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Matthias Zink (Schaeffler)

„Batterieauto wird Umweltprobleme nicht lösen“

Wie sieht die Zukunft des Automobils aus? Matthias Zink, Vorstandsmitglied bei Schaeffler und Geschäftsführer der Unternehmenssparte Automotive mit Zentrale in Bühl, sieht keine schnelle Lösung durch das Batterieauto. „Wir haben die Klimaerwärmung und wir haben ein CO2-Problem“, sagt Zink. „Wir müssen etwas tun, aber wir müssen das richtige tun.“

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Matthias Zink (rechts) ist seit dem 1. Januar alleiniger Vorstand Automotive OEM bei Schaeffler. Trudbert Kraus ist Leiter Operations und SCM Automotive. Foto: Ulrich Coenen

Wie sieht die Zukunft des Automobils aus? Matthias Zink, Vorstandsmitglied bei Schaeffler und Geschäftsführer der Unternehmenssparte Automotive mit Zentrale in Bühl, denkt eine Weile nach. Nach dem Dieselskandal ist die Autoindustrie in Verruf geraten. Das spürt die Branche, auch der Automobilzulieferer Schaeffler, der mit rund 5 500 Mitarbeitern an den Standorten Bühl und Sasbach der größte Arbeitgeber der Stadt ist. „Wir haben die Klimaerwärmung und wir haben ein CO2-Problem“, sagt Zink. „Wir müssen etwas tun, aber wir müssen das richtige tun.“

Manipulationen der Hersteller

Durch die Manipulationen verschiedener Hersteller habe die Autoindustrie ein Stück weit ihre Reputation ruiniert, räumt Zink bei einem Pressegespräch ein. Aber für ihn ist klar: „Der Diesel wird über Gebühr schlecht geredet. Im Hinblick auf seine CO2-Bilanz ist er nach wie vor die beste Lösung. Die Verunsicherung ist jetzt groß, auch bei den Endverbrauchern.“ Außerdem: „Das Fahren eines Elektroautos macht Spaß. Aber das Laden der Batterie macht weniger Spaß.“ Für Matthias Zink ist die Sache klar: „Das Batterieauto wird mit der heutigen Energiestruktur unsere Umweltprobleme nicht lösen.“ Um diese Einschätzung nachhaltig zu verändern, gebe es nur eine Option, nämlich eine „disruptive Idee“ (also revolutionäre Idee) in der Batterieentwicklung . Nach Ansicht des Automotive-Chefs ist die aber aktuell nicht in Sicht.

Nur vor Ort emissionsfrei

Zink weist darauf hin, dass derzeit in Deutschland lediglich 30 Prozent des Stroms aus regenerativer Energie gewonnen werden. „Die kann man nur einmal verteilen, so dass Elektroautos nur vor Ort und nicht in der Gesamtbilanz emissionsfrei unterwegs sind“, erklärt er. „Auch die Batterieherstellung bürdet dem Akku bereits einen hübschen CO2-Rucksack auf. Nicht zuletzt stellt sich die Frage, ob der Autofahrer bereit ist, auf der Strecke von Bühl nach Hamburg mehrfach lange Kaffeepausen einzulegen, um den Akku aufzuladen.“

Technisch neutrale Diskussion

Matthias Zink wünscht sich im Hinblick auf die Zukunft des Autos eine „technisch neutrale Diskussion“. Diese sollte nicht nur das Batterieauto, sondern auch den Wasserstoffantrieb und „Power to Liquid“ (PtL) einbeziehen. Bei PtL wird mit Hilfe von elektrischem Strom, der emissionsfrei hergestellt werden sollte, in einem zweistufigen Prozess zunächst Wasserstoff und dann flüssiger oder gasförmiger Treibstoff gewonnen. Dieser hat eine vergleichbare Energiedichte wie Benzin oder Diesel ist aber ein Einstoff-Kraftstoff und damit sehr viel sauberer in der Verbrennung.

Ergebnisoffen und ohne Polemik

In einem Interview mit dieser Zeitung am 23. August 2017 hat Albert Albers, Professor am Karlsruher Institut für Technologie und ehemaliger Entwicklungschef bei Schaeffler, diese Lösung favorisiert. „Leider hat Power-to-Liquid bei der Herstellung einen relativ schlechten Wirkungsgrad“, konstatiert Zink. „Für 1,3 Milliarden Fahrzeuge auf dieser Welt ist das deshalb aktuell nicht wirtschaftlich darstellbar.“ Eine ergebnisoffene Diskussion und vor allem auch Forschung fernab aller Polemik und Vorverurteilung hält der Schaeffler-Manager aber für unbedingt notwendig.

