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Invasive Arten

Rotwangen-Schildkröte im Aalkistensee bei Maulbronn macht Naturschützern Sorgen

Sie sehen possierlich aus – Experten zeigen sich aber besorgt: In fast allen Gewässern der Region sind inzwischen Schildkröten zuhause, die da eigentlich nicht hingehören. Sie sehen die heimische Tierwelt bedroht.

Rotwangen-Schildkröte am Aalkistensee
Hübsch aber gefährlich für heimische Arten: Eine Rotwangen-Schildkröte am Aalkistensee. Foto: Franz Lechner

Sie sind überall und überraschen Spaziergänger und ahnungslose Naturbeobachter noch immer: Schildkröten. Fast in jedem Stillgewässer in der Region sind die Exoten inzwischen zu Hause, und damit eigentlich nicht mehr außergewöhnlich. Ob im Gochsheimer Tongrubensee, im Oberöwisheimer Pfannwaldsee oder im Tiefenbacher Kreuzbergsee und jetzt auch im Aalkistensee – amerikanische Buchstaben-Schmuckschildkröten besiedeln zuhauf inzwischen so ziemlich jedes Stillgewässer in der Region.

Auch die im Aalkistensee entdeckten Rotwangen-Schmuckschildkröten zählen zu den amerikanischen Einwanderern. Und die können für die heimische Fauna ein Problem sein: „Der Laich heimischer Amphibienarten steht ganz weit oben auf ihrer Speisekarte“, erklärt die Schildkrötenexpertin Silke Schweitzer. Die Biologin ist im Referat Naturschutz und Landschaftspflege des Regierungspräsidiums für den Landkreis Karlsruhe zuständig.

Die Zucht der aus den warmen Regionen der Vereinigten Staaten stammenden Buchstaben-Schildkröten und der Handel mit den Tieren waren lange Zeit für viele Menschen ein sehr gutes Geschäft. Wie bei vielen anderen Neobiota, also in einer Gegend ursprünglich nicht heimischen Arten, gilt daher auch für den Handel mit Rotwangen- Gelbwangen- und anderer zur Gruppe der Buchstaben-Schmuckschildkröten gehörenden Reptilien: Manche haben sich bereichert, aber den Schaden trägt die Allgemeinheit.

Viele Schildkröten wurden von ihren Haltern ausgesetzt

Die durchaus hübschen Schmuckschildkröten waren lange Zeit sehr beliebt bei Gartenteich- oder Aquarienfreunden. Bis in den 1990er Jahren ihre Einfuhr nach Deutschland verboten wurde, importierten Händler die Tiere massenhaft aus industriellen amerikanischen Schildkröten-Zuchtfarmen nach Deutschland. Millionen kleine, niedliche Schildkrötenbabys kamen damals in den Handel. Selbst in Baumärkten konnte man die Tierchen für nur fünf Mark kaufen.

Dumm nur, dass die winzigen Schildkröten schnell wachsen, bis zu 35 Zentimeter groß werden und dann in der Haltung alles andere als einfach sind. „Viele ihrer Besitzer entsorgten die Tiere spätestens dann illegal in heimischen Gewässern“, berichtet Silke Schweitzer.

Allerdings ist das ein oder andere Exemplar auch selbstständig zum nächstgelegenen See gewandert. „Es dauert zwar einige Jahre, bis Schmuckschildkröten geschlechtsreif werden, aber sobald es so weit ist, wandern sie los, um einen Geschlechtspartner zu finden“, erklärt die Biologin.

Schmuckschildkröten gelten als invasive Art

Dabei haben die Tiere heute kaum noch Probleme mit dem mitteleuropäischen Klima. Im Gegenteil. „Durch die stetig steigenden jährlichen Durchschnittstemperaturen fühlen sich die wärmeliebenden Reptilien im Südwesten Deutschlands inzwischen so wohl, dass sie sich sogar erfolgreich fortpflanzen“, sagt Silke Schweitzer. Das ist auch der Grund warum das Bundesamt für Naturschutz und die Europäische Union die Schmuckschildkröten heute als sogenannte invasive Art einstufen, also für die heimische Tierwelt gefährlich.

Und dabei ist die Rotwangenschildkröte längst nicht mehr die einzige Bedrohung für die heimische Natur. Selbst in einem Naturschutzgebiet wie dem Aalkistensee oder auch im benachbarten Rossweiher sind heute viele vom Menschen eingeschleppte Neobiota zu Hause. Die Nilgans, die Kanadagans, die Bisamratte, die Nutria oder amerikanische Krebsarten wie der Kamberkrebs sind nur ein paar Beispiele für Tierarten, die heute den Aalkistensee und andere Naturschutzgebiete erobert haben.

Dagegen unternehmen lässt sich zumindest bei den bereits etablierten Arten wenig. Der Aufwand wäre viel zu groß und vollständig ausrotten lassen sich auch die unzähligen Schmuckschildkröten kaum noch. „Lediglich in den Gewässern, in denen besonders geschützte und durch die Schmuckschildkröten gefährdete heimische Arten wie beispielsweise die Europäische Sumpfschildkröte vorkommen, versuchen wir die Rotwangenschildkröten zu entnehmen“, berichtet Silke Schweitzer.

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