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Im Zweifelsfall eine Tasse Tee

Schlafmediziner aus Karlsruhe erklärt: Wie schläft man bei Hitze?

Tagsüber ist es heiß und die Nächte verschaffen kaum Abkühlung. Für guten Schlaf sind das schlechte Nachrichten: Bei nächtlichen Temperaturen von über 20 Grad kommt der Körper schließlich nicht mehr so recht zur Ruhe. Ein Schlafmediziner aus Karlsruhe erklärt, was jetzt helfen kann – Abwarten und Tee trinken zum Beispiel.

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Schlaflos durch die Nacht? Das muss auch bei hohen Temperaturen nicht sein. Foto: imago/Monkeybusiness

Die erste Hitzephase des Sommers steht vor der Tür und hat ein paar Tropennächte im Gepäck. Der menschliche Organismus reagiert darauf mit Warnsignalen: Fällt das Thermometer nachts nicht unter 20 Grad, jagt ein Weckimpuls nach dem nächsten durch den menschlichen Körper. „Da greift eine Art Schutzmechanismus, der uns vor Überhitzung schützen soll“, erklärt Matthias Berger, Schlafmediziner am Klinikum Karlsruhe. „In der Konsequenz verflacht unsere Schlafqualität.“

Ein paar Stellschrauben gibt es

Nun lässt sich dieser Schutzmechanismus nicht abstellen, genauso wenig wie das menschliche Bedürfnis nach Schlaf. Zum Glück bleiben einige Stellschrauben, um auch bei hohen Temperaturen ein schlafförderndes Umfeld zu schaffen. Zunächst mal seien da einige Faustregeln, sagt Berger: „Morgens und abends lüften, tagsüber die Fenster schließen und die Wohnung verdunkeln – so bleibt es drinnen etwas kühler.“

Schlafmediziner Matthias Berger, Klinikum Karlsruhe.
Schlafmediziner Matthias Berger, Klinikum Karlsruhe. Foto: Philip Dehm Fotografie

Empfehlenswert sei auch der Einsatz von Feuchtigkeit – etwa ein nasses Bettlaken, dass übers geöffnete Fenster gehangen wird oder die Kombination von nassem Tuch und Ventilator. Wobei der, um Zugluft zu vermeiden, nicht direkt auf den Körper gerichtet werden sollte. Auch Wechselduschen vor dem Schlafengehen können hilfreich sein – wichtig sei, den Duschgang mit warmen Wasser zu beenden. „Dadurch werden die Poren des Körpers geöffnet, was die Oberflächenkühlung der Haut begünstigt“, beschreibt Berger.

Besser ein warmes Getränk

Ebenfalls wichtig: ein Lebenswandel, der einer guten Nachtruhe zuträglich ist. „Faktoren wie Alkohol, schweres Essen oder sportliche Betätigung in den Abendstunden hindern den Körper generell daran, zur Ruhe zu kommen und beeinträchtigen die Schlafqualität“, erklärt Berger - bei Hitzenächten sei es daher umso wichtiger, entsprechende Einflüsse zu minimieren. Und etwa auf ein leichtes, proteinhaltiges Abendbrot umzusatteln.

Wenig ratsam ist zudem, vor dem Schlafen noch viel Wasser zu trinken - ansonsten unterbricht Harndrang die Nachtruhe. Apropos Getränke: Besser als ein Glas kühles Wasser sei im Zweifelsfall eine heiße Tasse Kräutertee, erklärt der Fachmann: „Die Aufnahme von warmer Flüssigkeit aktiviert nämlich die Körperkühlung.”

Besser Buch statt Bildschirm

Setzt der Schlaf einfach nicht ein, gelte vor allem: Ruhe bewahren. „Der Körper hat im Sommer zunächst mal ein etwas geringeres Schlafbedürfnis. Und ein paar Nächte ohne viel Schlaf steckt er ganz gut weg, deswegen sollte sich niemand verrückt machen „, sagt Berger. Wer partout nicht einschlafen könne, solle zu etwas leichter Literatur, einem Hörbuch oder ruhiger Musik greifen - Smartphone und TV seien wegen ihrer Beanspruchung der Augen eher kontraproduktiv.

Den Schlaf mit Medikamenten zu unterstützen, sei nur in Ausnahmesituationen angezeigt - „etwa, wenn am nächsten Tag Höchstleistungen abgerufen werden müssen.” Ansonsten gelte: Pillen sollten vor allem dann zum Einsatz kommen, wenn Schlafstörungen pathologischer Natur seien. „Dann sind die Beschwerden in aller Regel lang anhaltend, mit Leidensdruck und mit Auswirkungen auf den Alltag verbunden.” In solchen Fällen rät Berger zur Konsultation eines Arztes.

Die Nachtruhe wird mediterran

Ganz generell vermutet Berger, dass der Klimawandel auch Auswirkungen auf Schlafgewohnheiten haben wird: „Wir werden uns wahrscheinlich darauf einstellen müssen, in Zukunft häufiger mit Nächten konfrontiert zu sein, in denen keine optimalen Schlaftemperaturen herrschen.” Eine mögliche Lösung sieht er in den mediterranen Ländern. „Dort ist es üblich, abends erst sehr spät ins Bett zu gehen und dafür am Tag eine zusätzliche Ruhephase einzulegen.”

Eine Siesta - oder zumindest ein kurzes Powernapping - sei auch in hiesigen Breitengraden probates Mittel, um Energie zu tanken.

Tropennächte

In Tropennächten fällt die Lufttemperatur zwischen 18 Uhr abends und 6 Uhr morgens nicht unter 20 Grad Celsius. Aus medizinischer Perspektive sind sie problematisch, gerade in Hinblick auf ältere Leute. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) misst an den meisten seiner Messstationen durchschnittlich weniger als eine Tropennacht pro Jahr. An seiner Messstation in Heidelberg verzeichnet der DWD im langjährigen Mittel 4,5 Tropennächte pro Jahr. Den deutschen Rekordwert hält Kehl, wo im Sommer 2003 21 Tropennächte gemessen wurden.

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