Straßen bei Schneefall nicht unbedingt zum Fahrradfahren ein.
Radweg nicht geräumt: So wie hier im vergangenen Winter laden manche Karlsruher Straßen bei Schneefall nicht unbedingt zum Fahrradfahren ein. Foto: Hochschule Karlsruhe

Am Dienstagmorgen hat Christian Holldorb länger überlegt. Regnet es, regnet es nicht? Fährt er mit der Bahn oder mit dem Rad zur Hochschule?

So wie dem Bauingenieur geht es jeden Morgen vielen Pendlern, die beim Blick aufs Wetter abwägen müssen, welches Verkehrsmittel sie wählen – insbesondere, wenn es im Winter nicht nur um einen möglichen Regenschauer, sondern um Reifglätte oder eine Schneedecke auf der Fahrbahn geht.

Im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums forscht Holldorb unter dem Projektnamen WinRad mit Kollegen der Hochschule Karlsruhe und der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes zu der Frage, wie man den Radverkehr bei widrigen Bedingungen durch einen optimierten Winterdienst fördern kann.

Der Winterdienst hier ist sicherlich gut aufgestellt.
Christian Holldorb, Professor für Architektur und Bauwesen an der Hochschule Karlsruhe

„Wir sind in Karlsruhe schon sehr verwöhnt, der Winterdienst hier ist sicherlich gut aufgestellt“, sagt Holldorb, der am Institut für Verkehr und Infrastruktur lehrt und forscht. So werde beispielsweise Salz zum Streuen verwendet anstelle von reifenschädlichem Splitt.

Wissenschaftler: Das Winternetz für Radfahrer ist in Karlsruhe zu wenig bekannt

Außerdem gebe es ein durchgängiges Netz aus Radwegverbindungen, die im Winter geräumt und gestreut werden. „Das kennt nur kaum einer“, kritisiert der Bauingenieur. „Da bräuchte es noch eine bessere Kommunikation.“ Und auch sonst haben er und sein Team bereits einige Verbesserungsvorschläge gesammelt, die sie am Ende der zweijährigen Forschungsphase als Handlungsempfehlungen an Kommunen zusammenfassen wollen.

Damit Radfahrer sich beispielsweise bei Eis und Schnee besser zurechtfinden, könnte man die Wege, die Teil des Winternetzes sind, an den bereits bestehenden Schildern kennzeichnen, schlagen die Forscher vor. Unter den Studierenden der Hochschule haben sie in der Corona-Zeit einen Wettbewerb gestartet: Gesucht war ein Piktogramm, das leicht verständlich anzeigt, wo Radler bei Schnee mit freien Wegen rechnen können. 90 Einsendungen gab es.

„Ob die Maßnahme am Ende in den Gemeinden umgesetzt wird, hängt nicht an uns“, betont Holldorb. Gerade mit der Karlsruher Stadtverwaltung arbeite man aber gut zusammen. Die Wissenschaftler haben beispielsweise schon in Workshops mit Mitarbeitern des Karlsruher Winterdienstes gesprochen, um herauszufinden, welche Herausforderungen es bei dieser Arbeit gibt.

„Oft sind Dinge ja gut geplant, aber in der Praxis funktioniert es dann nicht“, sagt Thorsten Cypra von der Hochschule des Saarlandes. Beispielsweise könnten Baustellen den Räumfahrzeugen den Weg versperren. „Oder E-Scooter, die auf dem Radweg stehen“, ergänzt Tim Wiesler, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter im WinRad-Projekt tätig ist.

Radler müssen sich auf sichere Fahrt auch im Winter verlassen können

Wiesler ist im vergangenen Winter mehrmals das Karlsruher Wegenetz abgefahren und hat den Zustand der Straßen analysiert. Aktuell läuft eine Umfrage, in der Radfahrer aus Karlsruhe, Köln und München Fotos von verschiedenen Fahrbahnzuständen bewerten sollen. Zusätzlich untersuchen die Forscher mit Kameras an Räumfahrzeugen deren Einsatzmöglichkeiten.

„In der Corona-Zeit sind viele Menschen vom ÖPNV aufs Fahrrad umgestiegen“, sagt Bauingenieur Cypra. Jetzt stelle sich die Frage, wie man den positiven Trend beibehalten kann. „Das funktioniert nur, wenn Radler sich darauf verlassen können, dass sie ihr Ziel sicher und mit einem gewissen Komfort erreichen können.“

Es gibt eine sehr große Dunkelziffer, weil Stürze nicht gemeldet werden.
Christian Holldorb, Professor für Architektur und Bauwesen an der Hochschule Karlsruhe

Dabei geht es keinesfalls nur um Schnee, wie Wiesler betont: Glätte sei ein häufigerer und umso relevanterer Umstand, der Menschen vom Radfahren abhält. Im Gegensatz zu Autofahrern, die bei einem Unfall in der Stadt mit großer Wahrscheinlichkeit nur einen Blechschaden riskieren, führe fast jeder Sturz mit dem Rad zu einer Verletzung, sagt Holldorb.

„Es gibt da eine sehr große Dunkelziffer, weil Stürze nicht der Polizei gemeldet werden.“ Selbst in Städten mit wenig Schnee wie Karlsruhe sei es daher wichtig, dass der Winterdienst auf Radwegen noch höher priorisiert wird – auch im Vergleich zu dem auf Straßen.

Wenn Schnee von der Autospur einfach auf den benachbarten Radweg geschoben wird, gibt es für Ganzjahresradler schließlich oft kein Durchkommen mehr. „Aber irgendwo muss der Schnee ja hin“, sagt Holldorb. Hier ergibt sich für Kommunen ein Mehraufwand – der aber gerechtfertigt sei. „Schließlich schafft man damit auch einen Mehrwert“, so der Forscher.

Umfrage für Fahrradfahrer

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