Skip to main content

Parkbänke neu interpretiert

Dänischer Künstler Jeppe Hein in Baden-Baden: Kunst findet Stadt

Wer durch Baden-Baden geht, sieht im Moment schräge Bänke und bunte, verspiegelte Ballons. Sie stammen vom dänischen Künstler Jeppe Hein. Seine Kunst soll die Menschen inspirieren. Was ihn antreibt, solche Objekte herzustellen, verrät er im Interview.

Die Wasser-Fontainen „Appearing Rooms“ laden vor allem bei heißen Temperaturen zur Interaktion ein.
Die Installation „Appearing Rooms“ lädt Besucher ein, die sich immer ändernden Räume zu betreten, die von Wassersäulen begrenzt werden. Foto: Beatrix Ottmüller

Im Kurpark ist richtig etwas los. Die außergewöhnlichen Sitzgelegenheiten, Wasserfontänen, bunten Ballons und der sich drehende Spiegel im Kurgarten haben sich zur Attraktion entwickelt.

Die Kunstaktion „kunst findet stadt“ mit Werken des dänischen Künstlers Jeppe Hein kommt bei den Besuchern bestens an.

Die „Modified Social Benches“ werden auf ihr Sitztauglichkeit in jeglicher Weise geprüft, die Spiegel-Installation „Shift in Perception“ ist ein beliebtes Fotomotiv und die Wasser-Fontainen „Appearing Rooms“ laden nicht nur bei heißen Temperaturen zum Spielen ein.

Noch bis zum 26. September können die Objekte von Jeppe Hein bestaunt und ausprobiert werden. Der in Berlin lebende Künstler freut sich über die bisher positiven Reaktionen der Menschen und darüber, dass er die Kurstadt mit moderner Kunst im öffentlichen Raum bereichern konnte.

BNN-Mitarbeiterin Beatrix Ottmüller sprach mit dem Künstler über die Präsentation in Baden-Baden.

Welche Resonanz auf Ihre Kunstwerke erleben Sie aus der Kurstadt?
Jeppe Hein

Es ist toll. Seit eineinhalb Jahren ist das die erste Eröffnung einer Ausstellung meiner Werke im öffentlichen Raum. Die Kunstwerke kommunizieren jetzt ganz anders mit den Leuten. Sie haben sie sofort ausprobiert, sind reingehüpft und nass geworden. Das hat mein Herz geöffnet und auch die der Touristen und Einheimischen, sie öffnen ihre Herzen. Das kann Kunst bewirkten. Die Leute trauen sich wieder nach draußen, erleben mit meinen Objekten die Nähe zu sich selbst und die der Umgebung und miteinander und erleben das alles spielerisch.

Wie kamen Sie auf die Idee für die „Modified Social Benches“ oder den Wasserpavillon „Appearing Rooms“?
Jeppe Hein

Ich habe in Frankfurt die ersten Kunstwerke ausgestellt, die verspielt und außergewöhnlich waren und die Leute zum Mitmachen angeregt haben, ohne dass sie wussten, dass es sich dabei um Kunst handelt. Die Objekte haben die Menschen inspiriert, zum Spielen angeregt, sie haben ihre Komfortzone verlassen. Wenn man diese verlässt, dann fängt das Leben an, das spüren die Leute. Zu sehen, wie die Menschen mit meiner Kunst umgehen, das inspiriert mich. Es ist eine Kommunikation zwischen Mensch, Raum und Natur. Mein Ziel ist es, dass die Leute ihr Herz öffnen und mehr Empathie im Leben und in der Welt zeigen.

Was steckt hinter den Werken, was sollen die Betrachter sehen oder erleben?
Jeppe Hein

Der Kurpark hat eine schöne Umgebung mit einer traditionellen Architektur. Ich wollte meine Kunst damit in Konflikt stellen, den Kontext in dieser Umgebung verändern. Man ändert die Perspektive beispielsweise damit, dass man auf der Wiese liegt, somit kann man den Kontext der Umgebung verändern. Das kann Kunst, sie kann einladen sich selbst zu spüren und zu überlegen: Was ist eine Bank? Wo steht sie? Wie sitze ich? Wie begegne ich einem Raum? Was passiert in einem Raum der von Wasser begrenzt wird? Was passiert, wenn eine Wand plötzlich neben einem steht? Was passiert mit mir? Ähnlich ist es mit dem Spiegel. Er reflektiert die Umgebung und neuen Kontext zudem sieht man darin auch sich selbst oder jemand anderes.

