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Schwerer Verdacht

Hat sich eine Apotheke in Baden-Baden am Corona-Mittel Paxlovid bereichert?

Die Staatsanwaltschaft Baden-Baden glaubt, dass ein Apotheker in der Kurstadt fast 1.400 Dosen des Medikaments bestellt und illegal weiterverkauft hat. Es gibt noch mehr Verdachtsfälle.

Das Medikament Paxlovid gegen Covid-19 vom Hersteller Pfizer liegt auf einem Tisch.
Einige Apotheken in Deutschland werden verdächtigt, mit dem teuren, vom Staat bereitgestellten Corona-Medikament Paxlovid unerlaubte Geschäfte gemacht zu haben. In zahlreichen Fällen gab es deswegen Durchsuchungen. Foto: Fabian Sommer /dpa

Zahlreiche Apotheken in Deutschland stehen im Verdacht, sich durch illegalen Handel mit dem Covid-Mittel Paxlovid bereichert zu haben. Nach Informationen des Rechercheverbundes aus WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“ hat das Bundesgesundheitsministerium deswegen bei mehr als 25 Staatsanwaltschaften Strafanzeigen gestellt. Demnach hat es in den vergangenen Wochen in Berlin, Bayern und anderen Bundesländern Durchsuchungen gegeben.

Den Presseberichten zufolge hat auch die Staatsanwaltschaft Baden-Baden kurz vor Weihnachten gegen einen Apotheker in der Kurstadt ermittelt. Er soll insgesamt 1.393 Packungen Paxlovid „an nicht ermittelbare Personen im Ausland“ verkauft haben. Der Tatvorwurf laute „Untreue in Tateinheit mit unerlaubtem Großhandelstreiben“. Auf Anfrage unserer Redaktion bestätigte die Staatsanwaltschaft, dass die Anklage erhoben wurde und der Fall bereits beim Amtsgericht Baden-Baden liegt. 

Eine Million Dosen für Deutschland

Paxlovid ist ein Arzneimittel des US-Pharmaunternehmens Pfizer, das schwere Krankheitsverläufe bei Infizierten mit Sars-CoV-2 verhindern kann. Seine Wirksamkeit ist vielfach nachgewiesen. Es darf in Deutschland seit knapp zwei Jahren verordnet und angewendet werden. Die Bundesregierung hat Anfang 2022 insgesamt eine Million Therapieeinheiten Paxlovid zentral beschafft und diese kostenlos für betroffene Patientinnen und Patienten zur Verfügung gestellt.

Die Versorgung erfolgt über die Apotheken bei Vorliegen einer ärztlichen Verschreibung. Das Mittel darf dabei nicht an Dritte weiterverkauft werden. An diese Regel sollen sich nach Informationen des Rechercheverbundes nicht alle Apotheker gehalten haben. Deshalb würde gegen sie wegen Unterschlagung und Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz ermittelt werden.

Ein Pressesprecher der Bayerischen Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) in Nürnberg sprach am Montag von einem Schaden in Millionenhöhe. Der Bund soll rund 650 Euro pro Packung bezahlt haben. Wie viele Packungen insgesamt veruntreut sein könnten, lasse sich noch nicht sagen.

Die acht Apotheken im Fokus der Ermittlungen in Bayern sollen aber demnach bis zu 2.500 Packungen der Arznei geordert haben. In Berlin soll eine Apotheke 1.400 Packungen Paxlovid bestellt haben, eine andere mehr als 1.800 Packungen. Weitere Verdachtsfälle gibt es in Hamburg und Frankfurt am Main. In Darmstadt und Hannover wurden dagegen die Verfahren eingestellt.

Seit Januar 2023 können Apotheken bis zu 20 Therapieeinheiten Paxlovid bevorraten. Im Fall der Krankenhausapotheken sind es bis zu 50 Einheiten. Dass einzelne Apotheker über 1.000 Dosen bestellen, ist Beamten aus dem Ressort von Minister Karl Lauterbach (SPD) im selben Jahr aufgefallen. Sie waren demnach überzeugt, dass es so viel Nachfrage nach dem Mittel gar nicht gab. Wo die Medikamente am Ende gelandet seien, sei noch offen.

Viele Arzneimittel-Dosen werden weggeworfen

Die Ermittlungen werden dadurch erschwert, dass es keine Vorschrift gibt, wie genau die Paxlovid-Packungen nach Überschreitung des Verfallsdatums vernichtet werden sollen. Darum sei es kaum möglich zu klären, ob die staatlich bezahlten Medikamente illegal weiterverkauft oder einfach weggeworfen wurden, so die Investigativ-Recherche von WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“.

Paxlovid hat prominente Befürworter wie US-Präsident Joe Biden und Bundesfinanzminister Christian Lindner, die es persönlich eingenommen haben. Allerdings ist es in Deutschland relativ unpopulär und wurde bislang eher selten verschrieben. Deswegen mussten nach Ablauf der Haltbarkeit immer wieder ungenutzte Dosen entsorgt werden. Bis Ende Februar könnten weitere etwa 400.000 Dosen verfallen.

 

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