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Zum Tag der Pflege

„Hat Ihnen unser Klatschen nicht gereicht?“ Ein Bruchsaler Altenpfleger berichtet

Während Corona haben viele zum ersten Mal die Leistung von Pflegekräften überhaupt gesehen. Das Klatschen war eine Geste, ja. Aber was folgt daraus? Darüber spricht ein Bruchsaler Pfleger.

Gute Pflege ist personalintensiv und kostet daher Geld. Das Bild zeigt eine Pflegerin, die in einem Wohnstift in Frankfurt mit einer Bewohnerin über den Gang geht.
Am 12. Mai ist Tag der Pflege. An diesem Tag wollen Pflegekräfte in ganz Deutschland auf ihren Berufsstand und die Probleme aufmerksam machen. Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Lukas Grassel
Lukas Grassel (30) ist examinierter Altenpfleger im Evangelischen Altenzentrum in Bruchsal Foto: Lukas Grassel

Lukas Grassel (30) ist Altenpfleger im Evangelischen Altenzentrum in Bruchsal. Zum Tag der Pflege am 12. Mai hat er einige Forderungen an die Politik. Dass während der Corona-Zeit die Arbeit von Pflegekräften vielleicht zum ersten Mal überhaupt wahrgenommen wurde, freut ihn.

Das reiche aber nicht, findet Grassel. Die Anforderungen an seinen Berufsstand werden immer mehr, gleichzeitig gibt es nicht genügend Personal. Das zehrt an den Kräften. „Die Pflege steht vor dem Burnout“, fürchtet er.

Am 12. Mai ist der Tag der Pflege. Was ist das Anliegen Ihres Berufsstandes?
Grassel

Pflege ist etwas, was jeden betrifft und von dem jeder jederzeit betroffen sein kann. Das gerät schnell in Vergessenheit. Vor diesem Hintergrund liegt einiges im Argen. Es gibt viele Baustellen, an denen die Politik arbeiten muss. Ich als Altenpfleger denke da zum Beispiel an den demografischen Wandel. Das wird uns Pflegekräfte, aber damit auch unsere Patienten in Zukunft vor noch weitere große Probleme stellen.

Provokant gefragt: Hat Ihnen unser Klatschen während Corona nicht gereicht?
Grassel

Es war eine Geste der Solidarität. Hat es was gebracht? Wir hätten uns mehr von der Politik nach Corona erwartet. Immerhin hat es aber das Augenmerk der Gesellschaft mehr auf die Pflege gelenkt. Unsere Anliegen sind nun stärker präsent. Wir machen daher zum Tag der Pflege darauf aufmerksam, dass es immer mehr Pflegebedürftige geben wird, aber das nur mit gut ausgebildetem und qualifiziertem Personal und vor allem genügend Kräften zu bewältigen sein wird. Die generalistische Ausbildung war ein Anfang. Es wird sich zeigen, ob das an der Situation etwas ändert.

Was fordern Sie konkret von der Politik?
Grassel

Wir wollen zeigen: Wir sind die Schnittstelle zwischen Bewohner und Arzt. Wir tragen damit eine enorme Verantwortung. Und die Anforderungen steigen immer weiter. Die Digitalisierung schreitet voran, die Dokumentationspflicht. Auch die Ansprüche der Bewohner steigen. Weil die Menschen möglichst lange zuhause gepflegt werden, sind im Heim oft nur noch die ganz pflegeaufwändigen Personen. Das ist gut so, aber es ist auch intensiver für die Pflege. Und teurer.

Das heißt also was?
Grassel

Bisher werden alle Kosten, die Steigerung unserer Löhne etwa, auf die Patienten oder Bewohner abgewälzt. Das sollte meiner Meinung nach aber nicht der Grundgedanke des Systems sein. Es ist einfach nicht mehr aktuell, wenn ein Heimplatz 2.500 Euro monatlich und aufwärts kostet. Das System muss anders finanziert werden. Wenn die Pflege anspruchsvoller wird, und das wird sie, brauchen wir mehr professionelles Personal, und auch das kostet. Noch sind die Kollegen mit Herzblut dabei. Wir machen unsere Arbeit gerne, haben unseren Anspruch, dem wir schon jetzt leider nicht immer gerecht werden. Wir haben Schichtdienste, sind mit Schicksalen konfrontiert, wir tragen eine hohe Verantwortung. Der Beruf ist sowohl psychisch als auch physisch anspruchsvoll. Manchmal zerreist es einem fast innerlich. Kurzum: Die Pflege steht vor einem Burnout.

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