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Materialprüfung im Fokus

Gesellschaft für Umweltsimulation diskutiert in Stutensee den aktuellen Forschungsstand

Experten diskutieren in der Festhalle in Stutensee-Blankenloch über die Bedeutung der Umweltsimulation für die Haltbarkeit von Alltagsprodukten.

Blick von oben auf sitzendes Publikum vor Präsentation
Um aktuelle Themen aus dem Bereich Umweltsimulationen ging es bei einer Fachtagung in der Blankenlocher Festhalle. Jedes Jahr treffen sich dort Experten und Wissenschaftler aus ganz Deutschland. Foto: Klaus Müller

Richtig fatal wäre es, wenn Rotorblätter einer Windkraftanlage „aus heiterem Himmel“ abbrächen und dann im Abwärtsflug auf den Boden knallten. Wenn Batterien fürs Handy, Laptop nach wenigen Wochen den Geist aufgäben oder Verpackungsmüll „ewig“ vor sich hingammelten. Oder wenn sich Autoteile wegen Materialfehler in „Luft auflösten“.

Die Liste solcher oder ähnlicher Szenarien ließe sich beliebig fortsetzen.

Wir benötigten mehr Platz. Die Festhalle in Bankenloch bot sich dafür an.
Karl-Friedrich Ziegahn
GUS-Präsident

Dafür, dass sich jene Fälle, wenigstens die schlimmsten davon, nicht allzu oft wiederholen, soll der Fachbereich Umweltsimulation sorgen. Was bedeutet: Materialien, Stoffe, kurzum vieles, was zur Herstellung von Produkten zum Einsatz kommt, wird vorher geprüft – unter Echtzeitbedingungen oder unter Laborbedingungen.

Seit 1969 nimmt sich die Gesellschaft für Umweltsimulation (GUS) dieser hochkomplexen Themen an. Die GUS mit Geschäftssitz am Fraunhofer ICT Berghausen lässt sich als eine Dachorganisation bezeichnen, die Menschen, Institutionen oder Firmen und Unternehmen zusammenbringt, um Umweltsimulationen im Allgemeinen und Speziellen zu optimieren und, wenn notwendig, dabei neue Wege zu bestreiten.

Experten besprechen Umweltsimulation für Alltagsprodukte

Zu solch einem (Informations-)Austausch kam es nun wieder in Blankenloch, in der dortigen Festhalle. Ort und Schauplatz mögen angesichts der Vielzahl an Teilnehmern (175) aus ganz Deutschland sowie aus benachbarten Ländern, und das noch mit Blick auf die thematischen Fachvorträge, verwundern.

Da würde man eher an Universitäten oder Forschungseinrichtungen denken. „Ursprünglich war unsere Jahrestagung – dieses Jahr ist es die 52. – am ICT Berghausen angesiedelt“, berichtet GUS-Präsident Karl-Friedrich Ziegahn. Das Interesse an der Tagung sei immer größer geworden. „Wir benötigten mehr Platz. Die Festhalle in Bankenloch bot sich dafür an.“

Sicher, die einzelnen Vorträge der zweitägigen Veranstaltung sind hochspezifisch. Gleichwohl lässt sich unschwer immer wieder der direkte Bezug zum Alltagsnutzen und die damit verbundene Lebensdauer von technischen Erzeugnissen erkennen. Es geht vordringlich um die Wechselwirkungen zwischen Produkt und Umwelt.

Gemessene Wechselwirkungen dürfen wir nie außer Acht lassen.
Anja Geburtig
GUS-Vizepräsidentin

Wie stark Umwelteinflüsse auf einen wirken können, dürfte jeder schon sehr unmittelbar mitbekommen haben. Teilweise noch stärker sind eben (Alltags-)Produkte „Wind und Wetter“ ausgesetzt. Natürliche Einflüsse wie etwa Wärme, Kälte, Hitze, Regen oder Temperatur spielten dabei genauso eine Rolle wie zivilisatorische Einflüsse, etwa Lärm, Beleuchtung, Lebensmittel oder Partikelemissionen, erläutert Ziegahn.

Beispiel Polymere, insbesondere synthetische Polymere als Bausteine von Kunststoffen: Mehr und mehr spielt auch in diesem Bereich die digitale Umweltsimulation eine tragende Rolle. Referentin Anja Geburtig riet aber davon an, sich allein nur auf die so berechneten Modelle zu verlassen. Die Wissenschaftlerin und GUS-Vizepräsidentin referierte über „digitale Umweltsimulation am Beispiel der Photooxidation von Polymeren“.

Errechnete Wechselwirkungen mit Wärme, Feuchtigkeit oder Kälte seien eine Sache – eine andere tatsächlich gemessene Wechselwirkungen. „Die dürfen wir nie außer Acht lassen.“ Oftmals fehlten jedoch „verlässliche, gemessene Beanspruchungsdaten“. Die Beschaffung dieser Daten sollte indes kein Hexenwerk sein. Das ließe sich über Sensoren an den zu untersuchenden Objekten bewerkstelligen. „Was aber von den Herstellern und von der Politik gewollt sein muss“, lässt sie im Gespräch mit dieser Redaktion anklingen.

Jahrestagung in Blankenloch stößt auf großes Interesse

Ideal, zum Beispiel bei Windkraftanlagen, könnte ein öffentlicher Pool von immer wieder aktualisierten Messdaten über die Wechselwirkung von Materialen (Rotorblätter) und Umwelteinflüssen sein; vergleichbar mit einem medizinischen Register. Ob das freilich von den Herstellern so gewollt ist, darf bezweifelt werden. Man fürchtet, die Konkurrenz könnte so zu viel Datenmaterial über die eigenen Produkte erlangen.

Zudem sollte – wirtschaftlich gesehen – das Verhältnis von Aufwand, Kosten und Gewinn stimmen. Immerhin, auf der Arbeitsebene, bei der Weiterentwicklung der Methodik im Bereich der Umweltsimulationen, scheint nach Auskunft von GUS-Geschäftsführer Thomas Reichert die Zusammenarbeit gut zu funktionieren. Ein deutliches Indiz dafür sei das große Interesse an der Jahrestagung in Blankenloch.

Dort schlug beim Referat von Philippa Scharpmann vom BAM (Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung) überdies das Thema auf, wie sich Lithium-Ionen-Zellen (Batterien für Handy, Laptops, Autos) realitätsnah, dies aber beschleunigt, altern ließen. Es gehe, so die Referentin, um die weitere Nutzung von ausrangierten Batterien. Ausgediente Batteriezellen für Versuche zu nutzen, sei nicht zielführend, weil kein Wissen über die vorausgegangene Handhabung bekannt sein dürfte.

Um es kurz zu machen: Lithium-Ionen-Zellen, die immer wieder total und darüber hinaus entladen wurden, können bei dann sachgerechten folgenden Beladungen durchaus weitergenutzt werden. Der durchs „Falschladen“ generierte Schaden bleibt aber bestehen. Zu den Ergebnissen kam Scharpmann bei ihren Versuchsreihen.

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