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Bewältigungsstrategien nach Krisen

Erstmals wieder ein richtiger Bürgerempfang in Bruchsal

Nach dem Ende der Corona-Pandemie findet wieder ein richtiger Bürgerempfang in Bruchsal statt. Wie Krisen bewältigt werden können, darum geht es in einem Vortrag und in Gesprächen mit Betroffenen.

Bürgerempfang 2022
Im Rechberg-Saal des Bürgerzentrums Bruchsal verfolgen 500 Besucher die Rede von Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick. Foto: Martin Heintzen

Eine Gewitterfront mit Starkregen zieht am Freitagabend über Bruchsal und die Region. Kritisch wird es zum Glück nicht.

Um Katastrophen und deren Bewältigung geht es auch im Bürgerzentrum beim jährlichen Bürgerempfang. Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick (parteilos) zieht ihre Bilanz: Auch ein Stück Krisenbewältigung. Und ein Stück Normalität nach zwei Jahren Corona. Fast.

Vor einem Jahr muss der Bürgerempfang noch digital stattfinden. Jetzt füllen 500 Zuschauer den Rechbergsaal. Die meisten schon wieder ohne Maske. „Genießen Sie den Abend“, fordert die OB in ihrem Rückblick.

Corona legt Schwächen der Gesellschaft offen

Der ist geprägt durch die Herausforderungen während der Corona-Pandemie: „Sie haben wie durch ein Brennglas die Schwächen unserer Gesellschaft offen gelegt.“ Ein „starkes Netzwerk“ mit vielen Unterstützern ist nach ihrer Einschätzung die Lösung.

Seit März bestimmt auch Putins Krieg in der Ukraine und seine Folgen die Stadtverwaltung. Dafür habe es ebenfalls keine „Blaupause“ gegeben. Um so dankbarer ist sie über die „überwältigende Hilfsbereitschaft“ der Bruchsaler und über 300 private Wohnraumangebote.

Notlager in Sporthallen können so bisher verhindert werden. Auch das ehrenamtliche Netzwerk, dass nach 2015 entsteht, ist wieder aktiv. Wie eine Stadt Krisen meistert, beschreibt Cornelia Petzold-Schick in ihrem umfassenden Vortrag.

Meine Familie hätte nicht gewollt, dass mein Leben vorbei ist.
Constanze Falkenberg, einzige Überlebende eines Autounfalls

Bruchsaler, die in der Vergangenheit Krisen erlebt haben, erlauben einen persönlichen Blick auf Strategien zur Bewältigung. Moderatorin Jennifer Moore (früher Loosemore) bittet dazu zum Einzelgespräch auf den Laufsteg, der mit goldenen Luftballons an das Jubiläum 300 Jahre Schloss Bruchsal erinnert.

Constanze Falkenberg beispielsweise lässt die Zuhörer kurz schlucken: 2012 verliert sie bei einem Autounfall ihren Mann und ihre drei Kinder – ein Lkw bricht durch die Mittelleitplanke und erfasst das Auto.

„Meine Familie hätte nicht gewollt, dass mein Leben vorbei ist“, sagt Falkenberg mit einem Lächeln. Sie kann sich als einzige aus dem Wrack befreien. Ihre Familie, die Einbindung in das Vereinsleben und der tiefe Glauben helfen ihr, weiter zu machen.

Flucht nach Bruchsal für eine Zukunft der Kinder

Der Wille, für die Töchter eine bessere Zukunft zu erhalten, motiviert die Familie von Tasneem Kaddarh 2015 zur Flucht aus Syrien: 50 Personen in einem Boot – in der Mitte die Kinder – gelingt ihnen die gefährliche Überfahrt von Libyen in die Türkei. Mittlerweile ist die junge Frau chemisch-technische Assistentin. Unterstützung bekommt sie dabei auch von Norbert Schick.

Der Ehemann der OB ist Ende 2021 plötzlich gestorben. Am Freitag erinnert Cornelia Petzold-Schick mit einer Rose an ihren persönlichen Verlust und wie sie daran arbeitet, den Schicksalsschlag mit einem tragfähigen Netzwerk und sinnhaften Aufgaben zu bewältigen.

Projekt Familienbesuche bei jungen Eltern

Diana Shapoval, die erst seit März in Bruchsal ist, hat der Wunsch nach Frieden für ihre Kinder geholfen, die beschwerliche Flucht aus der Ukraine zu meistern. Als Unterstützung für junge Eltern sehen Claudia Durand und Alexander Kabus ihre Familienbesuche. Das Projekt ist in einigen Stadtteilen gestartet und soll ausgeweitet werden. Seit Jahren in der Obdachlosenhilfe aktiv ist Rolf Rosenstihl.

Musikalisch umrahmt wird der Bürgerempfang von der Stadtkapelle Bruchsal unter der Leitung von Thomas Biel und dem Gesangverein Helmsheim unter der Leitung von Sonja Oellermann. Nach dem offiziellen Teil des Bürgerempfangs stehen die Besucher noch lange im Gespräch beieinander. Da hat sich das Unwetter längst verzogen.

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