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Umweltgift schlummert im Erdreich

Stadt Baden-Baden plant Bürgerinformation im Januar zum Thema PFC

Die Nachricht war für die Betroffenen im Sommer ein Schock: PFC im Erdreich von Parzellen der Ooswinkelsiedlung in Baden-Baden. Ergebnisse von Einzelgutachten stehen noch aus. Werden Vorgaben verschärft?

Beispielhafte Siedlung: Nach Art einer Gartenstadt wurde der Ooswinkel vor rund 100 Jahren bebaut. Jetzt wurden im Erdreich von weiteren Grundstücken der Siedlung nahe dem Aumatt-Stadion PFC nachgewiesen.
Beispielhafte Siedlung: Nach Art einer Gartenstadt wurde der Ooswinkel vor rund 100 Jahren bebaut. Jetzt wurden im Erdreich von weiteren Grundstücken der Siedlung nahe dem Aumatt-Stadion PFC nachgewiesen. Foto: Nico Hertweck

Nach dem Bekanntwerden von PFC-Spuren in 27 Gärten der rund 220 Parzellen der Ooswinkelsiedlung in Baden-Baden im Sommer ist die Verunsicherung bei Anliegern groß. Sie stehen vor der Frage, was mit ihrem selbst angebauten Obst und Gemüse geschehen soll.

Die Behörden sprechen die Empfehlung aus, auf einen Verzehr zu verzichten. Mittlerweile wurden für Parzellen auch Einzelgutachten erstellt.

Ergebnisse sind noch nicht veröffentlicht. Das hat nach Angaben von Rudolf-Karl Teichmann einen Grund. Der Gutachter war zwischenzeitlich ausgefallen, erläutert der Leiter des Fachgebiets Umwelt und Arbeitsschutz im Rathaus. Das Verfahren verzögerte sich. Die Stadt plane dazu aber im Januar eine Bürgerinformation.

Bislang kein Verzehr-Verbot ausgesprochen

Nach dem Stand der Dinge ist mit einer Verschärfung der Maßnahmen wohl nicht zu rechnen. Für die betroffenen Parzellen würde das weiterhin bedeuten, dass angepflanztes Obst und Gemüse auch künftig nicht verzehrt werden soll.

Ein Verzehr-Verbot hatte das Gesundheitsamt dagegen nicht ausgesprochen. Viele Bewohner der Siedlung haben sich damit offenbar arrangiert. „Das Thema ist nicht mehr so groß“, sagt Nicole Siegele vom Verein Ooswinkelgemeinschaft.

Als Ursache für die PFC-Belastung im Erdreich der Ooswinkelsiedlung wird ein Bodenaustausch in bis zu 35 Zentimeter Tiefe wegen Altlasten vermutet. Der liegt rund zwei Jahrzehnte zurück.

In 27 Hausgärten war dafür offenbar mit PFC-belastetes Erdreich eingebaut worden. Zum damaligen Zeitpunkt war die PFC-Belastung aber nicht bekannt, das Gift (noch) kein Thema.

Seit 2012 ist das Umweltgift in Mittelbaden ein Thema

Das änderte sich Ende des Jahres 2012: Von den Stadtwerken Rastatt wurde im Trinkwasser PFC nachgewiesen. Vermutlich seit Anfang der 2000-er Jahre war mit Schlämmen aus der Papierindustrie versetzter Kompost auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht worden.

Es besteht der Verdacht, dass dieser Kompost mit PFC belastet war und damit einen der größten Umweltskandale in Deutschland auslöste.

In der Bäderstadt wurde PFC ab dem Spätsommer 2013 zum Thema. Die Belastung im Stadtteil Sandweier stammte damals aber aus einer anderen Quelle. Bei einem Firmenbrand Anfang Februar 2010 hatte die Feuerwehr fast 8.000 Liter eines mittlerweile verbotenen Löschschaums mit PFC eingesetzt.

Den hatten die Brandbekämpfer von der Chemiefirma Dow in Rheinmünster geschenkt bekommen. In den Jahren 2017/18 haben die Stadtwerke Baden-Baden 3,25 Millionen Euro in einer Filteranlage im Wasserwerk Sandweier investiert. Damit wird das Grundwasser gereinigt.

Städtischer Mitarbeiter mit kriminalistischem Gespür

Die PFC-Belastung im Ooswinkel ist eher zufällig ans Tageslicht gekommen. Bodenproben von damals wurden nachträglich untersucht wurden Ein neuer Mieter hatte Genaues über seine Parzelle wissen wollen.

Der städtische Mitarbeiter Daniel Noyes beweist daraufhin Fähigkeiten wie ein Kriminalkommissar. Tatsächlich entdeckt er archivierte Original-Bodenproben. In Mischproben aus dem Erdreich von sieben Grundstücken wurde das Gift nachgewiesen.

Hintergrund für den Bodenaustausch vor rund zwei Jahrzehnten waren frühere Ablagerungen von Erdaushub, Bauschutt, Kehricht, Asche und Schlacke.

Damit sollte die Oosaue vor rund 100 Jahren trocken gelegt werden, um so die Grundlage für die Bebauung zu schaffen. Die Oossiedlung mit 87 Einzel- und 27 Mehrfamilienhäusern steht seit 1986 unter Denkmalschutz.

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