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Auf dem Weg zum „Urwald von morgen“

Warum die Bannwälder im Landkreis Karlsruhe wichtig für Tiere und die Natur sind

Sieben Bannwälder sind es im Landkreis Karlsruhe. Die forstwirtschaftlich ungenutzten Gebiete sollen zu einem „Urwald von morgen“ werden. Doch ein großer Anteil an Bannwäldern kann auch Nachteile haben.

Christoph Weihrauch zeigt auf den Stamm einer Traubenkirsche.
Vom Menschen eingeschleppt: Christoph Weihrauch zeigt im Bruchsaler Bruch den Stamm einer Traubenkirsche, die ursprünglich aus Nordamerika stammt. Der Forstbeamte befürchtet, dass heimische Arten verdrängt werden könnten. Foto: Franz Lechner

An manchen Stellen sieht es zwischen Bruchsal und Untergrombach schon heute ein wenig nach dem Urwald aus, der in dem 69 Hektar großen Waldgebiet westlich der Bahnlinie morgen entstehen soll.

Die ehemaligen Waldwege verschwinden langsam unter den neu aufwachsenden Jungbäumen und Sträuchern, bemooste Stämme liegen überall kreuz und quer auf dem Waldboden.

Und das an manchen Stellen inzwischen so dicht, dass ein Vorwärtskommen dort eher einer Klettertour als einem Spaziergang gleicht. Bruchsaler Bruch heißt der Wald, der schon 2000 als Bannwald ausgewiesen wurde.

„Das ist nur einer von insgesamt sieben Bannwäldern im Landkreis Karlsruhe“, berichtet der beim Forstbezirk Hardtwald unter anderem für Waldnaturschutz zuständige Forstbeamte Christoph Weihrauch. Dann erklärt er, was genau ein Bannwald ist. „Das sind Waldgebiete, die forstwirtschaftlich nicht mehr genutzt werden und in denen abgesehen von der Jagd jede Nutzung durch den Menschen unterbleiben soll.“

Bruchsal hat den größten Bannwald im Landkreis

Ziel sei es, die natürliche vom Menschen unbeeinflusste Waldentwicklung zu erforschen, fügt Forstbeamte Christoph Weihrauch hinzu. Der Bruchsaler Bruch ist mit seinen 69 Hektar der größte Bannwald im Landkreis, die zweitgrößten sind der 54 Hektar große, nördlich von Stutensee-Friedrichstal gelegene Bannwald Vorsenz und der genauso große Sägberghang bei Marxzell.

Auch der 42 Hektar umfassende Hohberg bei Walzbachtal zählt noch zu den größeren Bannwäldern im Landkreis. Alle anderen, also der Greifenberg bei Östringen, der Rißnert bei Rüppurr und der Bannwald auf der Philippsburger Rheininsel Elisabethenwörth, sind deutlich kleiner.

Ohne menschlichen Einfluss soll ein „Urwald“ entstehen

Ausgewählt wurden die unterschiedlichen Wälder nach ganz bestimmten Kriterien. „Sie repräsentieren alle unterschiedliche Waldtypen und Wuchsorten, sodass wir genau beobachten können, wie sich beispielsweise ein Buchenmischwald im Kraichgau, oder ein Auwald am Rhein ohne den Menschen entwickelt“, erklärt der Forstbeamte Christoph Weihrauch.

Noch sind allerdings selbst die ältesten Bannwälder im Landkreis wenig älter als zwanzig Jahre. Auf dem Weg zum „Urwald von morgen“ ist das nicht viel mehr als ein Wimpernschlag. „Erste Tendenzen können wir aber dennoch schon beobachten“, sagt Weihrauch und zeigt im Bruchsaler Bruch auf ein kleines Gebiet, das fast nur von jungen, dünnstämmigen Bäumen dominiert wird.

„Das ist die Spätblühende Traubenkirsche, eine Pflanze, die vom Menschen aus Nordamerika eingeschleppt wurde und die jetzt heimische Arten verdrängt“, sagt Weihrauch. „Wir fürchten, dass sich ohne unsere forstwirtschaftliche Pflege solche nicht heimische Arten ausbreiten.“

Ein großer Anteil von Bannwäldern kann auch Nachteile haben

Aber nicht nur deswegen ist der junge Forstbeamte Christoph Weihrauch nicht unbedingt begeistert, wenn Naturschützer fordern, den Anteil an Bannwäldern sehr stark zu vergrößern. Er glaubt, dass der „Urwald von morgen“ insgesamt weniger artenreich ist als ein von der Forstwirtschaft naturnah genutzter Wirtschaftswald.

„Lichtbaumarten wie die Eiche gehen ohne unsere forstwirtschaftliche Unterstützung verloren“, sagt Weihrauch und verweist auf Entwicklungen in den Bannwäldern Vorsenz und Greifenberg. Für ihn haben Bannwälder daher eigentlich vor allem einen Zweck: „Sie helfen uns, das Gesamtsystem Wald besser zu verstehen und liefern uns so wichtige Hinweise für die naturnahe Waldwirtschaft.“

In der Tat wachsen im „Urwald von morgen“ nicht zwangsläufig mehr Baumarten als in einem Wirtschaftswald. Und mit der Eiche würde langfristig ein wertvoller Lebensraum für viele Tiere verloren gehen. Aber dennoch betonen Artenschützer den immensen Wert, den alte, ungenutzte Wälder durch ihren hohen Totholzanteil für die Artenvielfalt haben.

„Tatsächlich ist der Totholzanteil in Bannwäldern drei bis viermal so groß wie in Wirtschaftswäldern“, bestätigt Weihrauch. Viele vom Aussterben bedrohte Käfer-, Pilz- und Moosarten profitieren davon, aber auch Vogel- und Fledermausarten sind auf alte absterbende Bäume angewiesen. Wie es im „Urwald von morgen“ also tatsächlich aussehen wird, kann wohl frühestens die übernächste Generation beantworten.

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