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Ehrenamt im Sport

Frank Lautenschläger, Vorstand TSV Weingarten: „Man kann nicht nur konsumieren und fordern“

Frank Lautenschläger ist seit 2007 Erster Vorsitzender des TSV Weingarten. Vor allem seinem Einsatz ist zu verdanken, dass der Verein mit 1.400 Mitgliedern seit einem Jahr einen schmucken Sportpark besitzt.

Lautenschläger
Hat den Hut auf: Frank Lautenschläger, Erster Vorstand des TSV Weingarten, vor der im vergangenen Frühjahr eröffneten vereinseigenen Sporthalle. Foto: TSV Weingarten

Rund 50.000 Ehrenamtliche helfen in nordbadischen Clubs dabei, ein Sportangebot für knapp 790.000 Menschen auf die Beine zu stellen.

Wie der Badische Sportbund Nord (BSB) in seiner Studie „Sozialrendite des Vereinssports“ beziffert, leisten die Ehrenamtlichen 8,5 Millionen Arbeitsstunden im Jahr, was einer Wertschöpfung circa 130 Millionen Euro entspreche.

An dieser Stelle würdigen die Badischen Neuesten Nachrichten die Leistung von Menschen, die mit ihrem Engagement mit für eine lebendige und vielfältige Sportlandschaft sorgen. Frank Lautenschläger (57), ist seit 2007 erster Vorsitzender des 1.400 Mitglieder zählenden TSV Weingarten und seit 40 Jahren im Verein.

Warum ich das angefangen habe:

In meiner aktiven Turn-Karriere habe ich viele schöne Stunden erlebt und viele Freundschaften geschlossen. Im Verein habe ich auch meine Frau Uta kennen gelernt. Die Zeit, die ich nur positiv erlebt habe, hat mich geprägt. Das war ein Grund für mich, 1990 als Übungsleiter anzufangen. Fünf Jahre später war ich auf einmal Beisitzer im Vorstand, weil bei der Suche ja wieder mal alle „hier“ geschrien haben. Als 2007 dann ein neuer Erster Vorsitzender gewählt werden musste, habe ich nach Abstimmung mit anderen Mitstreitern im Vorstand kandidiert. Das Gesamtpaket hat gestimmt. Wir haben den Generationswechsel vollzogen, den wir im Zuge der 125-Jahr-Feier 2005 angestrebt haben. Im Festausschuss hatten wir viel bewegt und erkannt, dass in dem Verein noch viel Potenzial steckt. Da ging ein Ruck durch das gesamte Team.



Was mich antreibt:

Der Spaß an der Arbeit und die Erfolge, die wir gemeinsam erreicht haben und weiter erreichen, sind Lohn für die vielen investierten Stunden. Bei einer Klausurtagung nach den Vorstandswahlen 2007 haben wir uns Vorgaben gesetzt, die wir inzwischen erfolgreich umgesetzt haben: Eine Homepage, die Übungsleitervergütung und vor allem der Bau einer vereinseigenen Halle. Von der ersten Idee bis zur Eröffnung des Geggus-Sportparks sind fast 15 Jahre vergangen. Für mich war immer klar: Ich springe nicht ab, so lange das Projekt nicht fertiggestellt ist. Im April 2022 wurde das Sportzentrum eröffnet, jetzt erfolgen die letzten Außenarbeiten an der Leichtathletikanlage.

Worüber ich mich am meisten gefreut habe:

Wir hatten früher keine eigene Halle. Dass diese neue Halle jetzt in Betrieb ist, ist mein größtes Highlight. Dieses Projekt, bei dem die Baukosten aufgrund der allgemeinen Preissteigerung aus dem Ruder gelaufen sind auf schließlich fünf Millionen Euro, hat mir manche schlaflose Nacht bereitet. Als klar war, dass es klappt, ist mir ein großer Stein vom Herzen gefallen. Die Finanzierung steht und auch die Anlage. Darauf bin ich stolz. Aber was mich auch freut: Dass es uns gelungen ist, nach der Auflösung der Mannschaft, die 2004 noch in der Dritten Liga geturnt hat, dank inzwischen erfolgreicher Nachwuchsarbeit wieder eine Mannschaft stellen zu können. Sie turnt in der Landesliga und hat gute Chancen, in die Verbandsliga aufzusteigen.

Wie lange ich das noch machen will:

Ich habe mal gesagt, dass ich mit 60 das Zepter in jüngere Hände gebe. Das ist das Ziel. Der Neubau steht, wir sind konzeptionell gut aufgestellt. Es ist wichtig, dass junges Blut Verantwortung übernimmt. Beispiel Social Media: Von dem Thema bin ich weit weg. Vielleicht sollte auch eine Neuaufstellung erfolgen in Form eines Geschäftsführers und eines Vorstands, der dann in erster Linie repräsentiert. Das Schöne ist, dass Leute nachrücken, die bei mir im Alter von acht Jahren angefangen haben zu turnen und die jetzt selbst Funktionen übernehmen.

Was meine weiteren Ziele sind:

Es gilt, weiterhin alles zu festigen: die Strukturen, die Finanzen. Und es gilt, den Verein weiterzuentwickeln: Mit den Abteilungen mehr nach außen zu gehen, das Marketing zu forcieren und die Suche nach weiteren Sponsoren: Da ist noch Luft nach oben. Aber das Wichtigste ist, den Verein so aufzustellen, dass die Tradition beibehalten wird, ohne die Modernisierung zu vergessen.

Womit ich hadere:

Die Entwicklung der Vereine finde ich schade. Meine größte Sorge ist, dass die Vereinskultur verloren geht. Die Vereine werden immer öfter nur noch als Dienstleister gesehen. Aber auch wir müssen diesen Weg mitgehen und Kurse anbieten, um Einnahmen zu generieren. Die Leute kommen, machen ihren Sport und gehen wieder, das hat Fitnessstudiocharakter. Wichtig ist bei der aus finanziellen Gründen notwendigen Öffnung, die Tradition nicht aus den Augen zu verlieren.

Warum man sich engagieren sollte:

Es rentiert sich, sich ehrenamtlich einzubringen, weil man so einen Weg in eine Gemeinschaft findet und weil man der Gesellschaft auch etwas zurückgibt. Man kann nicht nur konsumieren und fordern nach dem Motto: Ich bezahle und bekomme dafür etwas geboten. Es gibt einige bei uns im Verein, die mit Kursen angefangen und dabei gesehen haben, dass hier für Kinder und Senioren viel geleistet wird und die dann gesagt haben: Ich will da mitmachen.

Wie viel Zeit ich investiere:

Derzeit komme ich auf so etwa fünf Stunden in der Woche, mal mehr, mal weniger. Aber während der Bauzeit waren es vier Stunden täglich, das war grenzwertig. Zum Glück hat mir mein Geschäftspartner in der Firma den Rücken freigehalten und mein Sportkamerad Rolf Enderle tatkräftig mitgeholfen. Ohne die Unterstützung hätte ich das nicht geschafft. Wenn man sieht, dass Leute da sind, die mithelfen, dann richtet einen das auf.

Protokoll: Reinhard Sogl

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