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Eltern in der Pflicht

Baden-Badener Kinder lernen über die Gefahren des Internets

Die Polizei bietet in Schulen Unterrichtseinheiten zu Gefahren im Internet an. Polizeioberkommissar Reinhard Walter besucht die Schulen in Baden-Baden, um Kinder und Jugendliche für die Risiken zu sensibilisieren.

„Das wusste ich doch nicht“: Dieses Zitat kann für alle Schülerinnen und Schüler nicht mehr gelten, die Reinhard Walter bei seinen Besuchen an den Baden-Badener Schulen über die Gefahren im Internet aufgeklärt hat.
„Das wusste ich doch nicht“: Dieses Zitat kann für alle Schülerinnen und Schüler nicht mehr gelten, die Reinhard Walter bei seinen Besuchen an den Baden-Badener Schulen über die Gefahren im Internet aufgeklärt hat. Foto: Stephanie Hölzle

Ob es ihm Spaß macht, ist eine Frage, die sich eigentlich nicht stellt: Reinhard Walter sprüht vor Engagement, Ideen, Anekdoten und Erklärungen. „Ich lebe dafür“, ist sein Urteil über seine Aufgabe. Walter ist Polizist bei der Kriminalprävention des Polizeipräsidiums Offenburg mit Sitz in Rastatt. In dieser Funktion geht er in die Schulen, vor allem in Baden-Baden, und klärt über Gefahren im Internet auf.

„Jeder Fall ist einer zu viel“, sagt er – fügt allerdings gleich an: „Meine Kollegen kommen nicht mehr hinterher.“ Und darum besucht er mit drei weiteren Kollegen die Schulen in der Region: „Weil wir einfach die Notwendigkeit sehen.“

„Mediengefahren“ ist eine Unterrichtseinheit, die die Polizei an den Schulen übernimmt. Und wenn der 55-Jährige aus der Ermittlungspraxis erzählt, ein Beispiel nach dem anderen aus der Region anführt, dann wird schnell klar, dass die Schulen gut daran tun, das Angebot der Polizei an ihre Einrichtung zu holen.

Zwei Schulstunden sind es – in der Regel in Klasse fünf bis acht. „Meistens fällt dafür Zeichnen oder Musik aus“, erzählt Walter – wenn Sport für seinen Unterricht gestrichen wird, findet er das persönlich ziemlich schade, auch wenn seine Lehrinhalte sehr wichtig sind.

Denn es geht um Dinge wie sichere Passwörter und Daten, um Gefahren durch Bilder und Filme, um Cybermobbing, Urheberrechtsverletzungen, Hatespeech und und und – und immer darum, die Kinder zu schützen.

Sie müssen begreifen, dass sie nicht allein im Netz unterwegs sind.
Reinhard Walter, Polizeioberkommissar

„Sie müssen begreifen, dass sie nicht allein im Netz unterwegs sind“, erzählt Walter. Er weist sie darauf hin, dass ihre Daten gespeichert werden, dass sie sichtbar sind, Spuren hinterlassen – und auf andere treffen, von denen sie vielleicht gar nicht sicher wissen, wer es ist: „Ich sage immer zu ihnen: Vielleicht chattet ihr heute Abend mit mir und denkt ich sei 15.“ Da seien die Kinder dann verblüfft.

Denn gerade in den sozialen Medien lauern laut Walter viele Gefahren – und praktisch alle Kinder seien dort sehr früh unterwegs: „Snapchat, Instagram, Tiktok – das gehört ab einem gewissen Alter dazu.“ Und sehr oft stießen Kinder dort auf Dinge, die schädlich für sie seien.

Kinder mit mobilen Endgeräten auf einem Sofa
Der Umgang mit dem Internet beginnt früh: Auch Grundschulen fragen schon nach dem Medienunterricht. Foto: Benjamin Nolte/dpa

„Wo Nacktbilder sind, seid ihr nicht“, gibt Walter ein Beispiel, wie er Probleme kindgerecht aufzeigt und benennt. So können die Kinder lernen, wo es für sie gefährlich und nicht richtig ist. Denn im Internet sind sie meist auf sich allein gestellt – häufig schon im Grundschulalter.

„Das erste Smartphone gibt’s meist zur Kommunion“, erzählt Walter. Das ist in der dritten Klasse. Da kommt es wohl nicht von ungefähr, dass laut Walter immer Grundschulen bei der Polizei für den Medienunterricht anfragen. Walters persönliche Meinung: „Ich würde das Smartphone erst in der siebten Klasse richtig finden.“ Aber er weiß, dass das utopisch ist. Der soziale Druck ist da und auch die Erfordernis in vielen Schulen, dass spätestens in der fünften Klasse Digitalgeräte für den Unterricht benötigt werden.

Mit Begründungen ist Verständnis für Kontrollen da

Und was ist mit den Eltern? Da wirkt Walter ziemlich ernüchtert. Oft seien sie ihrem findigen Nachwuchs online-technisch weit hinterher, Beschränkungen oder gar Kontrollen sind ihm häufig zu lax. Das kann er nicht begreifen: „Kein Elternteil will doch, dass sein Kind zum Opfer wird.“

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Streitigkeiten um Kontrolle hin oder her, Eltern seien in der Pflicht, Regeln aufzustellen und durchzusetzen – schlichtweg, um den Nachwuchs zu schützen. Zumal er feststellt, dass die Kinder Verständnis für Kontrolle hätten, wenn man es begründe. Wenn man ihnen erkläre, dass häufig die Eltern „dran seien“, weil sie die Verträge abgeschlossen haben, hat er die Erfahrung gemacht: „Die Kinder sagen dann zu der Kontrolle: ,Ist okay!’“

Ohnehin seien die Kinder, wenn es Probleme gebe, sehr schnell überfordert. Walter rät ihnen, „immer sofort die Eltern ins Boot zu holen“.

Denn gar nicht so selten geht es eben auch um strafbare Vorfälle, was gerade Jugendlichen oft nicht bewusst sei. Da werden gewaltverherrlichende Videos gezeigt oder Kinderpornografie geteilt. Oft geschehe das unbedarft, weiß Walter, aber die Folgen sind weitreichend.

Er weist die Kinder darauf hin, dass dann ermittelt werde, es eine Razzia zu Hause geben kann, die Geräte mitgenommen werden – oder der Traumberuf futsch ist: Denn wer älter als 14 ist und zum Beispiel ein kinderpornografisches Foto teile, bekomme einen Eintrag ins Führungszeugnis. Der bleibt zehn Jahre stehen.

„Und dann kann ich schon nicht mehr Polizist werden“, erzählt der Polizeioberkommissar: „Wenn sie das alles hören, dann sehe ich schon in betroffene Gesichter.“ Denn diese Folgen ihres möglichen Tuns direkt vom Polizisten zu hören, das beeindruckt die Kinder und Jugendlichen doch – und macht sie wachsamer und vorsichtiger, hofft Walter, denn: „Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn ein Kind an den Falschen gerät und missbraucht wird.“

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