Lässt sich mit Strichen etwas auf den Punkt bringen? Wenn es nach Rolf Heinzmann, Betreiber des „Humorpark“-Museums in der Eremitage geht, ist die Antwort ein klares Ja. „Unverwechselbar. Genauso war er“, schwärmt Heinzmann und blickt auf eine Zeichnung, die unverkennbar Konrad Adenauer zeigt – mit wenigen Linien heruntergebrochen auf die markanten Gesichtszüge des Altkanzlers: Die Haare nur angedeutet, die Falten dafür umso tiefer, die linke Augenbraue markant in die Höhe gezogen, so hielt Hans Pfannmüller, einer der bedeutendsten deutschen Karikaturisten, den CDU-Politiker im Jahr 1954 fest. „Er war ein unglaublich vielfältiger Ausnahmekünstler“, sagt Kurator Heinzmann über Hans Pfannmüller, dessen bewegtes Leben auch ein Stück BNN-Geschichte ist.
Dabei begann die Karriere des gelernten Malers mit einem Verbot, das ihn für sein Leben prägen sollte – genauer: Dem Verbot zu karikieren. München im Jahr 1936: In der bayrischen Landeshauptstadt gelten die Tage der Satire, der politischen noch dazu, seit der Machtergreifung der Nationalsozialisten als gezählt, als sich der 20-jährige Hans Pfannmüller aus Darmstadt an der Kunstakademie einschreibt – um in Olaf Gulbransson seinen Meister zu finden. Gulbransson, als Zeichner des Satiremagazins Simplicissimus international beachtet und bekannt, ist ein Brocken von Mann, der es wie kein zweiter vermag, Personen mit umso feineren Strichen auf Papier zu bringen.
„Ich war seelig, dass er mich in seine Klasse aufnahm, aber sehr bald enttäuscht, weil er mir das Karikieren verbot“, schreibt Hans Pfannmüller in einer Notiz über seinen Kunstprofessor. „Er wollte erst einen Kopf realistisch durchgezeichnet sehen, später konnte man ihn dann vielleicht karikieren.“
Die Idee seines Professors ging auf: Der aufmüpfige Kunststudent Pfannmüller avancierte schnell zum „Humorist des Zeichenstifts“. Seine Portraits: Immer konzentriert auf das Markante. Und das bannte Pfannmüller mit wenigen, schwarzen Strichen auf Papier. Mal das hervorsehende Kinn, hier die Lachfalte, dort der dichte Bart. „Der Portraitkarikaturist hat das Typische aus einem Menschen herauszuholen und es zu steigern“, sagt Pfannmüller über sein Selbstverständnis.
Als er sich nach Station in Weimar außerstande sieht, der Kulturpolitik des DDR-Regimes zu folgen, flieht er 1950 zunächst nach Düsseldorf, bevor es ihn 1975 nach Bruchsal zieht. Im Kraichgau zeichnet er fortan für die Badischen Neuesten Nachrichten: In jeder Wochenendausgabe erscheint eine Prominenten-Karikatur – immer getreu seines Leitsatzes „Nur wer gerecht sein kann, darf karikieren“. Seine Zeichnungen sind das Gegenteil einer Überzeichnung, stattdessen die einfühlsame Suche nach dem Wesenskern seiner Modelle, von denen berichtet wird, dass sie ihn schätzen. Von Pfannmüller porträtiert zu werden, bedeutet immer auch: Zu den ganz Großen zu zählen. Zeichnungen von Klaus Kinski, Marilyn Monroe oder Ronald Reagan stammen aus dieser Zeit.
1989 stirbt Pfannmüller, der sich sechs Jahre zuvor ins Markgräflerland zurückzog, nach Weil-Ötlingen bei Basel. Und obwohl Pfannmüller auf ein Leben voller Ausstellungen und Veröffentlichungen blicken kann, haben viele seiner Zeichnungen nie den Weg an die Öffentlichkeit gefunden, sondern blieben im Privatbesitz verschlossen in dicken, schwarzen Mappen. „Pfannmüller schaffte es, sogar Karikaturen sachlich-ruhig zu zeichnen“, sagt Rolf Heinzmann und findet: So manche Zeichnung passt gut in bewegte Zeiten.
Man kann dem Irrwitz der Welt nicht ernstlich zu Leibe rücken.Hans Pfannmüller, Karikaturist
Auch deshalb hat der Kurator aus Waghäusel große Teile des Pfannmüller-Nachlasses Stück für Stück katalogisiert. „Pfannmüller hat bei seinen Modellen nichts dazu erfunden, sondern immer nur gefunden“, beschreibt Heinzmann den einzigartigen Stil des Zeichners – und stellt im Museum bei der Eremitage gerade frühe Pfannmüller-Karikaturen aus: Zeichnungen von Hitler und anderen Diktatoren, die die Männer ins Licht des Grotesken und Wahnsinnigen rücken. „Man kann dem Irrwitz der Welt nicht ernstlich zu Leibe rücken“, schrieb Pfannmüller dazu passend in einem Aufsatz. „Vielleicht aber auf eine lustige Weise.“
Das Museum „Humorpark“ informiert unter www.humorpark-eremitage.de über Pfannmüller und die laufenden Ausstellungen.