Kunst im öffentlichen Raum erreicht andere Zielgruppen als Kunst im Museum – hatten Sie das bei der Entwicklung der Objekte im Hinterkopf?
Jeppe Hein

Ja absolut, man erreicht eine breite Palette. Wegen der Corona-Pandemie trat der öffentliche Raum natürlich noch mehr in den Fokus. Viele wollten Kunst im öffentlichen Raum. Und - im öffentlichen Raum wissen die Leute nicht, dass sie da auf Kunst treffen. So entsteht eine Annäherung ohne Barriere, ohne Museum. Der Besucher darf die Kunstwerke berühren, darf alles machen. Das imponiert den Leuten noch mehr, es gibt ihnen ein Erlebnis. Für den Künstler ist das eine besondere Aufgabe. Die Kunst muss was können. Auf meinen Bänken muss man sitzen können, aber auch skaten, rutschen, rollen. Es sind Orte, an denen man sich trifft. Die Kunst muss das aushalten können. Als Künstler lernt man viel von Werken, die im öffentlichen Raum ausgestellt werden, man muss akzeptieren, dass manches anders wird. Ich habe gelernt, dass eine Bank, auf der man sitzen kann, besser ist, als eine auf der man nicht sitzen kann. Das ist zwar einfach aber auch kompliziert. Ich bin sehr dankbar wie das Konzept meiner Arbeiten in Baden-Baden umgesetzt wurde, die Kunstwerke sind sehr schön integriert worden. Zur Eröffnung gab es sogar dänisches Lakritz-Eis. Toll finde ich auch, dass meine verspiegelten Ballons am Kurhaus hängen dürfen.

Haben Sie schon Anfragen für Ankäufe?
Jeppe Hein

Am ersten Tag haben die Leute schon gefragt, ob man die Kunstwerke behalten kann, wegen der Energie. Gerade der Wasser-Pavillon ist eine Inspiration für eine Stadt, in der das Wasser wichtig ist. In Baden-Baden gibt es zwar viel Kunst, aber nicht viel im öffentlichen Raum. Für die Einheimischen könnte man da auf Dauer sicher mehr anbieten.

Ist Kunst im Außenbereich etwas, auf das Sie sich spezialisiert haben?
Jeppe Hein

Die Arbeit mit Leuten macht Spaß. Die Interaktivität mit den Menschen ist bei Kunstwerken im öffentlichen Raum schnell da, das gab den Ausschlag, man denkt anders und überlegt immer, wie man etwas in den Räumen machen kann, um den Besuchern etwas Neues zu schenken.

Was treibt Sie an, wenn Sie Kunstwerke erschaffen?
Jeppe Hein

Mein Herz geht auf, wenn ich die Fotos online sehe, die die Leute mit und in den Kunstwerken posten, welche kreativen Sachen sie damit machen und wie sie damit umgehen.

Wieso sind Sie Künstler geworden?
Jeppe Hein

Mit 16 Jahren wollte ich Profi-Fußballspieler werden, dann habe ich eine Schreinerlehre gemacht. Mein Stiefvater war Künstler, ich habe damals in seinem Studio gewohnt. Durch ihn habe ich mein erstes Aquarell gemalt und das hat viele Emotionen ausgelöst. Das war toll, da kam viel raus. So hat es angefangen und dann hatte ich keine andere Wahl mehr, als Künstler zu werden. Das hat einfach gepasst. Jetzt bin ich dankbar, wie das alles so läuft. Ich habe viel zu tun aber ich habe auch Zeit für die Familie und das ist mir wichtig.

nach oben Zurück zum Seitenanfang