Paulina Kliegel aus Östringen-Odenheim machen die sogenannten Remigrationspläne Angst. Der 23-Jährigen ist klar: Wenn Rechtsradikale zusammen mit Vertretern der AfD über Massenabschiebungen sprechen, könnte das auch ihre Familie betreffen.
Kliegel hat Migrationshintergrund. Ihre Eltern sind vor 24 Jahren aus Polen nach Deutschland gekommen. „Sie werden immer noch als Ausländer wahrgenommen und gehören nicht richtig dazu.“
Deshalb steht sie am Samstagmittag zusammen mit ihrer Freundin Laura Klos inmitten eines Pulks von Demonstranten auf dem Östringer Kirchberg.
Sie wollen ein Zeichen setzen: für Demokratie und Menschenrechte und gegen Rechtsextremismus. „Weil es das einzig Richtige ist, jetzt laut zu werden“, sagt Klos.
Doppelt so viele Demonstranten wie erwartet in Östringen
Etwa 400 Menschen haben sich am Samstagmittag auf dem Kirchberg eingefunden, schätzen Birgit Michaelsen und Franziska Hamann vom SPD-Ortsverein, die die Veranstaltung initiiert haben. 400 Demonstranten: das sind doppelt so viele, wie angemeldet waren. „Wir sind sehr zufrieden“, sagt Hamann.
Dabei sieht es anfangs nicht danach aus, als würde die Demo die Massen anlocken. Eine halbe Stunde vor Beginn ist der Platz noch fast leer. Pünktlich zum Start trudeln aber immer mehr Menschen ein. Sie machen Lärm, schwenken Regenbogenfahnen, recken bunte Plakate in die Höhe.
Einige waren besonders kreativ. „Das ‘B“ in AfD steht für Bildung“ steht auf dem Plakat von Barbara und Antonio Farinato. Und: „Nicht mal die katholische Kirche mag euch.“
Uns ist es wichtig dagegenzuhalten.Barbara Farinato
Demonstrantin in Östringen
Die beiden sind mit dem Fahrrad aus Malsch zur Demo geradelt. Sie waren auch schon bei Protesten in Heidelberg, Schwetzingen und Wiesloch-Walldorf. „Uns ist es wichtig dagegenzuhalten und uns zu positionieren“, sagt Barbara Farinato, 45 Jahre alt.
Ihnen sei es wichtig, auch die kleinen Gemeinden und Städte unterstützen. „In einer großen Stadt zu demonstrieren ist einfacher als auf dem Dorf, wo einen jeder kennt.“
Martina Quentin ist aus Mühlhausen angereist. „Für Demokratie, Menschenrechte, Vielfalt. AfD No!“ steht auf ihrem Plakat. Sie demonstriert mit, weil „es wichtig ist, für die Demokratie zu kämpfen“, sagt die 58-Jährige.
Auch Paulina Kliegel und Lara Klos haben Plakate dabei. „Racism and Hate have no Place here“, steht auf dem einen. Übersetzt heißt das „Rassismus und Hass haben keinen Platz hier.“
Auf dem anderen ist ein großes Herz, darin in Großbuchstaben das Wort „Alle“. Und, kleiner und mit einem Sternchen versehen, der Zusatz „Die nicht die AfD wählen“. Eine klare Botschaft.
Vielfalt ist unsere Stärke.Felix Geider
Bürgermeister
Auf dem Kirchberg tritt ein Redner nach dem anderen nach vorn. Bürgermeister Felix Geider (Freie Wähler) macht den Anfang. Er freut sich, dass so viele zusammengekommen sind. „Vielfalt ist unsere Stärke.“
Alle Fraktionen des Östringer Gemeinderats sind vertreten
Dann sprechen der katholische Pfarrer Thomas Glatzel und Vertreter aus der Politik: Niclas Moldenhauer, Europakandidat für die FDP, Klaus-Dieter Knorr (SPD-Ortsverein), Florian Golling (Grüne) und Klemens Haag (ULi). Außerdem Assad Hussain, Mika Demant und Wurda Arshad von den Jusos.
Und zum Abschluss Udo Schmid, Leiter des hausärztlichen Zentrums Östringen, mit einem besorgniserregenden Gedankenspiel: Viele Mitarbeiter des Zentrums kämen nicht aus Deutschland, sagt er.
Von den Reinigungskräften über Medizinerinnen bis zum Personal am Empfang. Die wären alle weg, wenn die „Remigrations-Pläne“ der Rechtsradikalen wahr würden. „Wir würden die medizinische Versorgung in unserer Stadt verlieren.“
Zum Abschluss recken die Demonstranten bunte Kärtchen mit der Aufschrift „Östringen zeigt Flagge“ in die Höhe. Dann leert sich der Kirchberg allmählich. Auch Paulina Kliegel und Lara Klos packen ihre Plakate ein.