Kein Ende für Verbrennungsmotor

Das Ende des Verbrennungsmotors wird nach Einschätzung von Zink im nächsten Jahrzehnt nicht kommen. Er geht davon aus, dass im Jahr 2030 rund 117 Millionen Autos hergestellt werden. Davon werden 30 Prozent einen Verbrennungsmotor haben, 40 Prozent einen Hybrid-Antrieb (also Verbrennungsmotor plus Elektromotor) und 30 Prozent werden rein elektrisch fahren. „Also haben noch 70 Prozent der Autos einen Verbrennungsmotor an Bord“, stellt Zink fest. Bei Schaeffler glaubt man zumindest mittelfristig vor allem an die Zukunft der Hybridtechnik, mit der man emissionsfrei in der Innenstadt unterwegs sein kann, aber keine Probleme mit langen Ladezeiten des Akkus hat. Bis sich eine Entscheidung für die Technik der Zukunft endgültig herauskristallisiert, will Schaeffler sich in der Forschung in allen Bereichen engagieren. Das ist aufwendig und teuer.

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Der Automobilzuliefer Schaeffler ist der größte Arbeitgeber in der Stadt Bühl. Die Zukunft des Automobils ist nach Einschätzung des Vorstands noch nicht entschieden. Das Foto zeigt das Werk Bußmatten. Foto: Schaeffler

Schichten fallen aus

Die vorweihnachtliche Freude wurde ein wenig verdorben. Wie in der Printausgabe vom 20. Dezember berichtet, bescherte die Situation der Automobilbranche den Mitarbeitern der Firma Schaeffler eine unfreiwillige Pause. Teilweise fielen Schichten aus. Matthias Zink, seit 1. Januar alleiniger Vorstand Automotive OEM bei Schaeffler, und Trudbert Kraus, Leiter Operations und SCM Automotive, betonten jetzt bei einem Pressegespräch, dass sich die Lage beim größten Arbeitgeber der Stadt langsam normalisiert. „Wir mussten unser Schichtsystem anpassen, sind aber teilweise bereits auf dem Weg zurück“, sagt Kraus.

Die Gründe für die Schwierigkeiten hängen auch mit den neuen Abgaszyklusfreigaben zusammen. Die Automobilhersteller sind mit diesen Tests teilweise erheblich in Verzug. Das sogenannte WLTP (World Harmonized Light Vehicle Test Procedure) hat sie hart getroffen. „Nach wie vor sind nicht alle Modelle lieferbar“, berichtet Zink. „Das schlägt bis zu einem gewissen Maß bis zu uns durch.“ An eine nachhaltige Krise glaubt bei Schaeffler aber niemand.

Probleme in China

„Die Lage wird sich entspannen“, meint Kraus. Außerdem seien nicht alle Bereiche des Bühler Werks von den Auftragsrückgängen gleichermaßen betroffen. „Es gibt Segmente, da arbeiten wir mehr als drei Schichten, bei anderen ist es etwas flacher. Es ist eine bunte Mischung. Wir reagieren darauf in Absprache mit dem Betriebsrat flexibel, indem beispielsweise Kollegen vorübergehend in andere Abteilungen wechseln.“

Neben den Abgasuntersuchungen ist der schwache chinesische Markt ein Grund für die aktuelle Situation. „Er war in den vergangenen Jahren immer euphorischer, aber 2018 wurden acht Prozent weniger Autos verkauft“, stellt Zink fest. „Die dortigen Verbraucher üben sich in Zurückhaltung. Das hängt unter anderem mit dem Handelsstreit mit den USA zusammen.“

Schaeffler kauft Elmotec

Weil die Zukunft des automobilen Antriebs noch nicht entschieden ist, entwickelt Schaeffler moderne Technik für verschiedene Bereiche und investiert kräftig. Dabei spielt vor allem die Elektromobilität eine wichtige Rolle. Im November hat Schaeffler die Elmotec Statomat Holding GmbH (heute „Elmotec Statomat“) mit Sitz in Karben bei Frankfurt am Main gekauft „Das ist einer der weltweit führenden Hersteller von Fertigungsmaschinen für den Bau von Elektromotoren in Großserien und verfügt über einzigartige Kompetenz im Bereich der Wickeltechnologie“, sagt Zink. „Mit der Akquisition erweitern wir unsere Kompetenzen im Bereich Elektromotorenbau und treiben damit die Umsetzung unserer E-Mobilitätsstrategie konsequent weiter voran.“

Investition in autonomes Fahren

Bereits im August hat Schaeffler in Absprache mit dem schwäbischen Tüftler Roland Arnold und seiner Paravan GmbH in Aichelau eine Grundlagenvereinbarung zur Gründung eines Joint Ventures erarbeitet. Dabei geht es um die Space-Drive-Technologie der Paravan. „Deren Kernelement ist neben der Fahr- und Bremsbetätigung vor allem die so genannte Steer-by-wire-Funktion („Lenken-via-Kabel“), welche die Spurführung des Fahrzeugs zuverlässig und rein über elektronische Stellsignale ermöglicht“, berichtet Zink. „Das Lenkrad und die mechanische Verbindung der Lenksäule können also vollständig entfallen.“ Es geht also um autonomes Fahren.

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