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Falsche Abrechnungen

Betrugsvorwürfe gegen Chefarzt in Baden-Baden: Staatsanwaltschaft stellt Ermittlungen ein

Einem Chefarzt aus Baden-Baden wurde 2023 der Betrug von Privatpatienten vorgeworfen. Nun steht fest: Der Fall wurde ad acta gelegt.

Instrumente liegen in einem OP-Saal für eine OP bereit.
Einem Chefarzt aus Baden-Baden wurde vorgeworfen, nicht erbrachte Leistungen abgerechnet zu haben. Nun wurden die Ermittlungen eingestellt. Foto: Angelika Warmuth/dpa

Im Dezember vergangenen Jahres hatten die Vorwürfe gegen einen Chefarzt aus dem Klinikum Mittelbaden in Baden-Baden die Runde gemacht. Dieser sollte Privatpatienten bei der Abrechnung hintergangen haben – über etliche Jahre hinweg. Nun teilt die Staatsanwaltschaft mit: Die Ermittlungen wurden eingestellt.

Zu der Entscheidung sei man „mangels hinreichenden Tatverdachts“ gekommen. Dem Chefarzt wurde vorgeworfen, seit 2013 bis August 2022 mehrfach Leistungen gegenüber Privatpatienten abgerechnet zu haben, die er jedoch nicht erbracht hatte.

Staatsanwaltschaft Baden-Baden hat keinen Zugriff auf konkrete Einzelvorgänge

„Das Klinikum Mittelbaden hat im März 2023 durch einen Anwalt eine Anzeige erstattet“, bestätigte der ehemalige Erste Staatsanwalt Michael Klose damals dieser Redaktion. Und er sagte auch: Tatvorwürfe, die vor 2018 liegen, seien bereits verjährt – und können deshalb nicht in Betracht gezogen werden.

In ihrer aktuellen Mitteilung führt die Staatsanwaltschaft Baden-Baden weiter aus, weshalb das Verfahren letztlich eingestellt wurde. Demnach konnten weder konkrete Einzelvorgänge noch geschädigte Personen ermittelt werden. Die Ausnahme machte ein Zeuge, der sich aufgrund der Berichterstattung zur Polizei begab.

Der Grund: Die Stelle, über die sämtliche Leistungen abgerechnet werden, konnte aus „datenschutzrechtlichen Erwägungen“ keine Abrechnungsdaten inklusive Patientenanschriften herausgeben.

Eine Erhebung ebendieser Daten durch die Strafverfolgungsbehörde sei aufgrund „entgegenstehender gesetzlicher Regelungen“ nicht möglich. Dass dieser Fall eintreten könnte, ahnte Michael Klose bereits im vergangenen Dezember.

Gegen Baden-Badener Chefarzt gibt es „keine belastbaren Erkenntnisse“

Eine weitere Schwierigkeit bei den Ermittlungen stellte die Dokumentation der Laborwerte dar. Zwar hatte der Beschuldigte einen Online-Zugriff auf diese, jedoch erfasste das entsprechende Programm letztlich nicht, welche Werte von Privatpatienten auch wirklich durch den Beschuldigten bearbeitet worden sind.

Alles in allem sagt die Staatsanwaltschaft: Es ergaben sich keine belastbaren Erkenntnisse, die geeignet sind, den Tatvorwurf zu belegen.

Betrugsvorwürfe lösten in Baden-Baden Kritik an fehlender Kommunikation aus

Im Klinikum Mittelbaden sorgt diese Nachricht unterdessen für Aufatmen – und auf gewisse Weise auch für Bekräftigung. Barbara Lay, Sprecherin des Klinikums, schreibt in einer Mitteilung: Mit der Einstellung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen sehen sich Aufsichtsrat und Geschäftsführung in ihrem Vorgehen bestätigt.

Bestätigt deshalb, weil sich einige Baden-Badener nach der Bekanntmachung der Vorwürfe regelrecht empört zeigten. So warf FDP-Stadtrat Rolf Pilarski dem Aufsichtsrat des Klinikums fehlende Kommunikation vor. Pilarski: „Diese Affäre könnte bewirken, dass die Reputation unserer Klinik überregional massiv beeinträchtigt wird.“

Wir wollten genau das vermeiden, was jetzt passiert ist.
Dietmar Späth
Oberbürgermeister von Baden-Baden

Oberbürgermeister Dietmar Späth, der neben seinem Posten als Rathaus-Chef damals außerdem den Vorsitz im Aufsichtsrat des Klinikums innehatte, meldete sich einen Tag später dazu zu Wort – und sah sich daraufhin zudem gezwungen, in einer Sitzung des Gemeinderats darüber zu informieren.

Eine solche Verdächtigung sei existenzbedrohend. „Das und der Schutz der Mitarbeiter im Klinikum haben uns dazu veranlasst, dass wir das Thema nicht in die Öffentlichkeit tragen wollten. Wir wollten genau das vermeiden, was jetzt passiert ist.“

Heute, vier Monate später, kommentiert der kaufmännische Geschäftsführer des Klinikums, Daniel Herke, die fallen gelassenen Ermittlungen. Er sagt: „Die Angelegenheit ist damit für uns beendet.“

Angesichts des Ergebnisses betont er, dass das Vorgehen der Geschäftsführung richtig gewesen sei, den Anfangsverdacht nicht in die Öffentlichkeit zu tragen. Der Rastatter Landrat Christian Dusch (mittlerweile Aufsichtsratsvorsitzender) ruft außerdem zu Besonnenheit auf.

Ohne Not wurde die Information über die Ermittlungen in die Öffentlichkeit getragen.
Christian Dusch
stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender

„Ohne Not wurde die Information über die Ermittlungen in die Öffentlichkeit getragen“, sagt er. Dies habe mit Transparenz nichts zu tun, vielmehr „wurde damit der Versuch unternommen, den Ruf und das Ansehen des Klinikums Mittelbaden und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf unverantwortliche Weise zu schädigen“.

Dusch wünscht sich künftig fairen Umgang mit sensiblen Informationen: „Ins Zentrum aller Debatten über das Klinikum Mittelbaden müssen wieder die Fakten rücken und nicht Vermutungen und Verdächtigungen.“

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