Der Liftbetrieb im Nordschwarzwald rechnet sich immer weniger. Das bei Schneefall lukrative Weihnachtsgeschäft ist dem milden Winter zum Opfer gefallen und hat ein großes Loch in die Bilanzen gerissen, das auch wenige weiße Tage Ende Januar nicht schließen konnten.
Am Mehliskopf hat man auf die Entwicklung bereits reagiert und verstärkt in Sommer-Attraktionen investiert. Ein anderer Liftbetreiber fordert staatliche Unterstützung. Am Seibelseckle gibt es Gedankenspiele über eine Seilbahn zur Hornisgrinde. Den Skiclubs hilft das nicht: Sie müssen reihenweise Kurse absagen, weil der Schnee ausbleibt. Das Warten auf den Winter.
Andreas Kern hat gehandelt. Der Liftbetreiber am Mehliskopf hat sich mit Freizeitangeboten für die warme Jahreszeit breiter aufgestellt.
Dazu zählen eine Sommer-Bobbahn, ein Klettergarten, Bogenschießen und Downhill-Carts.
Die Braut ist geschmückt, aber niemand kommtAndreas Kern hat viel Geld in die Pisten auf dem Mehliskopf investiert
Allein auf das Wintergeschäft will sich Kern nicht mehr verlassen. Es macht nur noch die Hälfte seines Jahresumsatzes aus. Der Liftbetrieb allein ist kaum noch wirtschaftlich.
Kern hat mehrere Millionen in den Mehliskopf gesteckt, einen beträchtlichen Teil davon in die Pisten. Der Frust über den schneearmen Winter ist daher groß: „Die Braut ist geschmückt, aber niemand kommt.“
Winter werden milder
Seit 1972 ist der Liftbetrieb am Mehliskopf in Familienhand. Die Großmutter von Andreas Kern war eine talentierte Skifahrerin. Sie qualifizierte sich für die Olympischen Winterspiele 1936, verzichtete aber zugunsten der Familie auf ihre Teilnahme. Die Winter sind seither nicht weißer geworden, auch wenn Kern sagt: „Umsatzschwankungen hatten wir schon immer.“
An den Wetterstationen im Südwesten gab es seit 1991 zwischen sieben und 28 Schneetage weniger als im Vergleichszeitraum 1961 bis 1990 – das zeigt eine Datenauswertung der BNN. 132 Betriebstage wie in der Saison 2008/09 sind heute unerreichbar.
Datenanalyse:Weihnachtsgeschäft fällt flach
In milden Wintern sind die Liftbetreiber machtlos: Ihre Schneekanonen, am Mehliskopf sind es acht, produzieren nur unter minus zwei Grad. Kern bleibt dennoch optimistisch.
„Es gibt immer noch kalte Tage“, sagt der Liftbetreiber, „entscheidend ist, wann sie kommen.“ Zwischen Heiligabend und Dreikönige ist das Drei- bis Vierfache des normalen Umsatzes möglich. In dieser Saison blieb der Hang grün.
Mit 900 Metern ist er einer der längsten im Nordschwarzwald. Kerns Pachtvertrag endet im Frühjahr. Bis dahin hofft er auf Zugeständnisse des Landes Baden-Württemberg, dem ein Teil des Mehliskopfes gehört. Der zweite Besitzer, die Stadt Bühl, habe bereits sein Entgegenkommen signalisiert.
Noch schlechter als beschissenDaniel Karcher, Liftbetreiber am Hundseck, über die bisherige Winterbilanz
Daniel Karcher, der Betreiber am Hundseck, bringt die Winterbilanz markig auf den Punkt: „Noch schlechter als beschissen.“ Seine Lifte standen über mehrere Wochen still.
Große Gewinne, räumt Karcher ein, hätten sie bislang ohnehin nicht abgeworfen: „Das war immer ein Nullsummenspiel. Wenn wir mal ein paar Euro übrig hatten, mussten wir sie gleich wieder in Reparaturen stecken.“ Dieser Winter aber ist besonders schneearm.
Karcher fordert Strukturprogramm
Karcher sieht nicht nur ein klimatisches Problem. Das schleppende Geschäft hängt nach seiner Einschätzung auch mit der fehlenden Bettenkapazität zusammen. Aus dem Südschwarzwald wisse er, „dass 40 Prozent der Skifahrer Übernachtungsgäste sind.“ Er hält deshalb ein Strukturprogramm für die gesamte Region für sinnvoll.
Es brauche Fördermittel für Investitionen in den Tourismus – im zweistelligen Millionenbereich und über mehrere Jahre. Als Positivbeispiel nennt er das Sauerland: „Die Region boomt.“ Für den Nordschwarzwald rechnet Karcher dagegen nicht mit einem derartigen Förderprogramm. „Dazu fehlt in unserer Region der politische Wille“, kritisiert er.
