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Viele Theorien, wenig Beweise

Mediziner diskutieren in Karlsruhe über Nutzen und Risiken der E-Zigarette

Das Städtische Klinikum Karlsruhe hat zum „1. Karlsruher Präventionsgespräch“ eingeladen. Dabei ging es um Nutzen und Risiken von E-Zigaretten und Tabakerhitzern als Hilfsmittel im Kampf gegen das Rauchen. Für Jugendliche sind die nicht ganz ungefährlich.

Über E-Zigaretten und Tabakerhitzer kursieren viele Mythen. Suchtexperten und Mediziner diskutierten in Karlsruhe über die Fakten.
Über E-Zigaretten und Tabakerhitzer kursieren viele Mythen. Suchtexperten und Mediziner diskutierten in Karlsruhe über die Fakten. Foto: dpa

Das Städtische Klinikum Karlsruhe hat zum „1. Karlsruher Präventionsgespräch“ eingeladen. Dabei ging es um Nutzen und Risiken von E-Zigaretten und Tabakerhitzern als Hilfsmittel im Kampf gegen das Rauchen.

Claus Schmitt, Kardiologe und Klinikdirektor der Medizinischen Klinik IV am Städtischen Klinikum in Karlsruhe, hat es oft erlebt: „Da kommt ein 40-jähriger Patient, der den Herzinfarkt gerade mal so überlebt hat, und raucht trotzdem weiter.“ Auch sein Kollege Martin Storck, Leiter der Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie, kennt das aus seinem Klinikalltag und zitiert einen alten Medizinerwitz: „Woran erkennt man eine Klinik mit Gefäßchirurgie? Am Einbeinigen, der im Rollstuhl vor der Eingangstüre sitzt und raucht.“

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Nur fünf Prozent bleiben wirklich abstinent

Egal, ob Herzerkrankungen, Gefäßleiden oder Krebs – das Rauchen ist und bleibt eine der Hauptursachen für tödliche Erkrankungen. Doch obwohl sich dieser Umstand mittlerweile überall herumgesprochen haben dürfte, fällt es vielen Rauchern schwer, ihr Laster aufzugeben. So schwer, dass nur rund fünf Prozent derer, die es versuchen, auch wirklich abstinent bleiben. Ist Rauchentwöhnung also eine Utopie oder ist sie machbar?

Diese und andere Fragen standen im Mittelpunkt des „1. Karlsruher Präventionsgesprächs“, zu dem Klinikdirektor Martin Storck Kollegen, Experten und ein interessiertes Publikum zu Fachvorträgen mit anschließender Podiumsdiskussion eingeladen hatte. Ganz zentral war dabei die Frage nach Nutzen und Risiken von E-Zigaretten und Tabakerhitzern als Hilfsmittel im Kampf gegen das Rauchen.

Zwei Alternativen zur Tabakverbrennung

Ute Mons vom Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg nahm in ihrem Vortrag die beiden Verfahren Tabakerhitzen und Verdampfen als Alternativen zur sehr giftigen Tabakverbrennung unter die Lupe. Diese enthielten zwar deutlich weniger gefährliche Substanzen als Tabakzigaretten, sind aber bezüglich der Langzeitwirkungen auf die Gesundheit noch nicht ausreichend gut untersucht. Insgesamt bestehe jedoch eine circa 90-prozentige Risikoreduktion in Bezug auf Toxizität und Krebs.

Mons wies darauf hin, dass Deutschland im europäischen Vergleich einen der letzten Plätze im Kampf gegen das Rauchen belegt. Sie bemängelte, dass es dahingehend hierzulande auch keine strukturierten Bemühungen gebe, die Raucher beim Wunsch, ihr Laster aufzugeben, unterstützen und begleiten.

Schaden kann geringer sein

Elke Pieper vom Bundesamt für Risikobewertung bestätigte, dass elektrische Ersatzprodukte bei bestimmungsgemäßem Gebrauch deutlich weniger schädlich sind als die klassischen Verfahren mit Tabakverbrennung.

Sie wies aber darauf hin, dass immer mehr Menschen synthetische Drogen durch die E-Zigarette konsumieren und viele gefährliche Liquids zugemischt Vitamin E (Tocopherol) und Cannabis enthalten. Dies hatte in den USA zu Erkrankungen mit Todesfällen geführt.

Gefährliche Einstiegsdroge für Jugendliche

„Die steigende Nutzung von E-Zigaretten und die sich anbahnenden gesundheitlichen Folgen sowohl für das Herz-Kreislaufsystem als auch für Lungenerkrankungen sind ein topaktuelles Thema, für das wir Ärzte neue Lösungsansätze finden müssen“, betonte Klinikdirektor Martin Storck, der einige Mythen rund um Erhitzer und Verdampfer durch aktuelle Studien zu Lungen- und Gefäßerkrankungen richtigstellte. Teure Medikamente könnten die negativen Auswirkungen des Rauchens nicht ausgleichen. „Rauchentwöhnung ist und bleibt das Ziel, ist aber ein schwieriger Weg.“

Ein wichtiges Argument ist die These, dass die elektrischen Glimmstängel für Jugendliche zur Einstiegsdroge werden könnten. Aus Sicht von Daniela Jamin vom Institut für Suchtforschung an der University of Applied Science in Frankfurt bestehe bis heute jedoch kein sicherer Nachweis für diese Gateway Theorie. Vielmehr hätten Studien gezeigt, dass nur 15 Prozent der jugendlichen Raucher mit der E-Zigarette begonnen haben. Insgesamt ist die Zahl der jugendlichen Raucher rückläufig.

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