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Zwischen Herz und Kommerz

War früher auch im Fußball alles besser? Einstige KSC-Größen diskutieren über Leidenschaft und Kommerz

Bei der BNN-Diskussionsrunde im Karlsruher Ständehaus haben am Freitagnachmittag ehemalige KSC-Größen und aktuelle Vorsitzende vor 150 Gästen über den Spagat zwischen Herz und Kommerz debattiert.

René Dankert (von rechts), Michael Harforth, Timo Staffeldt, Gunther Metz, Marco Fuchs, Michael Becker und Pascal Schütt diskutieren im Rahmen der BNN-Talkrunde „Zwischen Herz und Kommerz“.
René Dankert (von rechts), Michael Harforth, Timo Staffeldt, Gunther Metz, Marco Fuchs, Michael Becker und Pascal Schütt diskutieren im Rahmen der BNN-Talkrunde „Zwischen Herz und Kommerz“. Foto: Rake Hora /BNN

Es ging um Herz und es ging um Kommerz – und gleich zu Anfang um die Frage: War früher auch im Fußball alles besser? Die ehemaligen KSC-Größen Michael Harforth, Gunther Metz und Timo Staffeldt debattierten am Freitagnachmittag im Karlsruher Ständehaus nicht zuletzt dieses Thema mit Michael Becker, dem Geschäftsführer des Fußball-Zweitligisten Karlsruher SC, Marco Fuchs, dem Vorsitzenden des Fan-Dachverbandes Supporters, sowie René Dankert, dem Leiter der BNN-Sportredaktion und Autor des Buches „Hinterm Nackten Mann“.

Einstige KSC-Größen plaudern frisch von der Leber weg

Die Antworten auf die erste und durchaus mit Augenzwinkern von Moderator und BNN-Redakteur Pascal Schütt gestellte Frage: Metz: „Es war komplett anders – und trotzdem spielen wir immer noch Elf gegen Elf.“

Staffeldt: „Der Grundansatz des Spiels ist der gleiche geblieben: Es geht ums Ergebnis.“ Harforth: „Bei der heutigen Spielweise wäre ich nach zehn Minuten am Ende gewesen. Früher waren die Gegenspieler zehn Meter weit weg. Da war es schon schön zu spielen.“

Frisch von der Leber weg plauderten die Größen von einst – auf dem Podium waren alles in allem fast 800 Bundesligaspiele sowie 34 Profijahre im blau-weißen-Dress versammelt – über ihre Erfahrungen und Einschätzungen. Äußerst unterhaltsam und kurzweilig machte das die anderthalb Stunden für die rund 150 Zuhörer, auch der ein oder andere Lacher streute sich immer wieder ein.

Dabei gab es durchaus Ernstes und Existenzielles durchzudeklinieren, etwa wenn KSC-Geschäftsführer Becker im Zuge der Kommerzialisierung von einer Gratwanderung für die Vereine sprach, auf der man sich derzeit mehr denn je befinde. „Das Wichtigste ist, was auf dem Platz geschieht. Aber auch das Daneben muss stimmen“, stellte Becker fest.

Sonst könne man in den drei Profiligen heutzutage kaum mehr konkurrenzfähig sein, so Becker. Mit dem Bau des Stadions habe der KSC diesbezügliche Defizite aufgearbeitet. Erstmals seit 25 Jahren sind wir wettbewerbsfähig“, sagte der Geschäftsführer. Nun gehe es darum, sich weiter nach vorne zu arbeiten, „ohne Harakiri“ zu betreiben.

Bezüglich des Einstiegs eines Investors beim KSC stellte er fest: „Es geht darum, einen zu finden, der zu uns passt.“ Sollte dies nicht geschehen, käme der KSC bis auf Weiteres auch ohne ganz gut zurecht.

Durchschnittsgehälter sind massiv gestiegen

Den Einwurf Dankerts, dass es im Fußball prinzipiell um immer mehr Gewinn also Geld gehe, bestätigten alle auf dem Podium mit einem kräftigen Kopfnicken.

Konsens bestand auch in der Feststellung, dass die Kluft zwischen Stars und Fans weiterhin immer weiter auseinandergeht. Dabei gehe es weniger um die Handvoll Superstars (Harforth: „Die spielen das Geld wieder rein.“), als vielmehr um die breite Masse und die Tatsache, dass zu früh zu viel Kohle fließe.

„Die Durchschnittsgehälter sind massiv gestiegen“, bestätigte Becker dies, selbst in Liga zwei verdiene kaum ein Spieler noch weniger als 20.000 Euro im Monat. „Fußball ist der einzige Sport, in dem man schon mit einer Durchschnittsleistung Millionär wird“, merkte Harforth diesbezüglich spitzzüngig an.

„Wer zu früh viel Geld verdient, wird zufrieden“, benannte Metz etwaige Auswirkungen der seit Jahrzehnten andauernden Entwicklung, um anzufügen: „Man muss sehen, was getan werden muss, um wieder mehr Biss zu kriegen.“

Wer zu früh viel Geld verdient, wird zufrieden.
Gunther Metz
Ehemaliger KSC-Profi

Was schnell passieren kann und längst wohl haufenweise passiert, skizzierte Timo Staffeldt: „Wenn ich als 15- oder 16-Jähriger schon 150.000 oder 160.000 verdient hätte, wäre ich auch durchgedreht.

Dass bei alledem die Vereine in der Zwickmühle sitzen, machte KSC-Geschäftsführer Becker deutlich: „Wir sehen schon, dass zu viel bezahlt wird. Aber wir befinden uns auch in einem Wettbewerb und brauchen 20 Spieler.“

Unumstößlich fest steht derweil nicht nur für Marco Fuchs, dass sich die Kluft zwischen Spielern und Basis weiter vergrößert hat. Fast schon polemisch wirkte die Ausführung des Supporter-Chefs, dass auf Seite der Fans Arbeitslose und Rentner immer mehr würden, während auf Seite der Spieler die Anzahl jener wachse, die zum Haareschneiden nach Paris fliegen.

Hinterm Nackten Mann

„Hinterm Nackten Mann“, 160 Seiten, 111 Abbildungen, 19,90 Euro, verfasst von BNN-Autor René Dankert. Erhältlich unter bnn.de/lesershop und im freien Buchhandel.

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