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Veranstalter verzichten auf Kataloge

Reisebüros im Raum Bretten fürchten Reisewarnungen und leiden unter Stornos

Viel Arbeit, aber wenig Verdienst – auf diesen Nenner bringen Reisebüros im Raum Bretten ihre aktuelle Situation. Jetzt befürchten sie eine neue Reisewarnung. Griechenland könnte betroffen sein, ein momentan sehr beliebtes Ziel bei den Kunden.

Zülfikar Göktas, Inhaber von Göktas Reisen, in seinem Reisebüro in Bretten
Reisewarnungen für immer mehr Länder sorgen bei Reisebüros in Bretten für Unsicherheit – auch bei Zülfikar Göktas, Inhaber von Göktas Reisen. Foto: Irmeli Thienes

Umbuchungen, Stornos und Rückforderungen beschäftigen die Reisebüros, ohne Mehreinnahmen zu generieren. So zum Beispiel auch Zülfikar Göktas, Inhaber von Göktas Reisen in Bretten. Oder Jürgen Bergsmann vom gleichnamigen Sulzfelder Reisebüro. „Die Touristik bezahlt erst bei Abreise“, sagt er.

„Wir sind für Buchungen aus 2019 in Vorleistung gegangen. Seitdem arbeiten wir für Kunden und Reiseveranstalter. Alle werden bezahlt, nur die Reisebüros nicht“, sagt Bergsmann. Da er weitere berufliche Standbeine hat, kann er seine Einnahmenverluste etwas abfedern und sein Reisebüro am Laufen halten. „Denn man hat soziale Verantwortung für die Mitarbeiter.“ Er fügt an: „Das Jahr ist durch.“ Und die ersten Veranstalter druckten keine Winterkataloge, um Kosten zu sparen.

Cordula Zürn vom Reiseland Bretten sagt: „Wir brauchen noch, um das Vorjahresniveau an Buchungen zu erreichen.“ Die Nachfrage gebe es ja und sie betreffe vor allem Deutschland oder Österreich, sagen Wolfgang Lübeck vom Tui Reise Center und auch Zürn. Auch Italien gehe wieder, so Lübeck. Die Arbeit gehe nicht aus, sagen beide wie auch Emer Senay von Göktas Reisen. Zülfikar Göktas sagt: „Mehrarbeit macht auch, dass wir für die Kunden bis kurz vor Abreise mehrfach prüfen, ob das gebuchte Hotel nicht doch noch wegen Corona schließt.“

Aber vor allem auch deshalb, da viele Bestandsbuchungen mehrfach angefasst werden und da Mitarbeiter ausfielen, in Kurzarbeit seien. „Ein Kunde wollte in die Dominikanische Republik bis zur Reisewarnung, buchte dann Lanzarote, bis die Kanaren passend waren. Wird auch das dritte Ziel, Griechenland, für riskant erklärt, machen sie Urlaub auf Balkonien“, zitiert Lübeck seine Kunden. Die Zeit sei sehr beratungsintensiv. Von Senays türkischen Kunden buche etwa die Hälfte vom Ziel Türkei um seit der Reisewarnung, die andere storniere, so Senay. „Sie wollten ja in die Heimat.“

Wir können von einer Reisewarnung für Griechenland ausgehen
Jürgen Bergsmann, Reisebüro Bergsmann Kürnbach

Bislang werde Griechenland gut gebucht. Das Wetter sei bis Ende Oktober ideal, so Zürn. Allerdings hat Jürgen Bergsmann an diesem Mittwoch über Griechenland zur Kenntnis genommen, dass Italien bereits von Landrückkehrern aus Griechenland Tests verlange. „Wir können von einer Reisewarnung für Griechenland am Freitag ausgehen“, mutmaßt der Sulzfelder Unternehmer. Deutschland spreche Reisewarnungen stets freitags aus.

„Zwar ist eine Warnung, kein Verbot“, erinnert er. „Aber warum wird über eine kürzere Quarantäne von fünf Tagen gesprochen?“, fragt Bergsmann und meint die Verantwortlichen in Berlin. Wo dann Arbeitgeber klarmachten, dass die Quarantäne auf Kosten des eigenen Urlaubs gehe, sähen die Kunden vom Reisen in ein Risikogebiet ab.

Hilfen kommen kaum im Mittelstand an

Fernreisen, da sind sich die Reisekaufleute einig, werden wenig nachgefragt und auch Kreuzfahrten. Dass man den Kunden bei Rückforderungen, Stornierungen und Umbuchungen helfe, sei ja selbstverständlich, sagt auch Bergsmann. „Wir schicken eine Email nach der anderen für Kunden beispielsweise an Lufthansa, aber wir haben sonst keine Handhabe“, so Lübeck.

„Die Lage ist für die komplette Branche existenzbedrohend“, sagt Bergsmann aus Sulzfeld. „Und wir verlieren die Provision bei Stornos. Die Branche ist weiter sehr gebeutelt“, sagt Lübeck. Von den neun Milliarden Euro an TUI sei nichts unten angekommen. Nach den Landeshilfen im Mai habe er nun auch die Bundeshilfe für den Mittelstand beantragt, über den Steuerberater. Anders gehe es aus Vermeidung von Betrugsversuchen nicht.

Ihre Kunden, so Zürn, fragten wegen der Reisewarnungen für die Kanaren oft nach. Stornierbar seien Reisen auf die Kanaren mit Stand von Mittwoch noch bis 15. September. Die Kanaren wären ab Oktober ein beliebtes Winterziel. „Wir hoffen sehr, das Auswärtige Amt spricht die Reisewarnungen differenzierter aus und hält sie nicht mehr für alle kanarischen Inseln aufrecht“, so Zürn.

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