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Schattenspender im Sommer

Bühler Stadtbäume sind extrem gefährdet: Expertin warnt vor Innenstadtwüste

Der Klimawandel macht Städte im Sommer unerträglich heiß. Kühlenden Schatten spenden Bäume in der City. Doch die sind in Bühl durch Vandalismus, Unfälle, Baustellen und Trockenheit stark bedroht.

Stadtbäume Friedrichstraße Bühl
Triste Zukunftsperspektive: Die Stadtbäume in Bühl sind durch Trockenheit, Vandalismus, Unfälle und Bauschäden vielfach gefährdet. Dabei sollen sie in Zeiten des Klimawandels im Sommer ein angenehmes Stadtklima ermöglichen. Foto: Ulrich Coenen

Das Herz von Beate Kahles schlägt grün. Sie ist innerhalb der Abteilung Stadtentwicklung im Rathaus für die Stadtbäume zuständig. „Eine absolute Fachfrau“, meint Oberbürgermeister Hubert Schnurr (FW), „außerdem sehr engagiert.“ Das bekommen die Stadträte zu spüren, als Kahles im Gemeinderat über die Situation und Zukunft der Bäume in Bühl referiert.

Der Vortrag wird den Kommunalpolitikern noch lange in den Ohren klingen, denn Kahles berichtet von Hitzestress, Vandalismus und Unfällen, die für immer mehr Stadtbäume das vorzeitige Ende bedeuten.

Dabei sind die in Zeiten des Klimawandels für das Stadtklima extrem wichtig. Wo Bäume Schatten spenden, kann es sich im Sommer zehn bis 15 Grad Celsius kühler anfühlen als in der glühenden Sonne. „Ohne Stadtbäume gibt es eine Innenstadtwüste“, warnt Kahles.

Gefährdung hat mehrere Gründe

Die Gefährdung der Bühler Stadtbäume durch menschliche Einflüsse ist vielfältig. Probleme bereitet unter anderem der Leitungsbau. An dem Europaplatz musste eine Kastanie gefällt werden, deren Wurzeln mit Kabeln verwachsen waren. „Wir konnten sie nicht ersetzen“, bedauert Kahles.

Wir können aber nicht überall gleichzeitig sein.
Beate Kahles, Baumexpertin der Stadt

Überhaupt sind abgerissene Wurzeln durch Bauarbeiten ein Dauerbrenner. „Die Bäume sterben nach zwei bis drei Jahren ab und oft wissen wir dann nicht mal, warum“, berichtet die Expertin. Gerade dieses Thema treibt ihr die Zornesröte ins Gesicht.

„Zum Baumschutz auf Baustellen gibt es ein städtisches Merkblatt“, sagt Kahles. „Das ist eigentlich selbsterklärend.“ Das nützt aber offensichtlich nichts, denn immer wieder werden Bäume beschädigt. „Verhindern kann man das nur durch dauernde Kontrollen“, stellt die Rathausmitarbeiterin fest. „Wir können aber nicht überall gleichzeitig sein.“

Zahlen müssen die Verursacher beziehungsweise deren Versicherungen natürlich nur, wenn sie erwischt werden.

Auch der Straßenverkehr gefährdet Bäume. „Im Schnitt verlieren wir fünf Bäume pro Jahr durch Unfälle“, konstatiert Kahles. Auch hier gestaltet sich die Suche nach der Verursachern oft schwierig. Ein überraschendes Problem ist Vandalismus, also sinnlose Gewalt gegen Bäume. Das geschieht zum Teil durch Übermut, aber auch bewusst. „Wir befinden uns aktuell im Rechtsstreit mit einem Bürger, der die halbe Krone eines großen Stadtbaums einfach entfernt hat“, berichtet die Baumexpertin.

Stadt Bühl muss wegen Klimawandel immer mehr Bäume fällen

Die durch den Klimawandel verursachten trockenen Sommer zwingen „die Stadtbäume in die Knie“, wie es Kahles ausdrückt. Im vergangenen Jahr musste die Stadt 47 Bäume fällen lassen, 2021 waren es nur 38, 2020 lediglich 30. Die Tendenz ist eindeutig steigend. Zuletzt musste im Februar auf dem Friedhof in Kappelwindeck ein großer Mammutbaum weichen.

Neupflanzungen sind schwierig. Der Klimawandel stellt erhöhte Anforderungen. Deshalb wurden in den Jahren 2020 bis 2022 nur 99 neue Bäume gepflanzt, davon lediglich 30 als Ersatz für gefällte Bäume. Bevorzugt werden stadtklimafeste Arten. „Nachpflanzungen am bisherigen Standort sind nicht einfach“, räumt Kahles ein. „Die Standortbedingungen sind meist suboptimal.“

Wir brauchen wegen des veränderten Klimas Stadtbäume.
Karl Ehinger, Stadtrat (FW)

Pit Hirn (SPD) erinnert an das Lied „Mein Freund der Baum“ der Sängerin Alexandra von 1968. „Damals waren noch Bäume im Wald betroffen und das Thema weit weg“, meint er. Er fordert eine „rigorose“ Verfolgung von Baustellenschäden. Karl Ehinger (FW) findet die Beschädigungen der Bäume „dramatisch“. „Wir brauchen wegen des veränderten Klimas Stadtbäume“, stellt er fest. Johannes Moosheimer (FW) fordert mehr Toleranz von Anwohnern, die nicht im Herbst wegen des Laubs über Stadtbäume meckern sollten.

Georg Feuerer (CDU) sieht Potenzial für mehr Grün in der Stadt. „Wir müssen eigentlich mehr machen“, sagt er. Lutz Jäckel (FDP) will eine stärkere Beteiligung der Bürger, beispielsweise in Form von Baumpatenschaften, wie es sie in Karlsruhe bereits gibt. Barbara Becker (SPD) erinnert an die „doppelte Innenentwicklung“, die im Gemeinderat vor einigen Jahren regelmäßig diskutiert, inzwischen aber in Vergessenheit geraten zu sein scheint. Dabei geht es um ein Gleichgewicht zwischen baulicher Entwicklung und Stadtgrün.

Ludwig Löschner äußert noch einmal seinen Wunsch nach einer Baumschutzsatzung für Bühl, die er bereits wiederholt vergeblich gefordert hat. Eine Reaktion des Oberbürgermeisters, der bekanntlich keine Sympathien für solche Verordnungen hegt, gibt es nicht.

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