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Ungewisse Zukunft

Tanzlokal und Stripclub: Das „Rheingold“ in Karlsruhe wird verkauft

Die Schaufenster sind dekoriert mit blinkenden Lichterketten, daneben lädt eine Leuchtreklame zum Eintreten ein: „Open“. Über dem Eingang: der große, rot-goldene Schriftzug „Rheingold“. Noch leuchtet er am Abend, doch seit Kurzem steht das Haus Rheingold in Mühlburg zum Verkauf. Wie lange es dort noch erotische Shows geben wird, ist ungewiss.

Rheingold
Ein leuchtender Schriftzug ziert das Gebäude in der Rheinstraße in Mühlburg. Im Rheingold gibt es neben den Erotik-Shows auch zwei Clubs und Wohnungen. Foto: jodo

Die Schaufenster sind dekoriert mit blinkenden Lichterketten, daneben lädt eine Leuchtreklame zum Eintreten ein: „Open“. Im Eingangsbereich weckt eine mondäne Treppe nostalgische Gefühle. Außen am Gebäude: der große, rot-goldene Schriftzug „Rheingold“. Noch leuchtet er am Abend – sofern er nicht gerade defekt ist.

Doch wie lange das noch so sein wird? Das ist ungewiss. Seit kurzem steht das Gebäude in der Rheinstraße 77 in Mühlburg für 1,86 Millionen Euro zum Verkauf. Ein Gebäude mit Historie, das in Karlsruhe längst Kultstatus erreicht hat. Ein Gebäude, das unzählige Menschen kennengelernt hat und sicherlich unzählige, prickelnde Geschichten erzählen würde – könnte es reden.

Das Haus Rheingold: ein Stück Karlsruher Geschichte

Das Rheingold öffnete im Oktober 1937 seine Pforten. Als traditionelles Lichtspielhaus verfügte es über einen Kinosaal mit 700 Plätzen. Gerhard Bechtold schreibt in seinem Buch „Kino – Schauplätze der Stadt“, dass das Rheingold für die „filmpolitischen Ziele der Nazis ein willkommener Zugewinn“ gewesen sei. Sie führten dort Propagandafilme vor, bevor sie es während des Zweiten Weltkrieges als Truppenkino einsetzten.

Nach Ende des Krieges beschlagnahmten es zunächst die Amerikaner für ihre eigenen Soldaten. Am 23. November 1945 öffnete es dann wieder für die Bevölkerung. Neben der Schauburg und dem Capitol im Konzerthaus zählte es zu den drei großen Kinos der Stadt.

In den 60er Jahren änderte sich das Konzept. Eine Zwischendecke sollte den großen Saal in zwei Bereiche teilen. Der obere Raum wurde bis 1980 weiterhin für Filmvorführungen genutzt. Nach einem Brand 1972 entstand daraus das erste Raucherkino Baden-Württembergs. Es spezialisierte sich auf Sexfilme.

Heute findet sich in diesem Bereich der Musicclub 77. Ein Raum, der für Events gemietet werden kann. Im unteren Bereich zog zunächst der „Beat Club Blow up“ ein, der später dann zum Varieté- und Striptease Club Rheingold wurde.

Besitzerin will sich aus dem Nachtleben zurückziehen

Nun steht ein neuer Abschnitt bevor: Die aktuelle Besitzerin verkauft das Haus. Die 39-jährige Ukrainerin, die namentlich nicht genannt werden möchte, will sich aus dem Nachtleben zurückziehen. „Ich verkaufe aus privaten Gründen. Als alleinerziehende Mutter passt das mit den Arbeitszeiten nicht“, erzählt sie.

Bereits seit 2013 hat sie das Rheingold gepachtet, seit zwei Jahren ist es in ihrem Besitz. Dazu gehören neben dem großen Cabaret-Raum und dem darüberliegenden Musicclub 77, einige Wohnungen und das Datscha. Ein weiterer Raum, der für private Veranstaltungen gebucht werden kann.

Jede Menge Umbaumöglichkeiten seien vorhanden. Unter Denkmalschutz stehe das Haus aber nicht, so wäre auch ein Abriss durch den neuen Besitzer möglich. Sie persönlich würde das jedoch bedauern. Es sei mittlerweile in Karlsruhe nämlich der einzige Nachtclub, der noch regelmäßige Cabaret-Shows anbiete.

Langsam verschwinden die Häuser mit Historie in Mühlburg
Massimo Ferrini

Auch Massimo Ferrini, der Vorsitzende des Bürgerverein Mühlburg, wäre über einen Abriss nicht glücklich. „Langsam verschwinden die Häuser mit Historie in Mühlburg“, sagt Ferrini. Der Bürgerverein selbst nutzt den Musicclub 77 alle zwei Wochen als Tanzlokal. „Wir bieten Menschen über 50 Jahren mal wieder die Möglichkeit, tanzen zu gehen. Das wird gut angenommen und das würden wir natürlich gerne weitermachen“, erzählt er.

Für die Zukunft des Rheingolds würde Ferrini sich ein Carl-Benz- und Heimatmuseum wünschen. Aber auch das erotische Cabaret könne seiner Meinung nach gerne bleiben. „Das Rheingold ist offen für jeden. Es kam immer ohne Skandale aus. Polizei war bisher selten bis nie nötig“, so Ferrini.

Verkauf noch in diesem Jahr

Dass es sich beim Rheingold um kein Freudenhaus handelt, ist der Besitzerin wichtig. „Das Rheingold ist kein Puff. "Wir machen Cabaret“, betont sie. Im gesamten Haus seien zwischen zehn und 15 Mitarbeiter beschäftigt. Davon sind neben fünf fest angestellten Tänzerinnen auch einige, die auf selbstständiger Basis dort arbeiten. Wie es mit ihnen nach dem Verkauf weitergeht, steht genauso in den Sternen, wie die Zukunft des Gebäudes.

Mühlburger Insidern zufolge interessiere sich die Stadt für das Haus. Auf mehrfache Anfrage der BNN kam bis Dienstag hierzu keine Stellungnahme von der Stadt. Laut der aktuellen Besitzerin gäbe es einige Interessenten, verkauft habe sie aber noch nicht. Ihr Ziel sei es allerdings, den Verkauf noch in diesem Jahr abzuschließen.

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