Schadensbegrenzung am Seibelseckle
Auch am Seibelseckle stöhnen die Liftbetreiber über den lange anhaltenden Schneemangel. Durch die günstigen Bedingungen zwischen Hornisgrinde und Ruhestein ist man allerdings „mit einem blauen Auge davon gekommen“, wie Markus Huber von der Waldgenossenschaft Seebach berichtet.
Beschneiung kostet 300 Euro pro Nacht
Der Hang liegt in Nordlage, und die Talstation ist mit 950 Metern die höchste im Nordschwarzwald. Auch deshalb liefen die Lifte immerhin von Silvester bis Dreikönige – und dann wieder Ende Januar.
„Berauschend ist der Winter trotzdem nicht“, sagt Huber, der – wann immer es kalt genug ist – die Schneekanonen anwirft. Das hat seinen Preis: Die Beschneiung verursacht in einer Nacht Stromkosten von bis zu 300 Euro.
Starker Schneefall vor einem Jahr
Markus Huber leugnet den Klimawandel nicht, im Gegenteil. „Besonders auf 600 bis 700 Metern ist er deutlich spürbar“, sagt er. An eine Zukunft des Liftbetriebs am höher gelegenen Seibelseckle glaubt er dennoch: „Es gab immer schon schlechte Winter.“
Huber erinnert auch an die vergangene Saison, als die Zufahrtsstraßen zur B500 tagelang gesperrt werden mussten – weil zu viel Schnee gefallen war.
Seilbahn zur Hornisgrinde im Gespräch
Die Waldgenossenschaft Seebach will das Seibelseckle touristisch weiter aufwerten. Im Gespräch ist eine Seilbahn, die den Parkplatz am Lifthäuschen über den Mummelsee mit dem Hornisgrinde-Gipfel verbindet.
Noch handelt es sich um kaum mehr als eine Vision, doch Huber hat in der Angelegenheit bereits bei Naturschutzexperten vorgefühlt: „Mir wurde signalisiert, dass das Projekt unbedenklich ist.“ Bis eine Seilbahn realisiert wird, bleibt der Liftbetrieb das Kerngeschäft an der B500.
Das Weihnachtsgeschäft war ein TotalausfallUnterstmatt-Liftbetreiber Heiko Fahrner
Einige Kilometer weiter nördlich verzeichnet auch Heiko Fahrner am Unterstmatt bereits ein paar Betriebstage. Glücklich ist er über den Winter trotzdem nicht: „Das Weihnachtsgeschäft war ein Totalausfall.“
Am Ruhestein sieht es nicht viel besser aus. Dort gibt es keine Schneekanonen, die Betreiber müssen sich auf die Natur verlassen – und die spielt nicht mehr mit.
„Es wird immer schwieriger, die Kosten zu decken“, berichtet auch Jens Kleinert, der mit Marc Bopp und Sven Schlegel die Lifte am Kaltenbronn betreibt. Der Unterhalt der Anlagen, Auflagen, TÜV und Versicherungen belasten das Budget.
Ehrenamtliche halten Betrieb am Dobel am Leben
Einen besonders schweren Stand hat der Wintersport am Dobel. Auf gerade einmal 700 Höhenmetern gibt es zwei Skilifte, die immer seltener laufen.
„Der Betrieb lohnt sich wegen des Klimawandels nicht mehr“, sagt Bürgermeister Christoph Schaack. Die Sportfreunde Dobel und die IG Skilift halten ihn, so gut sie können, aus rein ideellen Gründen noch am Leben.
Skiclubs müssen Kurse absagen
Die Auswirkungen des Klimawandels treffen seit einigen Jahren auch die Skiclubs in der Region. „Viele unserer Skilehrer haben als Kinder noch jedes Jahr Kurse im Nordschwarzwald besuchen können. Das ist heute nicht mehr so“, beklagt Skischulleiter Konstantin Ries vom Skiclub Baden-Baden.
In den vergangenen sechs Jahren mussten fünf Weihnachts-Skikurse zwischen den Jahren abgesagt werden.
Irgendwann wird es im Schwarzwald keinen Schnee mehr gebenOtmar Granninger vom Skiclub Yburg Varnhalt
„Skifreizeiten sind im Schwarzwald schon seit Jahren undenkbar. Dafür müssen wir weiter wegfahren“, sagt Otmar Granninger vom Skiclub Yburg Varnhalt. Seine Prognose fällt ernüchternd aus: „Irgendwann wird es im Schwarzwald überhaupt keinen Schnee mehr geben.“